Guten Morgen, Berlin-Brüssel-Beijing!
In Berlin müssen die Fachverhandler die Köpfe über einen möglichen Koalitionsvertrag zusammenstecken. Zugleich müssen die Koalitionsspitzen in Spe eine Zweifrontenklärung vornehmen: Zum einen muss Markus Söder die Freien Wähler einfangen, die sich noch zieren. Zum anderen muss insbesondere Friedrich Merz die Grünen bezirzen. Oder ihnen zumindest ein glaubhaftes Angebot unterbreiten.
Die Grundlage lag bereits während der gestrigen, durchaus emotionalen Bundestagsdebatte vor: Ein Änderungsantrag von CDU/CSU und SPD zum Entwurf eines Gesetzes zur Schuldenbremse.
Zur Erinnerung: Noch bilden SPD und Grüne im 20. Bundestag eine Koalition, die die gemeinsame Minderheitsregierung trägt. Dass CDU/CSU und SPD gemeinsam einen Antrag einbringen ist per se schon eine Konstellation, über die sich zu sprechen lohnen würde. Aber derzeit gibt es wichtigeres.
Dieser Entwurf soll, vielleicht mit weiteren Änderungen, bereits heute als Ausschussempfehlung im Haushaltsausschuss beschlossen werden. Mit der ersten Fassung wird bereits das Wort Klimaschutz als Teil des Ziels für das geplante 500-Milliarden-Sondervermögen mit aufgenommen. Und die Forderung der Grünen danach, dass die Aufweichung der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben auch für Nachrichtendienste und Zivil- und Bevölkerungsschutz gelten soll, ist ebenfalls aufgenommen.
Aus Sicht der Koalitionäre — vor allem der Union — sind das große Zugeständnisse, aus Sicht der Grünen eine Selbstverständlichkeit. Ein Detail allerdings ist tatsächlich für die Grünen-Ziele wichtig: Bis zu 50 Milliarden Euro sollen zudem in den Klima- und Transformationsfonds, den KTF übertragen werden. Bei den 100 Milliarden für die Länder (und damit die Kommunen) ändert sich jedoch nichts, sie bleiben an die Infrastruktur geknüpft.
Das ist insbesondere bei Katastrophenhilfe und Zivilschutz eine Mogelpackung: Denn nur der Zivilschutz ist originäre Bundesaufgabe -- der Katastrophenschutz ist Angelegenheit der Länder, die diese Aufgabe in der Regel Kommunen, Landkreisen und ähnlichen Gebietskörperschaften teilweise oder ganz übertragen. Wird das nicht geändert, kann der Bund zwar das Technische Hilfswerk und das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe mit Mitteln aufrüsten. Aber vor Ort passiert dadurch noch lange nichts, selbst wenn Infrastruktur-Mittel durch das Sondervermögen freigemacht würden.
Die zweite Stolperfalle: 12 Jahre soll eine Bewilligung der Gelder nun möglich sein. Das heißt, dass die Mittel irgendwann in den kommenden 20 Jahren abfließen könnten. Denn eine Bewilligung ist genau das: die rechtliche Ermächtigung dazu, später Geld gegenüber der geldgebenden Stelle abzurechnen. Dass das teils viele Jahre dauert, gerade wenn passende Förderrichtlinien erst noch erarbeitet werden müssen, ist allen Beteiligten hoffentlich klar.
Unklar ist aber, was die Grünen über diese Vorlage hinaus noch von Friedrich Merz abverlangen können. Oder ob sie Merz, dem sie den Wahlkampf und sein Verhalten nach wie vor übel nehmen, tatsächlich vor die Wand der Neukonstituierung laufen lassen, wenn der nicht spurt. Eigentlich müsste das die logische Konsequenz sein, nachdem Fraktionschefin Katharina Dröge ihm scharfe persönliche Vorwürfe machte: Wer meint, dass jemand nicht fit fürs Kanzleramt sei, der darf diesem eigentlich auch nicht den Weg dorthin ebnen.
Eine Meinung, die auch in Union und SPD hinter vorgehaltener Hand viele teilen. Doch die kurzfristige Alternative zu Merz wäre: Chaos. Und davon gibt es derzeit eben auch schon genug. Um einen wichtigen Teil dieses Durcheinanders soll es in diesem kleinen, handgeklöppelten Newsletter heute auch noch ein bisschen gehen — nach der Paywall, die Abonnenten hier gar nicht sehen…
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Falk Steiner
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