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Perspective Daily mit Rettungsmission in eigener Sache

Online-Magazine suchen zahlungswilliges Lesepublikum

Die klassischen Printmedien wie Tageszeitungen sind zwar auch noch nicht am Ende ihrer Krise, aber immerhin haben sie gelernt damit umzugehen. Erreicht hat diese Medienkrise inzwischen auch Onlinemedien, da wo eigentlich alle dachten, dass da die Musik spielt. Prominentes Beispiel ist das in Münster herausgegebene Online-Magazin Perspective Dailly (PD). Ins Leben gerufen wurde PD vor sechs Jahren von den beiden Neurowissenschaftlern Maren Urner (38) und dem Niederländer Han Langeslag (38). Das Online-Magazin verfolgt den Anspruch, dem Lesepublikum eine Alternative zur „Dauerbeschallung durch Negativschlagzeilen" der traditionell arbeitenden Medien zu bieten. „PD wagt den Perspektivenwechsel und sucht nach Lösungsansätzen. Wissenschaftlich fundiert, transparent und werbefrei", so die Eigenwerbung.

Maren Urner, Gründungs-Chefredakteurin von PD, wurde im April 2019 zur Professorin für Medienpsychologie an der privaten HMWK in Köln berufen. Sie verfasste u.a das programmatische Buch „Schluß mit dem täglichen Weltuntergang". Langeslag führt seitdem allein als CEO das gut 20 köpfige Team, darunter acht Redakteurinnen und Redakteure, einige Beschäftigte in Teilzeit. Die Redaktion residiert recht nobel am Prinzipalmarkt, Münster's guter Stube.

Auf das Thema „Bezahlung" angesprochen möchte Langeslag keine Zahlen nennen. Sie sei jedenfalls nicht marktüblich und entspreche nicht der Ausbildung der Leute im Team. Immerhin liege sie noch etwas über dem Gehaltsniveau der in Berlin erscheinenden taz. (*) Was Langeslag Sorgen bereitet und ärgert, formuliert er so „Viele Leute finden uns cool, abonnieren uns nicht, begnügen sich mit dem kostenlosen Newsletter und Probeartikeln". Da der Abwärtstrend von einst 14.600 auf 12.000 Mitglieder trotz kleiner Kurskorrekturen nicht gestoppt werden konnte, kam es jetzt zur Rettungsaktion. Zwei Tausend neue Mitglieder, die bereit sind PD für ein Jahr für 79 Euro p.A. abonnieren, sollen bis Mitte August gewonnen werden, um das weitere Erscheinen des Magazins sicher zu stellen, ihm eine solide finanzielle Basis zu geben. 1683 neue Mitglieder sind es aktuell (5. August 2022). Generell sei es nicht einfach, für ein kleines Projekt wie PD mit den größeren Verlagen in Konkurrenz zu treten. Die verstünden es immer besser, im digitalen Raum Abonnenten zu gewinnen. Das sei vor sechs Jahren noch anders gewesen. „ Was die da gemacht haben, war nicht so 21. Century", so Langeslag.

Perspecxtive Daily - CEO Han Langeslag kann wieder optimistischer in Zukunft schauen. Foto: Frank Biermann

Langeslag ist zunehmend optimistisch, dass das Ziel erreicht wird, auch ohne Marketingbudget. Redaktionsleiterin Katherina Wiegmann hofft auf die Unterstützung der Community. „Was uns enorm hilft: Wenn Leute uns weiterempfehlen, von uns erzählen, oder unsere Inhalte in den sozialen Medien teilen."

Wiegmann ist Nachfolgerin der PD Gründungschefredakteurin Maren Urner, sie sitzt im Berliner Büro von PD.

Gründerin Maren Urner bilanziert die Entwicklung so:

„Die grundlegende Frage zur Zukunft guten Journalismus dreht sich um die m Finanzierung. Also: Wer ist unter welchen Umständen bereit, für

journalistische Inhalte Geld auszugeben, vor allem im Digitalen. Die Zahlungsbereitschaft für digitale journalistische Inhalte wächst zwar, ist aber nach wie vor nicht sehr hoch, da wir uns an den kostenlosen Zugang gewöhnt haben".

Untersuchungen zeigten zwar: „Menschen zahlen vor allem für Einordnung und konstruktive Beiträge. Also genau das, was es eben nicht überall und gratis gibt. Hier passt Perspective Daily sehr gut rein."

Eine große Herausforderung bestehe aber sicherlich in der mangelnden Bekanntheit. „Da kommen andere Medien ins Spiel und die dringend notwendige Kooperation, wenn es um die Frage geht: Wie soll es mit dem Journalismus weitergehen?"

Trotz der wirtschaftlichen Probleme wird PD am Prinzip der Werbefreiheit festhalten.  Das steht schon mal fest.

(*) Die Berliner taz hat inzwischen einen Solifonds, den sogenannten Marathon-Fonds eingerichtet, um in Rente gegangene taz-Beschäftigte der ersten Stunde  vor einem Absturz in die Altersarmut zu bewahren:

https://taz.de/taz-Marathon-Fonds/!166986/ (Öffnet in neuem Fenster)

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