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Wie du mit Antisemitismus umgehen kannst

Du brauchst kein historisches Spezialwissen, um souverän auf Antisemitismus reagieren zu können. Denn Antisemitismus ist Menschenfeindlichkeit. Und diese Feindlichkeit hat NICHTS mit dem realen Verhalten​ oder dem Glauben von Jüdinnen ​und Juden zu tun. Du musst also keine historische oder tagespolitische Aufklärungsarbeit leisten. Stattdessen kannst du Strategien lernen, um Antisemitismus im Alltag schnell zu erkennen – und dich ihm wirksam entgegenzustellen. 

1. Israelkritik oder Antisemitismus?

Natürlich darf eine Regierungspolitik kritisiert werden. Das tun auch israelische Staatsbürger*innen: Seit Januar 2023 ist z.B. eine der größten Protestbewegungen in der Geschichte Israels entstanden, weil viele ein Ende der unabhängigen Justiz befürchten. In Deutschland allerdings ist Israelkritik ohne Antisemitismus im Gepäck sehr selten: In einer großen Befragung hatten nur 10 Prozent der „Israelkritiker“ keine antisemitischen Überzeugungen.

Fragen, die du stellen kannst, wenn jemand (vermeintliche) Israelkritik äußert:

Beschäftigt sich die Person so kritisch und ausführlich auch mit anderen Regierungen und Konflikten? Stellt sie ihre pazifistischen Ansprüche genau so auch an andere Regierungen? Welche Fakten würden sie dazu bewegen, ihre Haltung ernsthaft zu hinterfragen?

2. Die Behauptung, es würde aktuell „zu wenig“ über das Leid im Gazastreifen gesprochen.

Von wem wird zu wenig über wessen Leid gesprochen? Wer legt fest, was die richtige Anzahl von Worten ist? Welche Überzeugung steht hinter der Forderung, nach einem Terroranschlag nicht über Terror zu sprechen? Welche Überzeugung steht hinter der Forderung, das Leid von Jüdinnen und Juden weniger sichtbar zu machen?

Eine mögliche Methode, um legitime Kritik an der Politik israelischer Regierungen von Antisemitismus zu unterscheiden, ist der 3 D-Test:

Dämonisierung: z.B. Vergleiche von Israel mit Nazi-Deutschland.

Doppelstandards: Ausschließlich die Politik Israels wird kritisiert.

Delegitimierung: Israel wird das Recht auf Existenz und Selbstverteidigung abgesprochen.

Sowohl Faktenbingo als auch die Bezeichnung als „Antisemit*in“ garantieren, dass ein Gespräch eskaliert. Das gilt online wie offline. Bei Personen im direkten Umfeld haben wir einen großen Vorteil: Unsere persönliche Beziehung. Wir haben die Chance, dass uns wirklich zugehört wird. Wenn wir unsere Kommunikation auf neue Füße stellen. Und ja, neu kommunizieren zu lernen, kostet Kraft. Aber immer wieder den gleichen Kampf zu verlieren, kostet uns so viel mehr.

Wenn wir uns vorbereiten und gute Fragen stellen, können wir genauer verstehen, welche Funktion die radikale Ideologie für unser Gegenüber erfüllt – und im zweiten Schritt Alternativen entwickeln, wie dieses Bedürfnis auch ohne Menschenfeindlichkeit gestillt werden könnte.

Quellen und Leseempfehlungen:

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