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Mittwochs-Kolumne: Bier und Gurken

Vorwort: So sieht also nun mein Leben aus. Ende 30, pleite, alleine in einer leeren Wohnung und gerade im Moment rechne ich aus, wieviel mich eine Haarwäsche mit Roggenmehl kostet. Okay, kann man wohl machen. Ich habe zig angefangene Romane auf der Festplatte, noch mehr handgeschriebene Gedichte und weiteres kreatives Chaos, das mich keinen Cent weiter bringt. Der vorletzte Ex-Freund trieb mich emotional in den Ruin, der davor hat das finanziell geschafft. Ich bin gut, so gut. Zumindest im Überleben. Meine neuen besten Freunde nennen sich Cashflow-Tabelle 2018 bis 2026 und eine Excel-Datei, in der steht, dass mich eine Scheibe Pumpernickel 11 Cent kostet. Darauf trinke ich doch glatt ein Pale Ale – natürlich vom letzten Jahr, denn dieses Jahr könnte ich mir keines mehr leisten.  Willkommen in meinem Leben, das bin ich: Hauptberuflich Pleitegeier, nebenberuflich, Sozialhilfe für Straßenhunde und Männer.

Tag drei – Heino und Herzen

Bin heute vernünftig gewesen und hab den Wecker wenigstens erst auf sechs Uhr gestellt. Viertel nach sieben aufgestanden, angezogen, Hund raus, Tee gemacht, zwei Schluck getrunken, festgestellt, dass es kurz vor acht ist und meine Mitbewohnerin, äh Nachbarin, auf ihre Mitfahrgelegenheit wartet. Also auf mich. Als noch nicht menschliches Wesen um diese Uhrzeit reizt mich so ein Mitfahrer natürlich immens. Bis aufs Blut nämlich. Nach 20 gefahrenen Kilometern angekommen bin ich soweit, dass ich gerne wieder nach Hause fahren würde und mich in mein Bett verkriechen möchte, statt mich in den Hühnerstall, der sich Arbeit nennt, zu setzen. YouTube ist wie immer meine einzige Hoffnung. So vergeht Tag für Tag, während mir Blackbriar ins Ohr jault, dass sie ihn schon einmal geliebt hat, schon zweimal und auch in ihren vorherigen Leben. Könnte ich ja glatt sentimental werden. Immerhin bin ich frisch getrennt. Eluveitie macht mit ihrem Ruf der Berge (oh auf deutsch klingt das nach Heino) Lust auf Natur und ich will aufstehen und einfach gehen. Stattdessen bleibe ich brav sitzen, betexte Schmuck (oder was eben gerade anfällt) – was hab ich dem Universum eigentlich getan? - heute war die Love Collection dran. Vor lauter Herzen möchte ich gerne brechen, abgesehen davon, dass mir beim 15. exakt gleichen Herz einfach nichts mehr einfällt. Kauf halt den Scheiß, wenn er dir gefällt - möchte ich gern rufen. Und gleichzeitig denke ich, wie ich meinen Mann (hah! Welchen?) ermorden würde, käme er auf die Idee, mir irgendwas mit Herzen zu schenken. Mein allererster Freund hat mich damit schon traumatisiert. Ein Geschenk zum Geburtstag, Weihnachten, Valentinstag (ich weiß es nicht mehr): ein riesengroßes Herz mit Füßen. FÜßE! Diese anatomische Inkorrektheit hat mich mit 17 schon total wahnsinnig gemacht. (Ich nehme hier mal vorweg, dass ich weiß, dass nicht nur die Füße anatomisch nicht korrekt waren. Dank Big Bang Theory weiß ich auch, dass die Herz-Form wie wir sie kennen auch eigentlich die Form des Allerwertesten ist. Zitat Penny „Ich habe also mein Leben lang umgedrehte Ärsche auf meine Is gemalt?“. Jupp. Hast du, Penny. Und nicht nur du.