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Schreib’s trotzdem - Teil 6: Man darf ja nix mehr schreiben

Ich arbeite seit 25 Jahren als Autor. Das heißt, seit einem Vierteljahrhundert gibt es keine Woche, in der ich nicht irgendeinen Text schreibe und auf die ein oder andere Art veröffentliche. Mal Sketche, mal Glossen, mal Zeitungsartikel, Drehbücher, Printbücher, Stand-ups, Moderationen oder auch nur Facebook Posts. Da hat sich so einiges an Erfahrungen und Werkzeug angesammelt. Und da ich weiß, dass viele Leute gerne schreiben würden, aber nicht recht wissen, wie und womit sie anfangen wollen, möchte ich diese Werkzeuge ab jetzt in kurzen Texten weitergeben. Wohlgemerkt: Das sind meine Werkzeuge. Andere Leute haben andere. Sucht euch aus, was euch weiterhilft, vergesst, was Ihr dumm findet. Hauptsache, ihr schreibt. Denn Gründe, um nicht zu schreiben, gibt es viele (Zeit, Geld, Motivation …). Aber so nach 25 Jahren kann ich jedem nur empfehlen: Schreib’s trotzdem.

6. Man darf ja nix mehr schreiben

Kann man heutzutage ernsthaft noch jemandem raten, zu schreiben? Am Ende auch noch was Witziges? Man darf doch sowieso nichts mehr sagen, schreiben, singen! Oder?

Mal ein kurzer, episodischer Rückblick, was in den letzten Tagen und Wochen, in denen ich über diesen Text hier nachgedacht habe, in Sachen Political Correctness so los war * :

Um den Ballermann-Hit „Layla“ entflammt erst eine große Sexismus-, dann eine Verbots- bzw. Anti-Verbotsdebatte. Der bayerische Ministerpräsident und andere wehren sich leidenschaftlich gegen die Behauptung, die Winnetou-Bücher von Karl May seien rassistisch. Dieter Nuhr klagt in einem Interview, Proteste gegen ihn und seine Meinungen seien der Versuch, ihn zu „beseitigen“. Friedrich Merz hält auf einem CDU-Parteitag eine flammende Rede gegen den „Gender-Zwang“. Ein Kollege berichtet mir, dass er ein Drehbuch umschreiben musste, weil der Sender einige politisch unkorrekte Wörter nicht mal überpiepst ausstrahlen wollte. In Köln treten ein paar berühmte amerikanische Comedians auf, die nahezu ihr gesamtes Programm mit politisch unkorrekten Witzen bestreiten (und gleichzeitig darüber klagen, dass heute alle so empfindlich sind). Queen Elizabeth stirbt und nach ihrem Tod wird im Netz darüber gestritten, ob man über so ein Ereignis Witze machen darf und ob man mitfühlend über die Queen und ihre Familie berichten darf, ohne auf die imperialistische Vergangenheit des Vereinigten Königreichs hinzuweisen. Und jetzt, da ich diese Zeilen schreibe, trendet bei Twitter gerade der Begriff „Mohrenköpfe“. Kurz: völlig normale Wochen im dritten Jahrtausend.

Also: Was stimmt denn jetzt? Haben wir Rede- und Pressefreiheit? Oder darf man heute wirklich nichts mehr sagen?

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Kategorie Schreib's trotzdem!

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