Flix: „Für Online-Veröffentlichungen gibt es in der Regel kein Geld“
Der Comiczeichner Felix Görmann, besser bekannt als Flix, zeigt seit Jahren seine Werke gratis im Internet. Nach dem Start seines Mitgliedschaftsprogramms halfen ihm seine Fans durch eine schwierige Zeit: Mehr als 200 Mitglieder unterstützen ihn bis heute. Trotzdem bleiben die Comics kostenlos, erzählt Flix im Interview.
Flix will, dass jede:r seine Comics kostenlos lesen kann. Ihm ist wichtig, dass die Unterstützung auf Steady (Öffnet in neuem Fenster) komplett freiwillig ist.
Flix (Öffnet in neuem Fenster) ist bekannt für Comics wie Spirou in Berlin, Schöne Töchter oder Don Quijote. Auch online veröffentlicht er seine Werke. Auf Steady unterstützen (Öffnet in neuem Fenster) ihn mehr als 200 Mitglieder — und halfen ihm so durch die Corona-Krise.
Im Interview mit Steady im September 2020 sprach Flix darüber, warum er Mitgliedschaften lange für „professionelles Betteln“ hielt, warum er dann doch sein eigenes Mitgliedschaftsprogramm gestartet hat und wie er mit anfänglichen Zweifeln umgegangen ist.
Gibt es immer noch Momente, in denen du überrascht bist, dass du den Beruf Comiczeichner ausüben kannst?
Dauernd (lacht). Manchmal sitze ich an meinem Zeichentisch und muss fast lachen, weil ich denke: Krass, ich darf hier Bilder malen und mir Geschichten ausdenken und das ist mein Beruf. Ich muss nicht Fliesen verlegen, im Straßenbau tätig sein, im Labor stehen oder was auch immer. Ich hab das große Glück, dass ich Comics mache und damit auf Interesse stoße.
Ein Instagram-Post (Öffnet in neuem Fenster) von Flix, auf dem zu sehen ist, wie eine neue Glückskind-Folge ensteht.
Du veröffentlichst Comics in Büchern und Zeitungen, aber auch online. Was ist für dich der größte Unterschied zwischen dem Veröffentlichen im Internet und im Print?
Dass es für die Online-Veröffentlichungen in der Regel kein Geld gibt. Bei Aufträgen für Zeitungen und Zeitschriften werde ich bezahlt. Da ist es ganz selten, dass jemand fragt, ob ich etwas umsonst machen könnte. Ich veröffentliche schon lange meine Comics parallel auch im Internet. Darüber kann ich neue Leute erreichen und mit meiner Arbeit vertraut machen. Vielleicht werden meine Comics ja sogar Teil ihres Alltags. Und dann erkennen sie meine Arbeit bestimmt wieder und kaufen eher mein Buch, wenn sie es im Laden entdecken.
Im November 2020 erscheint „Spirou in Berlin (Öffnet in neuem Fenster)“ als Softcover-Ausgabe bei Carlsen.
Hast du durch dieses Verbreiten im Internet deine ganz eigene Community aufbauen können oder ist das dasselbe Publikum, das dich auch in der Zeitung liest?
Das sind wirklich eigene Welten. Ich hab über die Jahre online wirklich viele Fans gewinnen können, die diese Art von Humor und diese Art von Geschichten schätzen. Und diese Leute sind sehr treu.
Für diese Fans bietest du seit 2020 auch Mitgliedschaften an. Hast du das gemacht, um eine noch engere Beziehung mit ihnen aufzubauen?
Nein, es war eigentlich schon immer genügend Austausch da. Dafür gibt es ja auch viele Wege: die sozialen Netzwerke, den Podcast Art aber herzlich (Öffnet in neuem Fenster), Lesungen, Signierstunden und so weiter.
Dich hat also etwas anderes dazu motiviert, Mitgliedschaften anzubieten.
Ich habe mir das schon länger überlegt, aber mich immer gescheut. Ich hatte schon immer die Einstellung, dass ich als Künstler meine Arbeit so machen muss, dass Leute Bock haben, das zu kaufen. Auch wenn das Geld mal knapp war, habe ich nie Staatshilfen angenommen oder Arbeitslosengeld bekommen, sondern mich immer gefragt, wie ich mit meinen Zeichnungen Geld verdienen kann.
Deswegen wollte ich lange auch keine Plattform wie Steady nutzen, weil ich das so empfunden hätte, als wäre meine Arbeit nicht gut genug, um davon leben zu können. Ich habe dann zum Beispiel lieber Illustrations-Jobs angenommen, als Leute um Unterstützung zu bitten, weil ich das als professionelles Betteln angesehen habe.
Ein Heldentag-Comic auf Flix’ Instagram-Profil (Öffnet in neuem Fenster).
Aber diese Einstellung hat sich geändert?
Ja, das würde ich so jetzt nicht mehr sagen. Als Anfang des Jahres [2020] die Corona-Krise kam, ist auf einmal meine ganze Jahresplanung zusammengebrochen, auch finanziell. Ich hab zwei kleine Kinder und habe mich gefragt: Wie kriege ich das jetzt hin?
Mein Kollege Ralph Ruthe (Öffnet in neuem Fenster) hat ja auch ein Steady-Projekt, und der sagte dann zu mir: Du stellst seit Jahren deine Comics kostenlos ins Netz. Da draußen gibt’s Leute, die das gut finden und dir gerne was zurückgeben möchten. Steady ist eine Möglichkeit, wie sie das tun können.
Und für mich war das dann ein guter Zeitpunkt, das genau so zu machen: Das Ganze soll kein Deal sein. Ich will nichts zusätzlich verkaufen, und ich will auch nicht, dass irgendjemand zahlen muss. Ich möchte nur denen die Möglichkeit geben, mich zu unterstützen, die das freiwillig machen, weil sie meine Arbeit gut finden.
Das heißt, dahinter steckt ein reiner Support-Gedanke.
Genau. Relativ viele haben gesagt: Du hast so lange was für uns gemacht, jetzt sind wir mal dran — und die sind dann eben Steady-Mitglieder geworden.
Zumindest eine kleine Gegenleistung bietest du inzwischen aber schon an, oder?
Ja, weil dann so viele mitgemacht haben, dachte ich mir, dass ich gerne etwas zurückgeben würde. Jetzt verlose ich jeden Monat unter allen Mitgliedern eine Zeichnung mit Wunschmotiv. Vom Entstehungsprozess mache ich ein Video, sodass die anderen Mitglieder sich das angucken können und auch was davon haben.
Das kommt gut an, aber es geht meinen Mitgliedern nicht wirklich darum. Die würden mich auch so unterstützen. Ich empfinde das als großes Geschenk, weil das mich und meine Arbeit gerade rettet. Ich lehne mich aber auf keinen Fall zurück, sondern führe meine Arbeit ganz normal weiter wie sonst auch.
Flix’ Geschichten wurden schon auf Französisch, Spanisch, Polnisch, Portugiesisch, Türkisch, Griechisch, Russisch, Niederländisch und Koreanisch übersetzt.
Die Mitglieder kommen wahrscheinlich nicht einfach so. Wie machst du auf dein Mitgliedschaftsprogramm aufmerksam?
Immer wieder, wenn ich einen neuen Comic gemacht habe, weise ich darauf hin, dass man mich unterstützen kann. Ich teile den Link zu meiner Steady-Seite bestimmt zweimal in der Woche. Dadurch ist der Hinweis ein bisschen so wie eine Signatur, weil er immer wieder kommt. Das klappt im Moment ganz gut für mich.
Bist du überrascht darüber, dass das klappt?
Ja. Anfangs war ich total unsicher. Ich hatte große Angst, dass mich niemand unterstützt, und dass das dann alle sehen können. Aber am Tag nachdem ich mein Steady-Projekt gestartet habe, hatte ich schon mehr als zehn Mitglieder. Und da dachte ich: Okay, jetzt ist es gut, jetzt ist es nicht mehr peinlich. Das ist wie bei einer Lesung. Wenn zehn Leute vor der Bühne sitzen, dann kann man’s machen. Und ich hab das dann echt gezählt: Cool, jetzt sind’s schon 30, und jetzt sind’s schon 40! (Lacht.)
Du machst ja auch noch den Podcast Art aber herzlich zusammen mit Christian Möller und deinem Zeichner-Kollegen Marvin Clifford. Wie läuft das? Müsst ihr das Mitgliedschaftsprogramm anders gestalten, als du dein eigenes gestaltest?
Flix und Marvin Clifford, die sich beide ein Atelier teilen, sind die Hosts des Comic-Podcasts „Art aber herzlich (Öffnet in neuem Fenster)“.
Ja, das ist anders. Da gibt es zum Beispiel Gegenleistungen für Mitglieder.
Bei dem Podcast haben wir aber auch direkte Kosten. Da müssen wir Geld ausgeben für Technik, für Mikrofone, für Hosting-Gebühren, und auch die Arbeitszeit kostet ja Geld. Das finanzieren wir alles über Mitgliedschaften.
Auch den Podcast Art aber herzlich kann man hier auf Steady unterstützen (Öffnet in neuem Fenster).
Deshalb wollen wir das nicht nur auf freiwilliger Basis machen, sondern es gibt eine konkrete Gegenleistung, wenn man uns unterstützt. Da steckt also eine andere Idee dahinter, als der reine Support-Gedanke für die Flix-Comics.
Auf Steady kann jede:r Mitglied bei Flix werden: