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Eine Wüstenwanderung der anderen Art

„Wir hätten beim Auto bleiben sollen!“

Sie ist stinksauer. Schon drei Stunden latschen sie nun durch die sengende Sonne Namibias. Sie war dafür gewesen, beim Auto zu bleiben, doch er hatte nur gesagt: „Kann nicht mehr weit sein bis Swakopmund. Lass uns laufen, das kann ewig dauern, bis hier ein Auto kommt.“

Insgeheim hatte er sich gefragt, warum um alles in der Welt sie diese Nebenstraße benutzt hatten. Jetzt war der Kühlerschlauch geplatzt und es gibt keine Chance, das Auto wieder zum Laufen zu bringen.

„Wir haben zwei Flaschen mit Wasser, das reicht.“ Er schnappt sich den Rucksack mit ein paar Utensilien und dem Reiseführer samt Karten und winkt ihr, ihm zu folgen.

Die Sonne scheint unerbittlich, die 40 Grad Marke ist schon seit einer Stunde überschritten. Dennoch schwitzen sie kaum, die Luft ist einfach zu trocken. Bereits seit einer Stunde nutzen sie das Wasser nur noch in winzigen Schlucken, doch eine Flasche ist schon leer.

„Bist du sicher, dass das Wasser reicht?“, fragt sie.

„Ja, das kann nicht mehr weit sein und wenn wir erst mal in unserem Ressort sind, dann bestellst du dir ein eiskaltes Wasser.“ Er grinst sie an.

Am Rande der Piste stehen ein paar Kakteen. Schade, dass sie nicht in ihren Reiseführer schauen, denn dort steht beschrieben, wie man sehr einfach die Flüssigkeit aus ihnen abzapfen kann.

Das Gehen im Sand ist anstrengend. Und im heißen Sand noch mal besonders. Kurz spielt sie mit dem Gedanken, die Schuhe auszuziehen und barfuß zu laufen. Vorsichtig drückt sie mit der Hand in den Sand, doch der ist brennend heiß. 

„Mann, der Sand ist glühend heiß! Wir können uns nicht mal hinsetzen!“ Leichte Panik schwingt in ihrer Stimme. „Hast du das Geld mitgenommen, dass wir uns wenigstens das Wasser kaufen können, wenn wir da sind?“

„Natürlich“, er zeigt auf seinen Rucksack, „alles da drin. Und red am besten nicht so viel, das gibt einen trockenen Mund.“

Während er überlegt, wie es hinter der nächsten Kurve aussehen mag, die ein paar hundert Meter von ihnen entfernt zu sehen ist, gehen sie achtlos an einem wahren Tummelplatz diverser Tierspuren vorbei. Schlängelnde Abdrücke von Eidechsen, hunderte von kleinen Käferspuren und kräftige Linien von Schlangen führen zu einer tiefer gelegenen Stelle neben der Piste.

Erst gestern hatten sie an einer Wüstenwanderung teilgenommen und der Führer hatte ihnen diese Spuren gezeigt: „Diese Spuren bedeuten Wasser!“ Und er hatte ihnen gezeigt, dass man im Zentrum dieser Spuren nur wenig graben muss, um das kostbare Nass zu erreichen.

Eine gute Stunde später und fünf Kilometer weiter geht auch die zweite Flasche dem Ende entgegen. „So langsam müssten wir das Ressort mal sehen“, wagt sie einzuwenden. Er grummelt nur. „Wie willst du denn weiterlaufen, wenn wir kein Wasser mehr haben?“

„Wir werden schon hinkommen.“ Er nimmt seinen Rucksack von der Schulter. „Lass mich mal auf die Karte schauen, das muss hier gleich sein.“

Während die beiden mit den Fingern auf der Karte feststellen wollen, wo genau sie eigentlich sind, ziehen über ihnen Blauracken und Wüstengimpel vorbei und landen in ca. 100 Meter Entfernung hinter einer leichten Erhebung.

„Darauf müsst ihr achten“, hatte ihr Führer gesagt, „wir nennen sie Oasenvögel, denn sie zeigen euch den Weg zum Wasser.“

Unsere beiden Wanderer wider Willen achten nicht darauf, viel zu sehr sind sie auf ihr großes Ziel konzentriert: das Ressort mit seiner Zivilisation und allem, was das Herz begehrt.

„Wie kommen wir dorthin?“

Diese Frage steht über allem anderen. Und sie gehen weiter. Ob sie angekommen sind, das weiß ich nicht.

“Wie komme ich dorthin?” ist eine große Frage.

Und ich fürchte, sie steht auch über dem Leben vieler Christen.

„Wie kann ich wissen, was Gott mit meinem Leben anfangen will? Was ist meine Berufung?“ Und dann schauen sie in die Zukunft, suchen das ferne Ziel, die Erfüllung ihrer großen Sehnsucht. Ihre ganze Aufmerksamkeit richtet sich auf dieses ferne Ziel.

Ich glaube, wir stellen uns selbst ein Bein, wenn wir diese Frage übermächtig werden lassen. Wenn wir uns zu sehr auf die Zukunft fokussieren, dann verlieren wir das Heute und jetzt aus den Augen.

Zum Nachdenken:

Will Jesus tatsächlich, dass wir so weit in die Zukunft schauen?

Oder will Er nicht vielmehr, dass wir uns um das Heute kümmern?

Eigentlich sagt Er es doch in aller Deutlichkeit:

„Macht euch keine Sorgen um den nächsten Tag! Der nächste Tag wird für sich selbst sorgen. Es genügt, dass jeder Tag seine eigene Last mit sich bringt.“(Matthäus 6,34; NGÜ)

Vielleicht kann man diesen Gedanken auch in Zusammenhang mit einem anderen bekannten Vers aus dem Matthäus-Evangelium bringen:

„Ein Mensch kann nicht zwei Herren dienen. Er wird dem einen ergeben sein und den anderen abweisen (…)“ (Matthäus 6,24; NGÜ)

Die Richtung solltest du kennen. Das ist das Reich Gottes. Dorthin bist du unterwegs.

Doch in den kleinen Schritten, heute und jetzt, lass dich von Gott führen.

Er kennt den Weg.

Jörg “heute ist wichtiger als morgen“ Peters