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Beste Theaterunterhaltung im Blauen Haus

Theaterensemble überzeugt auch mit Gesangseinlagen

Wer dachte, die Geschichte von „Frankenstein“ sei auserzählt, wurde am Freitagabend vom Theater Freuynde + Gaesdte eines Besseren belehrt. Der Stoff aus Mary Shelleys berühmtem Roman funktioniert auch anders, als die berühmte Verfilmung mit Boris Karloff es in unseren Köpfen verankert hat. Hier wird er als augenzwinkernde Parodie und volkstümliche Unterhaltung in einer urigen Studi-Kneipe aufgeführt. Dabei werden die Kellnerinnen mit hausgemachten Nudeln und großen Bieren Teil der Inszenierung.

Das gut eingespielte Quartett macht das Beste daraus. Die Schauspieler bespielen das Publikum in einem 360-Grad-Radius, ohne Scheinwerfer. Eine anspruchsvolle Aufgabe, da sie überall spielen – über Tische und Bänke hinweg. Körperlich fordernd teilen sie sich in fliegendem Wechsel ein gutes Dutzend Haupt- und Nebenrollen.

Die Inszenierung überrascht ständig mit Wortwitz. In bester Slapstick-Manier führen Viktor (Helge Salnikau) und seine Braut Elisabeth (Anke Winterhoff) ein Telefonat, bei dem die Botschaft nie so ankommt, wie sie gemeint war. Kommunikation zwischen den Geschlechtern misslingt generell. Ein Stück weit ist diese Frankenstein-Variante auch eine Beziehungskomödie – einfach herrlich.

Gabriele Brüning übernimmt den schwierigsten Part als weiblicher Frankenstein. Victors Handlanger Ygor hat nicht aufgepasst und die falsche Leiche ausgegraben. Anfangs artikuliert sie sich nur über Gesten und Gestammel. Doch die Wiedergeburt der Geigenlehrerin Jennifer-Walpurga Schmitz, geborene Müller-Thurgau, mit exzellentem Gehör lernt schnell dazu. Später kann sie sogar „Schuld und Sühne“ sagen. Ihre Begegnung mit einem Grizzlybären in Alaska gehört zu den anrührendsten Passagen des Stücks, das trotz aller Heiterkeit genügend Anstöße zum Nachdenken gibt. Brüning löst ihre Aufgabe großartig, ebenso wie sie den grenzdebilen Chef von Viktor, Prof. Waldmann, darstellt. Dieser muss feststellen, dass sein Zauberlehrling Victor den Auftrag völlig falsch versteht. Victor sollte nur das Geheimnis der Verwesung entschlüsseln, nicht aus Leichenteilen neue Geschöpfe erschaffen. Diesen Gedanken findet seine Braut nicht nur „gräßlich“, sondern nimmt es zum Anlass, den Geisteszustand ihres Bräutigams insgesamt in Frage zu stellen. Besorgt besucht sie ihn im alten Wehrturm, den Victor zum Labor und OP umfunktioniert hat. Anke Winterhoff überzeugt in der Rolle der feministisch resoluten Elisabeth. Eng (zu eng?) an ihrer Seite ist ihr Verehrer Henry (Zeha Schröder), der beste Freund von Victor. Victor hält Henry für einen ausgemachten Schwerenöter. Auch wenn sich Elisabeth in der Männerwelt behauptet, erleidet sie schon im ersten Teil einen frühen Bühnentod – sie wird von Frankenstein gemeuchelt.

Zu den Höhepunkten der Inszenierung gehören die Szenen mit Victor und Hugo. Allein das Rufen ihrer Namen sorgt für großes Amüsement beim Publikum. Was Axel Prahl und Jan-Josef Liefers für den Münster-Tatort sind, sind Helge Salnikau und Zeha Schröder für Münsters Theater: ein bestens aufeinander abgestimmtes Duo mit einer Pointendichte, die den Zuschauer kaum hinterherkommen lässt.

Neben der unbändigen Spielfreude des Ensembles bestechen die Darsteller mit ihren a-capella-Gesangseinlagen. Diese gehen richtig unter die Haut. Das beginnt beim Intro, geht über das „Wimoweh“ der Tokens (auch bekannt als „The Lion Sleeps Tonight“), bei dem Helge Salnikau in den hohen Partien stimmlich über sich hinauswächst, und endet mit dem herzergreifenden „Hallelujah“ von Leonard Cohen. Übrigens: Auch wenn im zweiten Teil Schüsse fallen, das Monster überlebt. Frank Biermann

Bild: Gabriele Brüning als Prof. Waldmann und Zeha Schröder als Henry im Zwiegespräch. Foto: F&G

Weitere Aufführungen im Blauen Haus, Kreuzstr. 16. Rückläufer für die Premierenstaffel vereinzelt auf >> www. f-und-g. de/shop

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