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Brusthaare und David Bowie

Hallihallo, oder wie wir in Hessen sagen: Ei Gude, wie?

Ich habe mich von Covid einigermaßen erholt, bin noch ein bisschen bedröppelt, kann aber wieder formulieren. Und deshalb habe ich heute ein Thema für dich, das erst trocken wirkt, aber wirklich sehr witzig ist: Die Nomenklatur in der Biologie, also die wissenschaftliche Benennung von Lebewesen. Was es mit dem Newslettertitel auf sich hat, erfahrt ihr im Laufe des Texts.

Einerseits gibt es die wissenschaftlichen Namen, also zum Beispiel Canis lupus familiaris; der dazu passende "Trivialname" lautet: Haushund. Wissenschaftliche Artnamen schreibt man immer kursiv, vielleicht ist es dir schon aufgefallen, dass ich das immer mache. 

Aber genug der Einführung – jetzt schauen wir uns mal an, was ich so an skurrilen Namen auftreiben kann. Los geht's:

Du stinkender Rötling!

Ich weiß nicht, ob du schon einmal durch einen Pilzführer durchgeblättert hast, aber die Namen dort sind häufig einerseits zum Schreien komisch, andererseits aber auch wirklich perfekt geeignet für Menschen, die etwas ausgefallenere und nicht so fiese Schimpfworte suchen. Ich habe hier einen Pilzführer neben mir, schauen wir doch mal rein und gucken, wer es hier faustdick hinter den Lamellen hat:

  • Säufernase (Kein Witz, ist wirklich ein Trivialname)

  • Bitterer Schleimkopf

  • Stinkschirmling

  • Schmieriger Düngerling

  • Falscher Pfifferling

  • Mist-Kahlkopf

  • Spei-Täubling

  • Kahler Krempling

  • Unverschämter Rübling (ich schwöre, der heißt wirklich so!!)

  • Schmutziger Rötelritterling

  • Filziger Schleimkopf

  • Grauhäutiger Scheidenstreifling

  • Filziger Milchling

  • Runzelige Koralle

  • Stinkender Warzenpilz

In der Biologie ist es halt so: Wer ein Lebewesen zuerst entdeckt und beschreibt, darf sich den Namen aussuchen – hauptsächlich den lateinischen Artnamen, aber man kann ja schon gleich mal einen lustigen Trivialnamen mitgeben. Why not?

Schauen wir uns mal an, was sich in der biologischen Namensgebung noch so tummelt, ich sag gleich: Es wird wild!

Brusthaare und Fashion-Statements

Die Hoff-Krabbe

Diese im Atlantik in der Nähe der Arktis lebende Krabbe verdankt ihren lustigen Trivialnamen dem Umstand, dass ihre Brust sehr stark behaart ist ... und die Forscher:innen dachten sich: Mensch, wer hat denn noch eben so ne behaarte Brust gehabt ... ach stimmt ja, Dings hier, na, David Hasselhoff! Diese Haare hat die Krabbe übrigens jedoch nicht einfach zur Deko. Diese Krabbenart lebt in der Tiefsee, und da man dort nicht alle 2 Meter auf Nahrung stößt, macht die Krabbe was ziemlich Cooles: Sie betreibt sozusagen Landwirtschaft – auf ihren Brusthaaren. Dort züchtet sie nämlich hitzeliebende Bakterien, die umso besser wachsen, je weiter sich die Krabbe an heiße Quellen heranwagt. 

Auf dem obigen Foto von Rogers et. al. sieht man eine Hoff-Krabbenkolonie, die heiße Schlote am Meeresgrund besetzt, um ihre Bakterien zu züchten. Krass, oder? Das sind sogar mehr Brusthaare an einem Ort zu sehen, als am Ballermann oder am Timmendorfer Strand. Das muss man erstmal schaffen.

Der Spanische Schal

Was ist dein erster Gedanke, wenn du dieses Tier siehst?

Die Forscherinnen und Forscher dachten sich: Ah, ein Schal, und wieso kein spanischer, ist doch alles so ausgefallen und farbenfroh da. Passt! Und so bekam diese an der Pazifikküste Nordamerikas lebende Meeresschnecke ihren Namen. Oder so ähnlich, zumindest denke ich mir das so. Ha!

Die Blumentopfschlange

Nein, diese kleine ursprünglich südostasiatische Dangernoodle hat keine Leidenschaft für die Gärtnerei.

Ihren Namen hat sie jedoch durch ihre unabsichtliche Verbreitung: Sie ist wirklich sehr klein und dünn und wurde durch Wurzelballen von Topfpflanzen, wo sie sich gerne mal einnistet und wo sie Insekten und ihre Eier wegsnackt, durch die ganze Welt verschleppt. Um eine neue Population zu gründen reicht schon ein verschlepptes Tier, weil sie sich durch Jungfernzeugung vermehren können, wenn kein Date verfürgbar ist. Deshalb findet man sie heute auf allen Kontinenten, außer in der Arktis – ist ja auch sau kalt da, Blumentöpfe hat da auch niemand, why bother?

Blödauge

Ja, also was man sich bei der Namensgebung dieser definitiv nicht blöden Schlange gedacht hat, weiß ich auch nicht. Einfach nur unverschämt, tzis.

Selber Blödauge, ey. Richtig filziger Milchling, der Namensgeber, oder?

Bambi und Leonardo DiCaprio

Aber auch bei den wissenschaftlichen Artnamen tummelt sich so einig Skurriles. Bisweilen kann man sich bei der Namensgebung vorkommen, als würde man durch Netflix zappen:

Gollum

Ja keine Ahnung, diese Hai-Gattung hätte sich selbst vielleicht lieber einen anderen Namen gewünscht. Nun denn.

Bambiraptor

Nawwww.... Was für ein kleiner Liebmann! Den Namen bekam er übrigens daher, dass der 14jährige Junge Wes Linster 1994 das Skelett in der Nähe des Glacier-Nationalparks auf dem Grundstück seiner Eltern entdeckte. Weil das Skelepp so zart und klein war, bekam es von der Familie den Spitznamen "Bambi" verpasst,  was Forschende dann auch übernommen haben.

Man hat ihm dann in der Rekonstruktion der Federn auch einfach so ein Bambi-Muster verpasst, weil naja: Wieso auch nicht? Wissen ja bisher eh nicht, wie genau die Dinos gefärbt waren, und können nur mutmaßen. Gelebt hat der Racker wohl in der Oberkreidezeit. Und "Racker" sage ich hier aus sicherer zeitlicher Entfernung, denn ein Treffen mit ihm wäre vermutlich nicht so niedlich gewesen, na ja.

Weitere gute Namen:

  •  Polemistus chewbacca – eine Grabwespe, die nach Chewbacca aus dem Star Wars Universum benannt wurde

  • Darthvaderum – Eine Hornmilbengattung, die ebenfalls einen Star Wars Namen trägt

  • Eriovixia gryffindori – Eine nach einem Hogwarts-Haus benannte Spinne

  • Grouvellinus leonardodicaprioi – ein nach Leonardi DiCaprio benannter Käfer

  • Spintharus leonardodicaprioi – eine Kugelspinne, ebenfalls nach Leonardo DiCaprio benannt. Also falls euch die Namen ausgehen beim Benennen, ich stehe sehr gern als Namenspatin zur Verfügung, hüstel.

  • Stichoplastoris asterix und Stichoplastoris obelix – zwei Vogelspinnenarten

  • Nelloptodes gretae – ein nach der Klimaaktivistin Greta Thunberg benannter Käfer

Übrigens gibt es am Frankfurter (Hach, Frankfurt!) Senckenberg-Institut (hach, Senckenberg-Institut!) einen Spinnenforscher, der seine Neuentdeckungen gern nach Prominenten benennt: Peter Jäger hat neu beschriebene Spinnen zum Beispiel nach David Bowie (Heteropoda davidbowie), Nina Hagen (Heteropoda ninahagen) oder Udo Lindenberg (Heteropoda ninahagen) benannt. Das ist witzig, hat aber auch einen wichtigen Hintergrund: So verschafft man Tieren Publicity, die vielleicht jetzt nicht unbedingt so im Zentrum der öffentlichen Tierliebe stehen.

Auch bei Insekten gibt es so einige witzige Namen: Getreidehähnchen (ein Käfer), Heiliger Pillendreher und Kleiner Waldgärtner, Tapezierspinne und die Wandelnde Geige sind nur einige von ihnen. 

Also ich finde ja, dass es endlich mal Zeit für eine Helix jasminschreiber ist, ich mein ja nur. (Wäre für mich die größte Ehre meines LEBENS. Buchpreise oder sonstwas, Filme, alles egal, aber eine Schnecke, ein Insekt oder ein Farn mit meinem Namen – alles erreicht). 

Und sonst so?

So. Ich hoffe, dir hat die aktuelle Ausgabe gefallen. Wir sind schon über 2.000 Abonnent:innen, von denen 170 Menschen entweder ein Farn, ein Elch oder ein Wal... Krass, oder? Das ist so fantastisch, denn mit den Beiträgen kann ich einen Teil meiner Ranger-Ausbildung zahlen, die im Mai beginnt, und zT meine Krankenkasse und Bücher. 

Wenn du meinen Content ebenfalls gut findest und zB den Betrag für einen Kaffee im Monat für mich übrig und Bock auf noch mehr Geschichten aus der Natur hast: Ich würde mich EXTREM freuen, wenn du Mitglied werden würdest, bitte nicht hauen wegen Eigenwerbung jetzt, aber na ja, ich kann halt nicht auf ner Wiese weiden gehen, muss also wie jede:r andere auch Geld verdienen, urgs – und  je mehr Mitglieder es hier gibt, umso mehr tollen Content kann ich liefern, weil ich mir Lizenzen für Fotos, Videos, Sounds und Co. leisten kann, sodass die Inhalte immer besser werden. Es ist also Win-Win! Mitglied werden >> (Öffnet in neuem Fenster)

So, das war es mal wieder. Was mir ebenfalls hilft: Erzähle gern anderen von dieser Natur-Kolumne, leite sie weiter, nerv deine Freundinnen und Freunde mit skurrilen Fakten aus dem Tierreich. :3

Alles Liebe und Danke fürs Lesen (ernsthaft: DANKE!)

Jasmin

PS: Hier siehst du mich 2010 oder 2011 auf einer wissenschaftlichen Exkursion auf der österreichischen Rax. Bin Gemsen hinterhergestiegen, hach, hach. Good memories.

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