Monkey Monday #8
Schicksalswahl im perfekten Sturm

Die Bundestagswahl hat ein kompliziertes Ergebnis produziert. Die Union hat gewonnen, aber mit 28,5% schwächer abgeschnitten als erhofft und hat, weil auch die angestrebten Koalitionsoptionen SPD (16,4%) und Grüne (11,6%) unter den Erwartungen blieben, mit der SPD nur einen möglichen Partner. Dieser dürfte, trotz historischer Verluste und des schlechtesten Wahlergebnisses aller Zeiten, den Preis für eine Koalition hochtreiben. Der Politikwechsel, mit dem der künftige Kanzler Friedrich Merz geworben hatte, könnte schwierig werden. Und damit bewahrheitet sich die von vielen beschworene Schicksalswahl gleich auf zweierlei Weise: Erstens wegen des besorgniserregenden Zustands des Industriestandorts, dessen exportbasiertes, auf billige Energie und chinesische Nachfrage gebautes Geschäftsmodell in Frage und dessen Infrastruktur an vielen Stellen vor dem Verfall steht. Zweitens wegen der Aussicht auf ein weiteres Erstarken der Rechtsextremen und damit „österreichische Verhältnisse“ beim nächsten Wahltermin 2029.
Im Hinblick auf die größte Befürchtung der Wähler, die mit 82,5% in der höchsten Wahlbeteiligung seit 1987 zu den Urnen strömten, dürfte Entwarnung gegeben werden. Denn mehr als acht von zehn Wählern hatten eine erneut instabile Regierung befürchtet, kein Wunder nach drei Jahren Ampel. Die nun absehbare Koalition aus Union und SPD dürfte stabil sein und über die volle Legislaturperiode halten. Schließlich haben beide Parteien umfangreiche Regierungserfahrung. Bei jeweils vier der letzten fünf Regierungen waren sie dabei, das handelnde Personal dürfte sich - anders als der eine oder andere Ampel-Protagonist der letzten drei Jahre - seiner staatspolitischen Verantwortung bewusst sein. Fraglich ist, wie die schwarzrote Koalition in der Lage sein wird, die von den Menschen als drängendste Probleme wahrgenommenen Herausforderungen anzugehen. Mit 43% der Nennungen steht hier die wirtschaftliche Misere im Vordergrund. Schaut man in die Wahlprogramme der zukünftigen Koalitionäre, fällt die Unterschiedlichkeit der Ideen zur Behebung der Investitionsschwäche auf. Während die Union auf die Senkung der Unternehmenssteuern setzt (um fünf Prozentpunkte), möchte die SPD mit einem “Deutschlandfonds” von mindestens 100 Mrd. Euro und einem “Made in Germany-Bonus” in Höhe von 10% der in Deutschland getätigten Ausrüstungsinvestitionen den Aufbau neuen Kapitalstocks wesentlich direkter fördern. Dennoch: Auch wenn in der Wahl der Mittel keine Einigkeit herrscht, dürfte sich die neue Koalition schnell auf substanzielle Verbesserungen bei der Investitionsförderung einigen können.
Auch beim zweitwichtigsten Problem aus Wählersicht, dem Thema Migration, sollten Union und SPD schnell zu Einigungen kommen. Denn das Ende Januar im Bundestag zur Abstimmung gestellte Zustrombegrenzungsgesetz war und ist zwischen den künftigen Koalitionären weitgehend unstrittig. Insofern dürfte es schnell fertig verhandelt und abgeschlossen werden können. Ähnliches gilt beim dritten Bereich, Klima und Energie. Zwar gibt es Gegensätze zwischen Union und SPD, etwa beim Thema Verbrennerfahrzeuge, aber diese scheinen nicht unüberwindbar. In der Summe sieht es so aus, als könnten Union und SPD eine funktionierende Regierung bilden und die von den Deutschen als besonders wichtig wahrgenommenen Herausforderungen konstruktiv angehen.
Bevor wir weiter unten die Herausforderungen und Chancen der neuen Bundesregierung sowie die Bedeutung der Wahl für die Märkte beleuchten, hier wie immer zunächst ein Blick auf die Makrodaten dieser Woche. Bereits heute Vormittag wurde der Ifo-Index veröffentlicht, er bot einen Silberstreif am Horizont. Auf niedrigem Niveau hellte sich der Ausblick auf die nächsten sechs Monate um 1,2 Indexpunkte auf. Am Freitag stehen Inflationsdaten auf dem Programm. Gleich morgens in Japan, wo der Tokio-Verbraucherpreisindex zuletzt mit 3,4% ganz unjapanisch robust ausfiel. Bestätigt sich die anhaltende Preisdynamik, vor allem auch bei den Löhnen, dürfte die Bank of Japan weiter die Geldpolitik straffen. Der Yen dürfte weiter gegen Dollar und Euro aufwerten. Am Freitagmittag folgen Preisdaten aus Deutschland. Der Konsensus erwartet einen weiteren Rückgang von 2,3% auf 2,2% beim nationalen und von 2,8% auf 2,6% beim europäischen (harmonisierten) Index. Den Abschluss bilden die PCE-Zahlen aus den USA. Sollte der Konsensus recht behalten und die Kernrate der persönlichen Konsumausgabeen (core PCE) sich im Monatsvergleich von 0,2% auf 0,3% beschleunigt haben, dürften die Futuresmärkte eine Zinssenkung für den 19. März bis auf einen winzigen Rest auspreisen.
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