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Fragen und Antworten

Er wünschte, er wäre Tarzan. Er hätte eine Liane, um sich über all das Chaos zu schwingen, das im Wohnzimmer vor ihm lag. Scholz hatte es gleich gesehen. Schon beim Betreten der Wohnung leitete der lange Flur den Blick durch den Türrahmen auf die Malaise. Überall verteilt lag Klopapier. Fein säuberlich abgerollt. Die Erde aus den unzähligen Blumentöpfen vermochte es nicht zu verbergen. Und zwischen Erde und Papier glitzerten überall Scherben in der noch immer hellen Sonne. Diese würde bald untergehen, das Durcheinander leider nicht mit ihr. Da war seine Tatkraft gefragt. All das sah er, nur nicht den einen: Olaf. Dieser wusste wohl, dass all das keine gute Idee gewesen war. Sich jetzt zu zeigen wäre noch weniger klug. Scholz rief nach Olaf. Olaf dachte sich: «Der Scholz kann mich mal.» Scholz dachte dasselbe. Scholz holte Schaufel und Besen. Olaf leckte sich in seinem Versteck die Pfoten. Scholz räumte auf. Olaf leckte sich das Fell am Bauch. Scholz entsorgte den gefüllten Abfalleimer. Olaf stolzierte zum Fressnapf. Er war leer. Olaf seufzte. Scholz war auch nicht mehr, was er mal gewesen war. Früher war der Napf immer gefüllt gewesen, Olaf der umsorgte Star des Haushalts.

Das hatte nicht nachgelassen, nein, das hatte aufgehört. Olaf verstand die Welt nicht mehr. Er hatte es Scholz nie so deutlich zeigen wollen, aber eigentlich mochte er ihn doch sehr. Er hatte gedacht, das wäre klar. Hatte dieser das nicht gemerkt? War es ihm egal? Mochte er ihn nicht genauso? Sah er ihn noch? Olafs Welt lag in Scherben. Schon lange. Er versuchte, diese zusammenzufügen, doch es entstand kein Bild. Er warf Vase um Vase von Tischen und Schränken, als wolle er sehen, wie man Scherben wieder zusammenflickt. Doch Scholz flickte nie, er warf weg. Stumm. Olaf blieb allein mit seinen Fragen. Scholz gab keine Antworten.

Als Scholz fertig war mit der Beseitigung des Chaos, sah er Olaf bei seinem leeren Napf stehen. Er füllte denselben, schaute Olaf beim essen zu, und sagte – mehr laut denkend als wirklich Olaf fragend: «Wieso machst du das nur? Ich habe dich so gerne und doch immer das Gefühl, nur dein Diener zu sein, der dir eigentlich egal ist.» Der Kater hob den Kopf, schaute Scholz an, und dachte: «Überall Fragen, und keiner hat eine Antwort.»

Kategorie Kurzgeschichten

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