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Hi, ich bin Mia und ich bin Maximalistin.

Und als solche bin ich ständig von der Instagram Caption Zeichenbegrenzung genervt. Ich will mich einfach nicht kurzfassen. Ich will viele Worte verwenden, das ist in meiner DNA, wie es ein Corporate Marketing Bro ausdrücken würde.

Mach halt nen Newsletter, sagt mir meine vernünftige innere Stimme seit letztem Jahr. Das ist die Antwort. Ein Newsletter hat keine Zeichenbegrenzung. Außerdem sehen wir uns doch alle nach altmodischen Kulturtechniken wie Emails. Und in einem Newsletter kann ich auch Sex und Nippel und Holocaust schreiben ohne von einer paternalistischen KI zensiert zu werden.

Plus: Die Harvard-Professorin Latanya Sweeney (Öffnet in neuem Fenster) sagt, schon in wenigen Jahren werden 90 Prozent der Inhalte in sozialen Medien von generativen KIs erzeugt 😳 was bedeutet, dass Instagram noch anstrengender und schlechter für die Mental Health werden wird als es sowieso schon ist und dabei immer weniger Mehrwert bieten wird. Wie super also Autor:innen Newsletter sind! Man bekommt was schön Kuratiertes direkt in den Posteingang geschickt, wie einen Brief. Alles unabhängig und fair produziert, glutenfrei, werbefrei, ohne Zusatzstoffe.

Was kriege ich hier?

Es gibt einmal in der Woche ein kleines (Pop)Kultur- und Lebens Update. Was ich gelesen, gesehen, gehört, gedacht, gekauft habe. Vielleicht manchmal auch, was ich geträumt, gelernt oder vergessen habe. Manchmal ist es kurz, manchmal ist es lang, je nachdem wie viel ich sonst so zu tun habe. Das Update ist for free.

Was ist, wenn ich mehr will?

Wer mehr will, kriegt auch mehr. Wenn du ein Abo abschließt, gibt es 🖤 meine unendliche Liebe 🖤 und noch dazu Rezensionen, Buch Updates, Dating Kolumnen, Rants. Essays, die ich nicht verkaufen will oder bei denen ich keine redaktionellen Kompromisse dulde. Und: Texte über das Schreiben und über all things Buchveröffentlichen.

Hiii, es ist so schön dich zu sehen :)

Los gehts. Hier kommt Update No 1.

Gesehen

The Zone of Interest Szenenbild: Sandra Hüller als Hedwig Höß

Zone of Interest. Manche sagen, die cinematografische Auseinandersetzung mit dem Holocaust hat erst mit diesem Film angefangen und vielleicht ist da was dran. So oder so, wir sind hier zweifellos auf Meisterwerk-Territorium. Ich habe auf das Seherlebnis mit konstanter körperlicher Abwehr reagiert, meine Muskeln waren die ganze Zeit angespannt, was ich erst gemerkt habe, als es vorbei war. Bin unentschlossen, ob man ihn lieber alleine oder in Gesellschaft ansehen sollte. Ich wollte hinterher auf jeden Fall nicht reden. 

Der Film ist hochinteressant konstruiert: Er ist quasi zwei Filme. Einer passiert auf einer visuellen, der andere auf der akustischen Ebene. Der Sound Designer Johnnie Burn hat ein Archiv von Tönen angelegt, die eben so herüberwehen, wenn das eigene Grundstück an ein Konzentrationslager grenzt. Er hat akribisch notiert: Wie laut klingt ein Schuss oder ein Schrei oder das Rattern eines Zuges oder das unaufhörliche, mechanische Dröhnen einer Gaskammer, in zehn oder zwanzig oder hundert Meter Entfernung.

Die Sound Arbeit ist wirklich absolut irre. Hier (Öffnet in neuem Fenster) ist ein (englischer ) Text darüber, wie Burns und sein Team gearbeitet haben (nachts auf der Reeperbahn betrunkene Deutsche aufnehmen, die sich gegenseitig anschreien etc).

Glazer beschreibt seinen Film als »Big Brother im Nazi Haus«.

Die Kamera folgt den Figuren nicht, es gibt wenige Nahaufnahmen, stattdessen sind in Haus und Garten zehn statische Kameras installiert, was laut Regisseur Jonathan Glazer den Effekt hat, dass es sich wie Reality TV anfühlt. Überhaupt ist die ganze visuelle Sprache darauf ausgerichtet, die Distanz, die man sonst zu historischen Geschichten hat, zu überwinden. Kein Schwarz-Weiß, keine Körnigkeit, kein nennenswerter Handlungsbogen, kein narratives Tempo, keine künstlich geschönten Darsteller:innen, kein künstliches Licht. Alles wirkt super echt. Super nah. Super jetzt. Und das ist ja auch das ganze Problem, das ist ja der ganze Horror.

Die Mutter lässt ihre Kinder an den Blumen riechen. Der Vater geht zur Arbeit. Die Sonne scheint, man hört Schüsse von der anderen Seite der Mauer, Vögel zwitschern, der Hund bellt, der Fluss plätschert, die Mutter sonnt sich im Garten, Schreie wehen herüber, im Hintergrund rauchen Schornsteine. Die Mutter hat die Mauerwand mit Wein bepflanzen lassen, damit »man die nicht so sieht«.

Und auch noch gesehen

All of Us Strangers Filmplakat

All of us Strangers. Was für ein Film ey. Ich hab den ein bisschen aus niederen Motiven angeguckt (Paul Mescal UND Hot Priest in einem Film ist ja wie Beyoncé UND Taylor Swift beim Superbowl), aber Mann, was für ein toller Film, er ist eine makellose, perfekt durchkomponierte Parabel darüber, wie Traumabewältigung funktioniert, und wie die Liebesbeziehungen, die wir haben, direkte Spiegel unserer ungelösten Kindheitsnarrative sind, die Jahrzehnte einfach zu einem einzigen Moment zusammenschmelzen lassen. 

Die Performances von allen, aber besonders die von Andrew Scott, ist un-fass-bar. Man könnte wirklich einfach mehrere Wochen ohne Essen und Schlafen allein mit Andrew Scotts Gesicht verbringen und es würde einem an nichts fehlen. Die Bilder sind wunderschön und sinnlich.

Der Regisseur benutzt brachialen Kitsch als eine Art Gegengift für die herzzerreißende Traurigkeit, die alles durchtränkt, ich finde: ein ziemlicher Powermove. 

Und das Ende. Mann, das Ende. Man muss den Film, glaub ich, zweimal gucken, weil das Ende die Perspektive nochmal stark verschiebt. Ich habe direkt danach mit Mat darüber geredet, es aber erst zwei Tage später verstanden (glaub ich).

(Andere Themen, über die ich danach mit Mat geredet habe: Warum ist queerer Sex im Film eigentlich fast immer heißer und besser inszeniert als straighter? Haben die Straighten den Sex versaut? Ist es eine Form von kultureller Aneignung, wenn straighte Leute queere Leute spielen? Wie ist der Stand der Dinge, was Männer und den Ausdruck ihrer Gefühle betrifft? Ist es besser geworden? Können wir einander retten oder retten alle immer nur sich selbst?)

Gelesen (naja, eigentlich gehört)

Nothing to see here Cover

Nothing to see here. Deutscher Titel: Hier gibt’s Nichts zu sehen. Dieser Roman von Kevin Wilson handelt von Lilian, die die Stiefkinder ihrer Schulfreundin Madison und deren reichen Ehemanns Jasper babysitten soll, und mit diesen Kindern ist alles soweit normal, nur, dass sie ziemlich traumatisiert sind und dass sie manchmal spontan in Flammen aufgehen, wenn sie sich aufregen. (Entwarnung: Das tut ihnen nicht weh, es ist bloß verstörend und saugefährlich.)

Die Geschichte als Hörbuch im englischen Original zu hören war total toll, denn die Sprecherin hat so ein angenehmes, zartes Kratzen in der Stimme und sie macht diesen ganz leichten Südstaaten-Akzent, den die Kinder in der Geschichte haben und auf den ich immer schon, frag mich nicht warum, total stand. 

Am Schönsten an dem Buch fand ich, dass es eine Wahlverwandtschafts-Geschichte ist. Wie Tomorrow, and Tomorrow, and Tomorrow fokussiert es die Geschichten, in denen nicht die heteronormative Liebe im Mittelpunkt steht, sondern all die anderen Beziehungen, um die es im Leben geht, die genauso tief und prägend und einflussreich und erfüllend sein können wie die romantischen Beziehungen.

Gedacht

Ist euch mal aufgefallen, dass die Jungs gerade alle Perlenketten (Öffnet in neuem Fenster) tragen? Hab ich von meiner zwölfjährigen Cousine gelernt, die ihre immer von ihrem Bruder leiht. Wie geil ist das bitte.

Während ich letzte Woche an einem Text arbeitete, in dem es um Männermode geht (auch davon habe ich offenbar Ahnung, kommt demnächst im Tagesspiegel), fällt mir auf, wie viele Sachen die GenZ richtig macht. Ich denke:

Wow, die Generation, die nach mir kommt, ist alt genug, eine eigene Kultur entwickelt zu haben.

Und, zumindest was die Mode betrifft, läuft da ganz schön viel richtig. Die interessieren sich nicht mehr für die ganzen langweiligen stereotypen Gender Regeln, die bei uns noch Gesetze waren. Hallo Timothee Chalamet in einem roten rückenfreien Overall (Öffnet in neuem Fenster), hallo Harry Styles in einem blassblauen Ballkleid (Öffnet in neuem Fenster) auf dem VOGUE Cover, hallo Jacob Elordi in dieser—was ist das—Schulmädchen Uniform (Öffnet in neuem Fenster)?! und warum finde ich das heiß?!

Gekauft

Weißes T-Shirt mit AMORE Print und Schlangen (Vinted, 3 Euro). Ich habe kürzlich beschlossen, dass ich meine Identität als unverbesserliche die-hard Romantikerin nicht ablehnen, nicht rationalisieren und nicht wegdenken werde. Ich lasse mir meine Liebe nicht vom Patriarchat versauen. Ich bleibe weich.

Inspiriert dazu hat mich Pamela Anderson. Ich habe nämlich die Doku (Öffnet in neuem Fenster) über sie angeguckt und ja, ich checke schon, dass sie ein unverarbeitetes Trauma mit diesem Schwachmaten Tommy Lee hat, aber ich habe verstanden, dass eine besondere Schönheit und Würde darin liegen kann, ein gebrochenes Herz einfach nicht reparieren zu wollen. Es einfach gebrochen sein zu lassen.

LOVE 🖤 bis nächste Woche

Kategorie News

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