#7 Homeschooling – Albtraum oder Perspektive?

Hola Uschis,
Halleluja – was für eine Woche! Was für ein Ritt. Das Leben ist so schnell und nimmt Kurven, die niemand vorher sehen kann. Und wir sitzen in unserem Wagen – je nach Ausgangslage, Umfeld, DNA, Glück, Zufall, Schicksal, Skills und Gesundheit ein mega Schlitten, eine Limousine mit Fahrer, eine gebrauchte Familienkutsche oder eine “Maulwurf-Kiste”, wie meine Kinder sagen (es gibt ein Buch vom kleinen Maulwurf, in dem er sich ein Auto zusammenbastelt, es ist zum Schreien, die Jungs haben so laut gelacht: “Der Maulwurf und sein kleines Auto”). Ja, so sitzen wir also und genießen die Fahrt – oder werden hin und her geworfen – je nachdem, in welcher Etappe unseres Lebens wir uns gerade befinden. Mit drei Kids sitze ich mit einem Champagnerglas und roten Lippenstift allein hinten und hab meine Ruhe, ist klar.
Letzten Donnerstag, bevor der Uschiletter an Euch rausging, saß ich in unserem zwölf Jahre alten Picasso, der sich als Künstler täglich weigert, Elektrik zu benutzen und jeden Morgen neue Fehler anzeigt, auf dem Weg zurück nach Las Palmas. Ich hatte gerade die Hände des Schuldirektors geschüttelt, der mich ab Montag abstellen will, wir haben vereinbart, dass ich mich am nächsten Morgen bei ihm melde, weil ich gewissen Details der Bezahlung und des Vertrags noch durchrechnen wollte und die Übergabe für Montag besprochen. Von meiner Seite aus ging es darum, dass ich noch nicht final zugesagt habe, das aber am nächsten Morgen erfolgen wird." “Wir telefonieren morgen früh.” “Adios.” Ich war nach fünf Jahren Homeoffice und Instagram also back in the “Real World Working with echten Menschen”-Game.
Die Situation
Nun, das hier wäre nicht der Healing-Uschi-Letter, wenn mir das Leben nicht etwas zum Lernen zugespielt hätte. Selbst schuld könnte man meinen. Vielleicht muss ich ihn umbenennen in “Happy Uschi Letter”. Manifestieren, dass es nichts mehr zu Lernen und Healen gibt. Ich werde ernsthaft darüber nachdenken und euch berichten. Aber erstmal nehme ich Euch jetzt in meinen Freitag – Folgetag des Vorstellungsgesprächs – mit.
Ich schrieb meine Nachricht, dass ich alles geprüft habe und mich freue, dabei zu sein.
Und dann passierte erstmal nichts.
Die Gefühle
Als eine Stunde später immer noch kein Anruf erfolgte, zwei Stunden später auch nicht, meldete sich eine gute alte Bekannte. Sie wohnt irgendwo in meiner Körperin, tief verankert und hat etwas zu sagen, wenn etwas nicht so läuft, wie erhofft. Ihre Stimme ist die meiner Mutter. Und ihr Tonlaut klingt in etwa so: “Nun ja, was war auch anderes zu erwarten. Hast Du echt gedacht, die nehmen Dich mit Kusshand?? Es war so klar, was denkst Du eigentlich, wer Du bist.”
Die Gedanken
Während ich mich auf dem Weg mache, meine Kinder von der Schule abzuholen, schaffe ich es, die Stimme zu ignorieren und ruhig zu bleiben. Ich bin mir sicher, dass er sich bei mir gemeldet hätte, wenn ich am Montag anfangen soll und dass er ganz sicherlich Gründe hat, warum er nicht anruft. Die Stimme bleibt aber hartnäckig und die Gedanken überschlagen sich dann eher in die Richtung, dass ich mir einrede, dass es schon losgehen wird am Montag. Dass ich ja nicht grundlos alles in den wenigen Tagen vorbereitet habe, um diese Stelle anzunehmen. Einen Mietwagen organisiert habe, mit dem Vater meiner Kinder alles abgesprochen habe. Mir Quellen für Lernmaterial rausgesucht habe. Meine eigene erwachsene Stimme sagt zwischendrin “gut, dass du noch nicht losgelegt hast”. “Es ist nicht okay, Dich so in der Luft hängen zu lassen.” Ich will zu dem Zeitpunkt alles – nur nicht der kritischen Mutterstimme gegenüber zugeben, dass es so aussieht als hätte ich den Job doch nicht.
Die Reaktion
Samstagvormittag rief der Schuldirektor an. Es täte im leid, es war sehr hektisch alles, aber sie haben jetzt doch noch jemanden gefunden, der mehr Erfahrung mit “schwierigen Kindern” habe. “Kinder mit reichen Eltern, die super Examen sehen wollen?”, frage ich. “Genau die”, sagt er. Er würde mich sehr gern anstellen, aber für eine andere Stelle, zu einem anderen Zeitpunkt. Mein Lebenslauf wäre mehr als beeindruckend und wir bleiben im Gespräch.
Ich lege auf. Und fühle Erleichterung. Weil es ein Wahnsinn wäre, diese Strecke jeden Morgen und Nachmittag zu fahren. Weil es okay ist, dass ich Anxiety auf der Autobahn habe, weil ein sehr enges Familienmitglied im ähnlichen Alter mitten im Familienalltag auf der Autobahn gestorben ist. Weil es unwahrscheinlich ist, dass mein Sohn ohne Masking in die Schule geht, nur weil seine Mama nicht mehr von zuhause arbeitet und er dann beschwerdefrei ist. Weil man in seine Aufgaben schon reinwächst – ja klar – aber eine Vollzeitstelle mit einstündiger Anfahrt von heute auf morgen nicht die Lösung sein muss. Es wird etwas anderes kommen.
Das Fazit
Als ich am Montag meine Kinder zur Schule bringe und mein Sohn mit zum millionsten mal deutlich sagt, was er davon hält, ich ihn anschaue, seine Qual sehe, die letzten Jahre Revue passieren lasse, weiß ich: an Homeschooling führt kein Weg mehr vorbei. Das Ob darf keine Frage mehr sein. Ich habe es bisher nicht gemacht, weil ich meine eigenen Grenzen sehr wohl im Blick habe und den Abstand von der Verantwortung am Tag in den Betreuungsstunden brauche. Ich bin in einem Haushalt aufgewachsen, in dem es für mich keine Berührung, kein offenes Ohr, keinen Frieden gab. Meine Kinder haben es anders. Um das zu gewährleisten, brauche ich die Pause. Meinem Sohn setzt meine Pause zu. Ich werde eine Lösung finden, die uns beide sieht und beantwortet.
Was meine Therapeutin sagt
Nichts.
Weil ich die Therapie aus Kostengründen nicht verlängert habe.
Letztens habe ich mir die Story einer Person aus Dubai angeschaut, die ich nicht mag (logical thinking right), die gefilmt hat, wie ihr Mann ihr einen Teller mit Süßigkeiten bringt, sie hat gerade ihr drittes Kind geboren. Sie echauffiert sich über den Teller, es wäre “der billigste Teller, den sie hätten”, “er sieht so billig aus, warum hast du gerade den genommen?? Er sieht aus wie von Ikea.”
Ich bin mir darüber bewusst, dass viele Menschen unreflektiert sind, besonders, was ihre Privilegien betrifft. Aber zu sehen, wie jemand öffentlich äußert, dass ein Ikea-Teller ein billiger Teller und etwas Peinliches ist, hat mich viel Ehrfurcht für meine Familie, mich und meine Arbeit fühlen lassen. Das, was ich mache – ehrlich mitnehmen, wieviel dazu gehört, Kinder groß zu ziehen und sich selbst niemals aufzugeben – ist wichtig.
Also hier ist sie – die Möglichkeit, dass Du mich dabei begleitest und hier in den wöchentlichen exklusiven Briefen jeden Donnerstag einen Einblick und so viel mehr erhältst:
Was ich Euch dafür verspreche: dass ich Euch mitnehme. Ohne Fake und Show. Dass ihr Euch auf meine Ehrlichkeit hier verlassen könnt.
Ich habe ein Jahr lang das Feedback meiner Therapeutin aufgeschrieben und werde es hier im Letter immer wieder einfließen lassen. Wenn sich die Situation finanziell stabilisiert, mache ich die Therapie weiter. Aber wer bin ich, so zu tun, als wäre es selbstverständlich, sich eine private Therapie leisten zu können. Als würde ich nicht rechnen müssen, krasse Entscheidungen treffen müssen, seit ein festes Einkommen im September weg gebrochen ist und nicht ersetzt wurde.
To be continued ..
Stay bold and strong
Un beso
Eure Uschi