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Wir färben Ostereier in der Nacht. Wir bekommen vor dem Geburtstag unseres Liebsten nachts einen Nervenzusammenbruch, weil der Tortenguss auf dem noch warmen Kuchen nicht halten will. Wir feiern Kindergeburtstage als Mega-Event, bei dem schon drei Tage vorher die Erschöpfungsdepression winkt, weil neben Motivtorte und Deko auch noch das Animationsprogramm perfekt geplant sein will. 

So oft bewegen wir uns am Rand der Überforderung. So oft denken wir: "bin ich froh, wenn Weihnachten endlich rum ist. Bin ich froh, wenn der Geburtstagsstress vorbei ist. Bin ich froh, wenn die Kinder laufen / selbständig essen / durchschlafen / einfach groß sind. Weil der Stress, dem wir uns aussetzen, weil die permanenten Anforderungen an uns selbst, uns regelmäßig die Luft zum Atmen nehmen. 

Photo by Annie Spratt (Öffnet in neuem Fenster) on Unsplash (Öffnet in neuem Fenster)

Jahre verbringen wir einerseits damit, uns mit völlig überzogenen Ansprüchen zu überfordern. Weil wir es "perfekt" machen wollen oder mindestens so gut wie die Mutter nebenan. Weil wir unser Bestes geben wollen und glauben, dass wir eben täglich neu über uns hinauswachsen können. Auf der anderen Seite hoffen wir, die Zeit möge schnell vergehen, damit der Zustand permanenter Überforderung endlich aufhört. 

Es ist paradox: wir fixieren uns auf Perfektion und wüschen uns gleichzeitig, es wäre vorbei. Wir wollen die "Rolle" Mutter zu 100% erfüllen und sind doch viel zu oft nicht in der Lage, den Moment mit den Kindern zu genießen.

Hauptsache perfekt, denken wir. Und übersehen, wie groß der Preis ist, den wir dafür zahlen. 

Da läuft doch was falsch!

Weil 100% einfach nicht funktioniert. Weil es einfach nicht möglich ist, auf allen Hochzeiten zu tanzen ohne sich eine fette Erschöpfungsdepression zuzuziehen. Und weil der ganze Zirkus vermutlich sowieso einfach unnötig ist!

Denn wir können Ostereier auch fertig gefärbt kaufen: es gibt sie in allen Qualitäten und für jeden Geschmack. Ist dann halt nicht selbstgemacht - schmeckt aber vermutlich genauso gut. Und spart uns Stunden nachts in der Küche, die wir anders nutzen können: zum Schlafen beispielsweise.

Wir können, statt gestresst in der Küche zu stehen und zu backen auch einfach einen fertigen Kuchen kaufen und diesen einfach nur verzieren. Der Partner wird damit schon klar kommen, dass er fortan keine selbstgebackenen Torten mehr kriegt, sondern eine vom Bäcker oder Tiefkühlkonditor. Und wir, wir können abends einfach durchatmen und uns auf den nächsten Tag freuen!

Und weil enstpannte Eltern auf einer Kinderparty vermutlich viel wichtiger sind als ein professionell geplantes Fest, können wir uns einfach mal zurücklehnen. Und aktiv mitfeiern, anstatt im Partyhamsterrad zu strampeln.

Wir verpassen die Kindheit

unserer Kinder, wenn wir permanent sehnsüchtig in die Zukunft blicken und wenn wir hoffen, es möge "leichter" werden. Wir verpassen aber auch Jahre unseres eigenen Lebens. 

Wir verpassen auch die Möglichkeit, uns um das Jetzt aktiv zu kümmern. Damit es lebenswert und schön wird und nicht nur anstrengend. Wir verpassen die Chance, uns auseinanderzusetzen mit eigenen Ansprüchen und Notwendigkeiten. Lösungen zu suchen und umzusetzen. Damit Alltag leicht wird. Heute - nicht irgendwann!

Wir verpassen aber auch das Heute. Denn das Leben verläuft in kleinen Schritten. Wir verpassen es, den Moment wertzuschätzen und all die kleinen Nuancen zu sehen, die das Leben so lebenswert machen. 

Und überhaupt: wer garantiert uns, dass dieses "später" auch kommt? Dass es so eintrifft, wie wir es erhoffen? Dass der Plan, für ein paar Jahre die Zähne zusammenzubeißen sich überhaupt auszahlt, weil es am Ende halt einfach trotzem schwierig bleibt (vielleicht einfach nur anders)?

Woher nehmen wir die Gewissheit, dass es überhaupt ein "später" gibt? Wir könnten übermorgen vom Bus überfahren werden oder in einem Jahr Krebs kriegen. Wir leben so, als sei unser Leben nicht endlich. 

Ist es aber doch!

Es hat seinen guten Grund, dass wir im Alltag den Gedanken an die eigene Endlichkeit beiseite wischen. Und dennoch macht es Sinn, sich diese Tatsache zumindest ab und zu ins Gedächtnis zu rufen. 

Wenn das Leben endlich ist. Wenn wir nicht wissen können, wie viel Zeit uns noch bleibt: dann gestalten wir das Leben doch bitte so, dass es auch jetzt schon lebenswert ist und setzen nicht auf "irgendwann später". 

  • Schauen wir also bewusst, wo wir es uns einfacher machen können.

  • Hinterfragen wir, was "sein muss" und von welchen Vorstellungen wir uns lösen können.

  • machen wir Abstriche - ganz bewusst! Auch auf die Gefahr hin, dass es dann eben nicht mehr perfekt ist (wobei diese "Perfektion", für die man sich an die Grenzen der Belastbarkeit bringt, vielleicht ja auch sowieso nicht ganz so perfekt ist, wie sie scheint)

Mut zur Lücke also. Gut genug reicht in den allermeisten Fällen aus (zumindest dann, wenn wir gerade keine Operation am offenen Herzen durchführen). Atmen wir, genießen wir, nehmen wir in den Arm. Und gestalten wir das Leben mit Kindern so, dass es uns gut geht - heute, nicht "irgendwann später"! 

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