Vom Federnteufel
Es ist eine besondere Freude beim Erzählen von überlieferten Volksmärchen zu wissen, welche Erzählerin oder welcher Erzähler dieses Märchen ursprünglich erzählte.
Und noch größer ist die Freude, wenn man - wie in diesem Fall - eine Zeitzeugin trifft, die auch noch dabei war, als das Märchen erzählt wurde.
Bei Symposion des burgenländischen Hianzen-Vereins lernte ich Dr. Gerlinde Körper kennen. Sie erzählte mir, dass sie die legendäre Erzählerin »Miazi Moam«, Maria Krautsack, noch persönlich kannte.
Aber beginnen wir die Geschichte von vorne:
Dr. Karl Haiding war einer der Volkskundler, die bei der Bergung des österreichischen Märchenschatzes besonders großartige Arbeit leisteten. Anfang der 30er- und dann wieder Anfang der 50er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts war Haiding unter anderem im Burgenland unterwegs, um Überlieferungen aufzuzeichnen.
So kam er in Grodnau bei Oberschützen zu der Erzählerin Maria Krautsack. Für die Leute war sie die »Miazi Moam«.
Haiding beschreibt sie als herausragende Erzählerin. Sie beeindruckte nicht nur durch die Art des Erzählens, sondern auch durch ihre natürliche Mimik und Gestik. Kurz: Sie war - wohl ohne es zu wissen - ein erzählerisches Gesamtkunstwerk. Deshalb machte Karl Haiding sogar Fotos von ihr beim Erzählen.
Auf dem Foto unterhalb ist die »Miazi Moam« in der Bildmitte beim Federnschleißen mit anderen Frauen zu sehen. Sie erzählt dabei das Märchen »Vom Federnteufel«. Links von ihr am Foto die 8jährige Gerlinde Körper als gebannte Zuhörerin.
Und mit der 80jährigen Gerlinde Körper waren wir in den letzten Tagen in der Gegend von Oberschützen und in Grodnau auf den Spuren der »Miazi Moam« unterwegs - siehe Foto. Die »Miazi Moam« und ihre mitreissende Art zu erzählen, vor allem auch wie sie beim Ausreissen der Federn den Spannungsbogen aufbaute, sind Gerlinde Körper auch nach über 70 Jahren noch ein lebendiger Erinnerung. Menschlicher kann man ein Märchen wohl nicht »verorten«. :-{)