1 - Über Geduld
"Lerne von der Geschwindigkeit der Natur: ihr Geheimnis ist Geduld." - Ralph Waldo Emerson
Eine meiner größten Schwächen ist die Ungeduld. Ich habe oft das Gefühl, eine Chance zu verpassen, wenn ich länger warte oder über etwas zu intensiv nachdenke. Ich forciere Prozesse, indem ich eingreife, gehe zwei Schritte auf einmal oder lasse einen aus.
Doch nicht immer geht es gut, wenn das Tempo beschleunigt wird. Fehler passieren, die im schlechtesten Fall dazu führen, dass am Ende ein Projekt scheitert. Denken wir nur einmal an das Heizungsprojekt der Ampel. Auch hier haben vorschnelle Handlungen dazu geführt, dass ein ambitioniertes Projekt mehr als verschlankt wurde.
Emersons Worte erinnern mich daran, lieber einmal mehr innezuhalten und zu erkennen, dass alles seinen eigenen Rhythmus hat. Die Natur kennt keine Eile und doch können wir darauf vertrauen, dass sich aus der Eichel eine Eiche und aus dem kleinen Samen eine prächtige Blume entwickeln wird. Selbst wenn wir die Eichel drängen würden, endlich zu keimen, würde sie es nicht tun. Sie würde in ihrem Tempo voranschreiten, so wie es ihr Bauplan vorsieht, und schließlich zu einem großen Baum anwachsen. Nur weil wir es eilig haben, um einen Baum zu nutzen, überspringt die Natur keinen ihrer Schritte.
Nehme ich mir die Natur zum Vorbild, finde ich eine Botschaft, die mein eigenes Leben bereichert. Die Natur zeigt mir, dass jeder Schritt zählt, egal wie klein er ist. So oft kommt es vor, dass wir uns darüber ärgern, dass wir unser Ziel noch nicht erreicht haben, dass wir es kaum erwarten können, den Erfolg zu genießen. Während des Schreibens eines Buches fiebert der Autor dem Augenblick entgegen, wenn er das fertige Exemplar in den Händen hält. Die Freude darüber ist enorm, aber kurzweilig, weil schon die nächste Geschichte sprudelt. Wie wäre es also, wenn er den Weg bereits genießt? Seite um Seite verbringt er Zeit mit seinen Figuren, lässt sie wachsen und die Liebe kennenlernen. Er verbringt Zeit mit ihnen an Orten, die er nie in dieser Intensität wahrnehmen würde wie als Schöpfer der Welt seiner Figuren. Er, der Schriftsteller, ist mittendrin.
Oder denken wir einmal daran, wie sehr sich Eltern danach sehnen, dass ihr Kind das erste Mal „Mama“ oder „Papa“ sagt - um nur wenige Jahre später davon genervt zu sein, ständig gerufen zu werden. Klingt es dir auch im Ohr?
Vertrauen wir auf den Prozess und schätzen die Momente, die uns begegnen, lernen wir im Hier und Jetzt zu leben, dankbar für den Augenblick zu sein.
Ralph Waldo Emerson ermutigt mich dazu, im Einklang mit meinem eigenen Rhythmus zu leben, mich von meiner Ungeduld nicht weiter treiben zu lassen. Wie ist es mit dir?