Macron beerbt Merkel, Brüssel gegen Berlin – und Streit um den Rechtsstaat (Öffnet in neuem Fenster)
12. Juni 2021
Was bleibt von der Europapolitik der vergangenen Woche? Beim G7-Gipfel buhlen Merkel und Macron um die Gunst von US-Präsident Biden. Die EU-Kommission leitet ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland ein. Und das Europaparlament bringt eine Untätigkeitsklage auf den Weg.
Welch’ Ironie: Nicht einmal ein halbes Jahr nach dem vollständigen Abschied Großbritanniens aus der EU hat sich die Europapolitik in dieser Woche nach Großbritannien verlagert – zum G7-Gipfel in Cornwall. Dort buhlten Kanzlerin Merkel, Frankreich Präsident Macron, Italiens Regierungschef Draghi sowie die beiden EU-Granden von der Leyen und Michel um die Aufmerksamkeit von US-Präsident Biden. Wenn nicht alles täuscht, geht Macron als Sieger aus dem Liebeswerben hervor. Nachdem der Franzose schon zum Gipfelauftakt die Nähe zu Biden gesucht hatte (er legte sogar seinen Arm über dessen Schulter), gab es am Samstag ein “bilateral”, das von der Weltpresse aufmerksam verfolgt wurde. Schließlich könnte Macron nun Merkel beerben, die noch vor wenigen Jahren zum “leader of the free world” hochgeschrieben wurde und nun ihren Abschied von den G7 feiert. Merkel hat zwar ein separates Rendezvous mit Biden im Weißen Haus am 15. Juli – doch dort dürfte es vor allem um den Streit um die Gaspipeline Nord Stream 2 gehen, und nicht um eine neue Führungsrolle. Scheiden tut weh…
War sonst noch was? Na klar, die G-7 haben mehrere Initiaitiven angekündigt, mit denen sie China entgegentreten wollen – und zugleich zeigen, dass der Westen in die Defensive geraten is (Öffnet in neuem Fenster)t. Die EU-Kommission hat ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland (Öffnet in neuem Fenster)eingeleitet, bei dem es um die Lufthoheit beim Europarecht geht. Und das Europaparlament bringt eine Untätigkeitsklage gegen die Kommission auf den Weg, weil diese sich nicht genug um das Europarecht kümmere! Konkret geht es um den Rechtsstaat in Ungarn und Polen. Die Abgeordneten fordern schnelles Eingreifen, doch Kommissionschefin von der Leyen spielt auf Zeit. Die Institutionen sind sich nicht einig, die Eliten streiten, der europapolitische Konsens ist futsch (Öffnet in neuem Fenster). Wiedervorlage im Herbst…