Sanft bleiben im Backlash
Hi, hier schreibt Laura! Für uns beim Lila Podcast ist ja jeder Tag Feministischer Kampftag. Deswegen haben wir uns dieses Jahr am 8. März die Freiheit genommen und sind nicht auf die Straßen gegangen, sondern in uns.
Wir sind als Team in Berlin zusammengekommen und haben am Lila Podcast getüfelt, geträumt, Mittag gegessen und auch eine neue Folge aufgezeichnet. Die findet ihr ab dem 20. März in eurem Podcatcher. In der Sendung sprechen wir darüber, wie es uns nach der Bundestagswahl geht und was uns in diesen Zeiten Hoffnung gibt.

Ich persönlich muss zugeben, dass ich nach den Wahlergebnissen ein bisschen geschwächelt habe und mich ziemlich dem Eskapismus hingegeben habe. Aber was heißt hier eigentlich schwächeln? Ist das nicht vielleicht ein ziemlich von Ableismus und Kapitalismus geprägter Gedanke, gleich wieder aufstehen und weiterpowern zu wollen? Aufgeben ist keine Option, klar, aber Ruhe und Selbstfürsorge (und Humor!) werden in den kommenden Monaten und Jahren vermutlich wichtiger denn je. Um es mit den Worten von Audre Lorde zu sagen: Für sich selbst zu sorgen, ist ein Akt politischer Kriegsführung.
Caring for myself is not self-indulgence, it is self-preservation, and that is an act of political warfare. (Audre Lorde)
Feminism in action I: Podcast Sanft und mutig von Julia Hübner
Als kleinen Mutmacher möchte ich euch heute von meiner Freundin Julia erzählen. Als im vergangenen Jahr über den Strafprozess gegen Dominique Pelicot und die erschütternden Details der Vergewaltigung seiner Frau Gisèle berichtet wurde, war Julia wie so viele andere entsetzt über das ohrenbetäubende Schweigen insbesondere von cis Männern. Julia wollte nicht ohnmächtig bleiben und hat zum Telefon gegriffen und den Männern in ihrem Umfeld eine Nachricht geschickt. Darin schrieb sie unter anderem:
Fang an mit anderen Männern über Sexismus und Männlichkeit zu sprechen. Reflektiere dein eigenes Verhalten und teile deinen Prozess mit deinen Freunden. Hast du schonmal eine Frau beim Reden unterbrochen? Sie angestarrt? Traust du deinen Kolleginnen genauso viel zu, wie deinen Kollegen? Hast du schonmal bei einem sexistischen Witz mitgelacht? Selbst einen gemacht? Hast du eine Frau schon einmal angefasst, ohne sie zu fragen, ob sie das gerade möchte? Hast du ihr ungefragt Alkohol nachgeschenkt? Bist du schonmal davon ausgegangen, dass du am Ende des Dates mit ihr schlafen wirst und hast darauf hingewirkt? Hast du deiner Freundin schonmal Vorwürfe gemacht, weil sie nicht auf das gleiche Lust hatte wie du?
Die Reaktionen fielen wechselhaft aus. Aber für Julia war klar: Das geht so nicht weiter. Es braucht mehr männliche Vorbilder, um andere Männer zu sensibilisieren. Also hat sie kurzerhand auf eigene Faust und ehrenamtlich einen Podcast aus der Taufe gehoben, in dem sie mit Männern über Sexismus spricht. Ihre Vision: dass Männer sich zu Tausenden dafür einsetzen, dass Gewalt durch Männer endlich aufhört – und wir alle gemeinsam das Patriarchat überwinden. Also ich bin inspiriert und komplett von den Socken von Julis Tatendrang. Ihr ja vielleicht auch?
🚀 Von sanft und mutig (Öffnet in neuem Fenster) sind bisher zwei Episoden erschienen, insgesamt zehn Folgen sind geplant. 💜
Feminism in action II: Wunderschöner – Kinofilm von Karoline Herfurth
Tief berührt und beeindruckt hat mich übrigens auch der neue Film Wunderschöner von Karoline Herfurth. Schon der erste Teil Wunderschön war ein Riesenerfolg. Die Fortsetzung ist noch einmal um Längen besser und geht noch viel tiefer. Ein so so wichtiger Film in diesen Zeiten. Einer meiner Lieblingssätze: “Ein Angriff gegen eine ist ein Angriff gegen uns alle.”
Ich habe den Film vor Kurzem im Kino gesehen und kann mich nicht erinnern, wann ich mich das letzte Mal von einem Film so sehr gesehen gefühlt habe. Die Stimmung im Kinosaal war eine ganz besondere. Jede Frau im Saal hat diesen Raum so sehr gefühlt. Es wurde gelacht, geweint und gemeinsam wütend aufgestöhnt. Dieser Film macht das Patriarchat erlebbar und Frauen sichtbar. Tiefe, Drama, Gesellschaftskritik, Unterhaltung und gleichzeitig auch Leichtigkeit: Warum wird Karoline Herfurth nicht mit Preisen überhäuft?!?! Ach ja, weil sie eine Frau ist, und “Frauenfilme” macht. Bevor meine Freundin und ich den Kinosaal verlassen haben, haben wir übrigens mal gezählt, wie viele (mutmaßliche) cis Männer wir entdecken können. Es waren vier. Vier! Und die wurden vermutlich von ihren Freundinnen mitgenommen. Es ist schon seltsam: Noch immer machen Männer Filme für alle und Frauen Filme für Frauen. Dabei ist Wunderschöner eigentlich ein Männerfilm. In dem Sinne, dass sie es sehr sehr dringend nötig haben, ihn zu schauen. Vielleicht verstehen sie dann ein kleines bisschen besser, was es bedeutet, eine Frau im Patriarchat zu sein.
Wenn ich groß bin, will ich übrigens genau so sein wie Nora Tschirner in ihrer Rolle als Frau Schiller.
👀 Interview von Linda Rachel Sabiers mit Karoline Herfurth (Öffnet in neuem Fenster) 💜
Ein riesiges Dankeschön nochmal an die Person, die uns mit 1000€ unterstützt hat – und an alle anderen auch, die uns mit kleinen Beträgen dabei unter die Arme greifen, Feminismus für alle zu machen. Wenn ihr auch einen Beitrag leisten könnt und wollt, findet ihr hier (Öffnet in neuem Fenster) alles, was ihr wissen müsst.
Bis bald im Podcast oder im Postfach
Laura 🌈