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Liebe Alle,

nach langer Zeit ein neues Video! Thema: Heparin.

Hier kommt ihr zum Video:

https://youtu.be/rCiNrt0RXs0 (Öffnet in neuem Fenster)

Und hier könnt ihr euch das Skript vorlesen lassen oder auch als Audio-Datei herunterladen:

HEPARIN-SKRIPT:

Heparin ist ein Medikament zur Hemmung der Blutgerinnung. Es leitet sich aus dem Altgriechischen Wort “Hepar” ab und bedeutet „Leber“, welche der Bildungsort der Gerinnungsfaktoren ist (daher also der Wirkstoffname).

Genauer gesagt gehört Heparin zu der Wirkstoffklasse der Antikoagulantien. Das sind Stoffe, die hemmend auf die (Blut-)Gerinnungskaskade wirken und daher therapeutisch zur Antikoagulation (also zur Blutgerinnungshemmung) verwendet werden..

In der medizinischen Therapie werden zwei Formen von Heparin verwendet: Einmal das hochmolekulare bzw. unfraktionierte, sowie das niedermolekulare bzw. fraktionierte Heparin. Im notfall- und akutmedizinischen Setting wird hauptsächlich das hochmolekulare bzw. unfraktionierte Heparin eingesetzt – und zwar zur Vorbeugung und Therapie von Thrombosen (also Blutgerinnseln) sowie zur Therapie von akuten arteriellen und / oder venösen Gefäßverschlüssen bzw. Embolien.

Auch dieses Präparat gehört – wie viele andere Notfallmedikamente auch – zu den unentbehrlichen Arzneimittel der Weltgesundheitsorganisation WHO.

PHARMAKODYNAMIK

Heparin ist ein wichtiger Baustein in der Steuerung der Blutgerinnung und bindet sich an Antithrombin-Molekülen, vor allem dem Antithrombin III (oder einfach nur: AT III). AT III ist eines der wichtigsten (wenn nicht sogar der wichtigste) körpereigene Hemmstoff der Blutgerinnung. Dieser Heparin-Antithrombin-Komplex wird als Sofortinhibitor bezeichnet und sorgt dafür, dass die Bindung (und somit Inaktivierung) von Gerinnungsfaktoren um das 700 bis 1000-fache beschleunigt wird. Dies geschieht durch die Inaktivierung des Schlüsselenzyms Thrombin. Dies führt dazu, dass im Blut gelöstes Fibrinogen nicht zum festen Fibrin (welches eine Art “Klebstoff” der Blutgerinnung ist) verklumpen kann. Des Weiteren wird auch der Faktor X in der gemeinsamen Kaskade des Gerinnungssystems inaktiviert. Dies hat zur Folge, dass die enzymatische Spaltung und somit die Bildung von Thrombin aus der Vorstufe Prothrombin verhindert wird. Es kommt also durch diese beiden Mechanismen zur gewünschten gerinnungshemmenden Wirkung.

PHARMAKOKINETIK

Die Applikation von Heparin erfolgt im Rettungsdienst grundsätzlich intravenös. Eine subkutane Gabe (also eine Gabe in den Fettbereich direkt unter der Haut) ist theoretisch möglich, aber in Notfallsituationen nicht praktikabel. Die Wirkung setzt nach intravenöser Gabe sofort ein. Die Wirkdauer als auch die Halbwertszeit ist von Person zu Person so verschieden, dass eine zuverlässige Aussage diesbezüglich nicht getätigt werden kann. Beides ist abhängig von der (Heparin-)Dosierung,  der Leber- sowie Nierenfunktion, vorhandene Begleiterkrankungen und Vormedikation des Patienten. Es wird in der Fachinformation lediglich eine mittlere Halbwertszeit von 90 bis 120 Minuten  angegeben. Heparin wird in der Leber durch spezifische Enzyme, sog. Heparinasen, gespalten und als inaktivierte Form über den Urin ausgeschieden.

INDIKATION

Die Indikation für Heparin im präklinischen Setting liegt bei arteriellen und venösen thromboembolischen Erkrankungen. Das heisst, dass die intravenöse Heparingabe bei akuten arteriellen sowie venösen Gefäßverschlüssen angezeigt ist – konkret sind es die Krankheitsbilder Herzinfarkt, Lungenembolie und sonstige periphere Gefäßverschlüsse.

DOSIERUNG

In der Primärtherapie des akuten Koronarsyndroms liegt die Dosierung bei 70 IE/kg KG intravenös, mit einer Maximaldosis von 5000 IE. Bei der Lungenarterienembolie sowie akuten Gefäßverschlüssen liegt die Dosierung ebenfalls bei 5000 Einheiten i.v., wobei je nach Literatur bei der Lungenarterienembolie auch bis zu 10000 Einheiten i.v. als Einzelgabe empfohlen werden. So oder so folgt nach der Einzelgabe eine kontinuierlichen Heparingabe über eine Spritzenpumpe (sprich: Perfusor).

KONTRAINDIKATION

Kontraindikation für die Gabe von Heparin sind:

  • Akute Blutungen im Gehirn sowie

  • Erkrankungen oder auch Verletzungen mit Verdacht auf Läsionen des Gefäßsystems – wie z.B. Geschwüre im Magen- und Darmbereich, frische Traumata oder Z.n. kürzlich erfolgten chirurgischen Eingriffen am Zentralnervensystem, Augen und Hirnarterien.

  • Des Weiteren ist die Anwendung von Heparin bei Früh- oder Neugeborenen kontraindiziert.

ANWENDUNG

Kommen wir nun zur Anwendung.

  • Vor jeder Heparingabe ist die Patienten- sowie Medikamentenanamnese zu beachten – vor allem in Hinblick auf evtl. Kontraindikationen. Gerade bei vorbestehender, gerinnungshemmender Medikation des Patienten muss eine kritische Risiko-Nutzen-Abwägung erfolgen.

  • Dementsprechend ist bei einer gleichzeitigen Behandlung mit Fibrinolytika, oralen Antikoagulanzien sowie Thrombozytenaggregationshemmer Vorsicht geboten!

  • Vorsicht ist ebenfalls geboten bei: Verdacht auf Malignom mit Blutungsneigung, chronischer Alkoholismus und fortgeschrittenes Patientenalter.

  • Unfraktioniertes Heparin (UFH) ist nicht plazentagängig und tritt nicht in die Muttermilch über. Es kann somit in der Schwangerschaft und Stillzeit bedenkenlos eingesetzt werden.

NEBENWIRKUNG

Heparin ist für den Patienten üblicherweise gut verträglich. Dennoch können – wie bei jedem Medikament auch – Nebenwirkungen auftreten. Diese sind:

  • (wenig überraschend) Blutungen; v. a. aus Haut, Schleimhäuten, Wunden, Gastro- und Urogenitaltrakt

  • Überempfindlichkeitsreaktionen wie Rötung, Juckreiz, Übelkeit / Erbrechen, Blutdruckabfall, bis hin zum anaphylaktischen Schock.

  • Gewebsreaktionen an der Injektionsstelle i.S. von Verhärtungen, Rötungen, Verfärbungen, kleinere Hämatome und selten auch Hautnekrosen.

  • Und last but not least die heparininduzierte Thrombozytopenie – eine Komplikation bei der Behandlung Patienten mit Heparin, wo aufgrund einer paradoxen Wirkung die Anzahl der Blutplättchen rapide abfällt und gleichzeitig durch entstehende Blutgerinnsel gefährliche Gefäßverschlüsse beim Patienten auftreten.

WECHSELWIRKUNG

Wechselwirkungen mit anderen Präparaten können entweder zu einer Wirkverstärkung oder einer Wirkabschwächung des Heparins führen. Wir beschränken uns hierbei weitestgehend auf den notfallmedizinischen Kontext:

So können Substanzen, die die plasmatische Blutgerinnung beeinflussen, wie bspw. Thrombozytenaggregationshemmer und Fibrinolytika, die Wirkung des Heparins verstärken – was übrigens durchaus erwünscht sein kann! Als für uns im Rettungsdienst relevanten Beispiele dienen die gebräuchlichen Präparate Azetylsalizylsäure bzw. ASS, oder auch Alteplase (besser bekannt unter dem Handelsnamen Actilyse®). Eine Wirkverstärkung im Sinne einer verstärkten Blutungsneigung findet sich (neben den eben erwähnten Thrombozytenaggregationshemmern und Fibrinolytika) auch in der Kombination von Heparin mit nichtsteroidalen Antiphlogistika wie z.B. Ibuprofen.

Die Kombination von Heparin mit Glyceroltrinitrat führt wiederum zu einer Abschwächung der Heparinwirkung. Ebenso führt die Kombination von Heparin mit Antihistaminika zu einer Wirkabschwächung. Digitalispräparate zur Herzkraftsteigerung führen ebenfalls in Kombination mit Heparin zu einer Hemmung der Heparinwirkung.

LAGERUNG

Für die korrekte Lagerung von Heparin gibt es keine besonderen Lagerungshinweise.

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