Die Kunst der guten Recherche: 10 Tipps für dein Sachbuch-Projekt
Liebe Schreibcommunity,
richtig gelesen! Heute soll es um gute Recherche gehen. "Jetzt schon?" höre ich die Ersten protestierend fragen. Ich spreche das Thema extra sehr früh an - auch wenn deine Buch-Idee vielleicht noch nicht ganz ausgereift ist. Trotzdem wirst du wirst mit Sicherheit schon über verwendbares Material gestolpert sein, Literatur rauf und runtergelesen und dir Notizen dazu gemacht haben, was du davon vielleicht in deinem Buch verwenden möchtest.
In einer Zeit, in der Desinformation und Halbwahrheiten allgegenwärtig sind, führt der Weg zum Erfolg bei einem hochwertigen Sachbuch über gründliches Recherchieren zu Glaubwürdigkeit und Autorität. Dies kann man „bis zum Umfallen“ tun, ohne zum eigentlichen Schreiben zu kommen. Deshalb empfehle ich dir, nach einer klaren Strategie zu recherchieren. Um zudem von Anfang an System in deine Materialsammlung zu bringen, habe ich dir zehn erprobte Tipps zusammengestellt. Einiges davon wird den Journalist:innen unter euch sicher bekannt vorkommen, die mit professioneller Recherche natürlich gut vertraut sind.
1. Autor/Autorin als der Schlüssel
Dein Hintergrund und deine Expertise sind für dein Sachbuch die allererste Visitenkarte, nach der deine Leser und Leserinnen im Regal auswählen werden. Also stelle sicher, dass dein Fachwissen und deine Erfahrungen auf dem Gebiet deines Sachbuches solide sind und dass du über die erforderlichen Qualifikationen verfügst. Andernfalls musst du möglicherweise noch Wissen „draufschaffen“ und dich durch einige Fachbücher lesen. Das gilt für Reiseexpertinnen genauso wie für einen Sachbuchautor der Ernährungsfibel oder für den Angel-Ratgeber für die dicksten Karpfen. Erst lesen, dann schreiben!
2. Zuerst glüht der eigene Kopf
Zum Start empfehle ich dir unbedingt, den eigenen Kopf anzustrengen. Starte den Kreativ-Motor ohne Zensur und sammle im „Brainstorming“ alle möglichen eigenen Ideen und erwünschten Teile des Buches in Stichworten: Essays, die du gelesen hast, Podcasts, Filme, persönliche Erfahrungen und Anekdoten, eigene Hindernisse, historische Fakten, wissenschaftliche Erkenntnisse/Studien und gute Interviews. Damit hast du schon eine erste gute Stoffsammlung, mit der du weiterarbeiten kannst.
3. Was hilft deiner Leserin und deinem Leser weiter?
Behalte dein Lesepublikum im Hinterkopf: Notiere dir noch einmal konkret Probleme und Fragestellungen, die deine Zielgruppe im Zusammenhang mit deinem Thema hat. Wie sieht deine Lösung aus? Überlege dir bis zu drei verschiedene Sichtweisen oder Herangehensweisen an das Thema deines Sachbuches. Folge dann dem Thema in der Recherche, das dich am meisten anspricht. Folge sozusagen der Energie! Für ein Sachbuch brauchst du einen langen Atem. Frage in den sozialen Medien, welche Fragen deine Zielgruppe hat. Streiche konsequent Themen, die deine Leser und Leserinnen nicht interessieren oder die zu weit von deinem Thema wegführen. Das ist „Kill Your Darlings“ in einer ganz frühen Phase des Buches – schwer für Expert:innen, die alles spannend finden ;-)!
4. Orientierung – Blick zur Konkurrenz
Lies die fünf wichtigsten Bücher zu deinem Lieblingsthema quer und analysiere sie. Schau dir die Gliederungen an, aber lass dich nicht zu sehr von den Ideen leiten oder sogar verunsichern. Welche der Fragen deiner Zielgruppe beantworten die Bücher nicht? Verfolge deinen eigenen Ansatz, der dein Sachbuch einzigartig macht.
5. Erstelle eine Mindmap
Erstelle eine Mindmap für dein Sachbuch-Projekt. Das kannst du ganz einfach und kostenlos mit Miro (Öffnet in neuem Fenster) ausprobieren. Dazu empfehle ich dir einen Trick, den wir in der PR oder im Journalismus anwenden: die 5-Fingertechnik. Beginne und sammle an den fünf Fingern deiner Hand die Kernaussagen deines Sachbuches. Beim Schreiben von Artikeln überlegen wir, welche fünf Kernaussagen wichtig sind und bringen sie später in eine sinnvolle Reihenfolge. Ein Sachbuch ist etwas umfangreicher als ein Artikel, also dürfen es auch etwas mehr Kernaussagen sein - so kurz wie möglich formuliert. Für jede der Kernaussagen wirst du wahrscheinlich später ein eigenes Kapitel schreiben. Manche Aussagen lassen sich jedoch auch clustern oder unter ein Oberthema subsumieren. Das kann man wunderbar mit einer Mindmap bearbeiten. All dies sind bereits Vorarbeiten für eine sinnvolle Gliederung, mit der du dein Lesepublikum später durch das Buch führen kannst.
6. Fakten statt Fiktion: Recherchiere gründlich!
Die Qualität der Recherche für dein Sachbuch hängt von der Qualität deiner Quellen ab, wie du relevante Quellen identifizierst, die deine Argumente unterstützen und die Leserschaft überzeugen können.
Verwende glaubwürdige Quellen: Stelle immer sicher, dass die Informationen aus vertrauenswürdigen Quellen stammen, wie z.B. akademischen Publikationen, Fachzeitschriften, etablierten Nachrichtenquellen oder Büchern von anerkannten Expert:innen.
Nein, Wikipedia und ChatGPT sind keine guten Quellen :-)!Mehrere Quellen überprüfen:
Verlasse dich nicht nur auf eine Quelle. Vergleiche die Informationen aus verschiedenen Quellen, um sicherzustellen, dass sie konsistent sind und keine Verzerrungen oder Voreingenommenheiten enthalten.
Fakten von Meinungen trennen:
Achte auch darauf, Fakten von Meinungen oder Interpretationen zu trennen. Fakten sollten durch nachprüfbare Beweise gestützt werden, während Meinungen subjektive Bewertungen darstellen können.
Zeitgemäß und aktuell:
Überprüfe immer, ob die Informationen in deinen Recherchequellen aktuell sind oder ob es neuere Entwicklungen gibt, die möglicherweise nicht berücksichtigt wurden.Vorsicht vor Plagiaten:
Prüfe auch, ob deine Recherchequellen Plagiate enthalten, indem du Passagen überprüfst und sicherstellst, dass sie nicht direkt aus anderen Quellen übernommen wurden, ohne angemessen zitiert zu werden.
8. Suche dir Experten und Expertinnen für Interviews
Interviews mit einschlägigen Experten und Expertinnen auf deinem Sachbuch-Gebiet sind eine inhaltliche Bereicherung deines Sachbuches und machen es lebendiger. Für Interviews eignen sich neben der Professorin, einer Wissenschaftlerin oder dem Arzt genauso gut drei Teilnehmer:innen deiner Workshops oder Coaching-Programme, die dazu am meisten Feedback geben können. Bitte sie um kurze Interviews. Lege dir ein Dokument an, in dem du ab jetzt passende Zitate von Experten und Kunden sammelst. In einem der nächsten Newsletter gebe ich dir noch Tipps und Tricks für ein professionell vorbereitetes Expert:innen-Interview.
9. Little Friends: Material organisieren:
Woran erkennt man die Autorin oder den Autor? Natürlich an der Vielzahl der Notizbücher, die überall in Taschen und Haus verteilt sind :-).
Notizbuch: Am besten nicht zu groß, damit du es immer dabei haben kannst. Die Geistesblitze sind leider unberechenbar und kommen am liebsten unter der Dusche, auf der Rolltreppe oder nachts im Bett. Deshalb gehört dein Notizbuch immer in deine Tasche oder auch auf den Nachttisch . Ob Papier oder aus Bits und Bites ist egal. Du kannst deine Gedanken sogar als Sprachnotiz aufnehmen. Ich nutze beides: ein kleines Notizbuch für die Handtasche und die App Evernote auf dem Handy und Laptop.
Eine Pinnwand oder ein Whiteboard helfen dir den aktuellen Stand deines Projektes im Auge zu behalten. Bei mir hängt gerade der Ausdruck meines neuen Sachbuchkonzeptes und die erste Kapitelstruktur an der Wand. Die Pinnwand geht natürlich auch digital – aber für mich hat die reale Pinnwand im Büro den großen Vorteil, dass ich sie immer im Blick habe und auch schnell mal händisch Notizen hinzufügen kann, wenn der Laptop ausgeschaltet ist.
Ein Zettelkasten oder eine Ordnermappe können helfen, Zeitungsausschnitte, Notizzettel zu sortieren. Jedes Fach im Ordner steht für ein Kapitel im Buch. Damit bringst du gleich etwas Struktur in dein Material. Ich persönlich schreibe sehr gern Gedanken auf kleine Karteikarten und sammle sie in einem Zettelkasten, der auch nach den Kapiteln meines Buches untergegliedert ist. HAN Holz-Karteikasten (Öffnet in neuem Fenster)
10. Zitierregeln: Hab Respekt vor dem geistigen Eigentum anderer
Auch in der Bücherwelt gibt es Spielregeln und die wichtigste ist: Hab Respekt vor dem geistigen Eigentum anderer Autorinnen und Autoren. Halte dich an die Zitierregeln, denn davon wird dein seriöser Ruf, dein gutes Image abhängen.
Der Grundgedanke in der Wissenschaft dabei ist, dass Forschende ihre Studien betreiben und darüber in wissenschaftlichen Journalen schreiben, um den Wissensstand zu einem Thema in der Welt weiterzuentwickeln und der Gesellschaft wichtige Antworten zu liefern. Daher sind solche Quellenangabe Pflicht, damit man die Anknüpfungspunkte klar findet. So werden alte Erkenntnisse und Theorien und neues Wissen miteinander verknüpft.
Da wir uns in Sachbüchern oft auf Expert:innen und Studien beziehen, sind die Zitierregeln für uns sehr gut anwendbar. Sachbuchautor:innen arbeiten sich oft tief in Themen ein, lesen viel Fachliteratur, andere Bücher und Artikel.
Bei Fachbüchern ist es üblich, dass die Autor:in im Fließtext genannt wird, an der Stelle wo sie zitiert wird. Am Ende des Satzes wird ein Fußnotenverweis angegeben und in der Fußzeile steht (Muster, 2024, S. 67-90). Im Literaturverzeichnis am Ende des Buches werden dann alle Werke ausführlich aufgelistet z.B. so Muster, Maria: Wissenschaftskommunikation. 3. Auflage, Wien, Utopia-Verlag 2024, S. 15-20
Bei Sachbüchern und Ratgebern gelten die Zitierregeln auch, nur nicht ganz so strikt. Die Person, auf die wir uns beziehen, wird viel geschmeidiger in den Fließtext eingebaut. Fußnoten und Quellenverzeichnisse mitten im Text sind unüblich. Die Lesbarkeit und Optik des Textes stehen hier mehr im Vordergrund. Trotzdem entbindet es dich nicht von der Pflicht die Quellen zu nennen, die du mit Sicherheit für die Inhalte deines Sachbuches verwendest. Zeige Fairness und Respekt gegenüber dem Urheberecht anderer.
Tipp 1: Notiere dir die Inhalte, die du zitieren möchtest, gleich von Anfang an mit der Quelle, vollständig mit Angabe von Verlag und Seitenzahl. Das spart dir später eine Mordsarbeit, wenn du nicht hunderte von alten Notizen durchsuchen musst. Behalte den gewählten Zitationsstil im ganzen Text bei. Im meinem letzten Sachbuch „Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihre Türklinke“ habe ich beispielsweise die 211 Literaturquellen, die ich im Fließtext erwähne, am Buchende gelistet und sie gleich dem jeweiligen Buchkapitel zugeordnet.
Wer ganz professionell mit sehr vielen Titeldaten umgehen möchte, kann Literaturverwaltungssoftware verwenden: z.B. Citavi oder EndNote .
Tipp 2: Sachbücher und Ratgeber geben auch manchmal nur eine Auswahl von an empfehlenswerten Titeln an. Ich empfehle in meinen Sachbüchern oder auch in den Science-Thrillern gern „Literatur zum Weiterlesen“ für die ganz interessierten Leser und Leserinnen, die wir mit dem Thema angefixt haben :).
Der Schatz in deinen Händen: Der rote Faden
Wenn du diese zehn Tipps umgesetzt hast, solltest du nun über eine umfangreiche und gut recherchierte Stoffsammlung für dein Sachbuch verfügen.
Geh dein Material durch! Welche Struktur entdeckst du?
Ergibt sich schon ein roter Faden in deiner Mindmap, aus der sich der Gliederung deines Buches und ein Arbeitstitel ableitet?
Schreibe mir sehr gern über deine Erfahrungen mit diesen Tipps oder welche eigenen Tools du zusätzlich verwendest!
Offenes Community-Treffen am 20.März um 19:00 Uhr per Zoom:
In diesen Monat gibt eine Ausnahme und ich veranstalte ein offenes Community-Treffen für alle Abonnenten dieses Newsletters zum ersten Kennenlernen. Diesmal steht der Netzwerkgedanke im Vordergrund und ich gebe euch einen kleinen Wissensinput für Sachbuchautor:innen am Anfang, damit wir ins Diskutieren kommen. Gerade im Sachbuchbereich fehlt mir dieser kollegiale Austausch noch etwas etwas, der Projekte durch Feedback und neue Inspirationen voranbringt. Also schaut vorbei, stellt eure publizierten oder noch nicht angefangenen Projekte vor oder erzählt von euren Problemen.
Den Zoom-Link schicke ich am Mittwoch, den 20.3. im Laufe des Tages an alle Abonnenten. (Dieses monatliche Angebot für den Projektaustausch ist sonst nur für die zahlenden Mitglieder offen)
Ich freue mich darauf, viele von euch persönlich zu sehen…
Deine/Eure
Susanne Thiele
Beim nächsten Mal…
beschäftigen wir uns verstärkt mit der Gliederung deines Sachbuchs, mit der du deine Leser und Leserinnen verständnisvoll und logisch durch dein Buch führst.
Keine News verpassen und an den monatlichen Community-Treffen teilnehmen:
Für eure Planung hier auch schon die kommenden monatlichen Community-Termine 2024 per Zoom im Überblick (geplant jeden dritten Mittwoch im Monat):
Mittwoch, 20. März 2024 um 19:00 Uhr
Mittwoch, 17. April 2024 um 19:00 Uhr
Mittwoch, 15. Mai 2024 um 19:00 Uhr
Mittwoch, 19. Juni 2024 um 19:00 Uhr
Juli - Sommerpause
Mittwoch, 21. August 2024 um 19:00 Uhr
weitere folgen…
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Habt ihr aktuell Themen, die euch besonders unter den Nägeln brennen, dann schreibt mir sehr gern als Antwort auf den Newsletter.
Ich freue mich sehr über eure Nachrichten und nehme es auf meinen Redaktionsplan…
Eure Susanne Thiele