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Mehr Reviews! (FUZE 84)

Auch dieses Mal mussten wir am Ende auf vieles aus Platzgründen verzichten. Hier findet ihr alle Reviews, die es nicht ins Heft geschafft haben.

COLD YEARS

Paradise

Böse Zungen werden vielleicht behaupten, dass COLD YEARS den Abfall von THE GASLIGHT ANTHEM nach Ideen durchwühlt haben. Allerdings ist dieser Vergleich absolut nicht haltbar, denn Brian Fallon wäre wohl selbst noch mal panisch zur Mülltonne gerannt, sobald ihm bewusst geworden wäre, was er da weggeworfen hat. Für die Songs der Jungspunde aus Aberdeen würden Fallon und seine Band, sofern sie überhaupt noch existiert, mindestens ihren alten weißen Lincoln, aber wahrscheinlich den ganzen Fuhrpark hergeben, den sie immer besungen haben. Aber genug mit den Vergleichen mit der Band aus New Jersey, denn „Paradise“ glänzt wirklich für sich selbst. Die Kunst liegt bei diesem Album darin, einfach gute Songs zu liefern und dabei nicht den Fehler begehen, künstlerischen Ambitionen das Feld zu überlassen. Dadurch ist die Musik direkt, nahbar und glaubhaft emotional. Glaubwürdig sind COLD YEARS aber sowieso, weil die vier Schotten nicht klischeemäßig den Amerikanischen Traum besingen, stattdessen bringen sie die Verzweiflung junger Briten über den Brexit zum Ausdruck – auch wenn sie, nur zur Sicherheit, bei der Wortwahl doch lieber extra dick auftragen. Schon der Opener „31“ hat genug Pathos für einen ganzen Roland Emmerich-Film und wahrscheinlich kommt das Stadion lange vor dem Punk ins Ziel. Aber ist das schlimm? Keinesfalls, das muss so! (eOne)

Christian Biehl

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INTER ARMA

Garbers Days Revisited

Coverversionen gehen immer! Je extremer, desto besser, das hatte man erst kürzlich bei dem Coveralbum „Grungetown Hooligans II“ von MANTAR gesehen. Natürlich kann man solch einem Konzept immer Einfallslosigkeit unterstellen, andererseits ist es auch eine große Kunst, die Seele eines Songs zu bewahren und gleichzeitig etwas komplett Eigenes daraus zu machen. Darin liegt sicher auch der Reiz des aktuellen INTER ARMA-Albums „Garbers Days Revisited“ – der Titel verweist sowohl auf das Coveralbum „The $5.98 E.P. – Garage Days Re-Revisited“ von METALLICA als auch den mittlerweile geschlossenen Proberaumkomplex in Richmond, Virginia, wo INTER ARMA beheimatet sind. Bisher zeichnete sich der INTER ARMA-Sound durch eine originelle Vermischung von Doom, Prog, Post-Metal, Sludge und Stoner aus, dem natürlich auch die acht Songs von „Garbers Days Revisited“ unterworfen wurden. „Scarecrow“ von MINISTRY, „Hard times“ von CRO-MAGS, „March of the pigs“ von NINE INCH NAILS, „In league with satan“ von VENOM und selbst „The girl who lives on Heaven Hill“ von HÜSKER DÜ sind dabei gar nicht mal so weit vom eigenen heavy Trademark-Sound entfernt und funktionieren dementsprechend hervorragend. Zur musikalischen DNA von INTER ARMA gehören außerdem aber auch Neil Young und Tom Petty, deren Songs „Southern man“ (von „After The Gold Rush“, 1970) und „Runnin’ down a dream“ sie wirklich höchst originell assimilieren konnten. Von „Purple rain“ von Prince hätten sie aber vielleicht besser die Finger gelassen. (Relapse)

Thomas Kerpen

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LIVING GATE

Deathlust

Der Titel der MCD ist programmatisch zu verstehen: „Deathlust“. Vier Musiker, die sich ansonsten in oder mit YOB, WIEGEDOOD, OATHBREAKER und AMENRA verdingen, haben ein neues Outlet auf die Beine gestellt, um Death Metal im Oldschool-Gewand zu frönen. Das liegt im Trend und darf im Zusammenspiel der erfahrenen Musiker als gelungen gewertet werden. Die fünf Tracks ergeben eine gut 18-minütige Spielzeit, die vor allem mit dem Wechsel jäher Blastbeats und groovigem Midtempo gefüllt wird. LIVING GATE interpretieren ihren Ansatz düster, drückend und unstet. Die Songs sind in der Tradition von Genre-Größen wie MORBID ANGEL und SUFFOCATION angelegt, was direkt den Verweis auf die gegebene technische Schlagseite von „Deathlust“ berücksichtigt. Das Material der MCD stellt für den Moment klar, dass sich die Beteiligten im Brutalo-Death Metal ausleben und dabei ihren alten Helden nacheifern wollten. Ob oder wie es bei LIVING GATE weitergeht, bleibt abzuwarten. Das Streben nach Eigenständigkeit oder die mutige Integration anderer Stilelemente sollten auf einem möglichen Album unbedingt in Angriff genommen werden, denn sonst trägt der Ansatz des Quartetts nicht lange. (Relapse)

Arne Kupetz

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LUCTONE

Luctone

Dass die Corona-Pandemie auch eine Menge Kreativität freisetzt, beweist Florian Kochinke mit seinem neuen Projekt LUCTONE. Die sieben Tracks auf dem selbstbetitelten Debüt offenbaren einen Mix aus unaufdringlichem Post- und relaxtem Indierock, der bestens als Hintergrundmusik und zum Entspannen dient. Bereits bei „Homesake“ schwingt die Stimmung von motivierend auf nachdenklich und bedrückend um und lässt den Track auf harmonischer Art und Weise spannend werden. Generell ist „Luctone“ ein gut produziertes Stück Instrumentalmusik, das mit seinen euphorischen, aber auch melancholischen Parts für angenehme Atmosphäre sorgt. (DIY)

Rodney Fuchs

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MORLA

F# oder stirb

In Zeiten von High Fidelity-Streamingdiensten, kabellosen Kopfhörern mit Geräuschunterdrückung und weiteren unzähligen technischen Geräten, die einem Musikgenuss in bester Qualität zu akzeptablen Preisen ermöglichen, gibt es immer noch Romantiker und Vintage-Enthusiasten wie MORLA unter uns. Sie bringen ihre Platte „F# oder stirb“ auf Kassette raus. Streamen kann man das Album trotzdem, aber dann muss man auf das Summen des Kassettentransports, das Umdrehen nach der Hälfte der Songs und den möglichen Einsatz von Bleistiften verzichten. Als Kategorie wird mir „Rock“ angezeigt, wobei ich die Platte eher im Großbereich des Punk unterordnen würde. Viel Spoken Words, wenig Zerre auf den Gitarren und vielleicht ein kleiner Schimmer von Hamburger Schule ergeben die Mischung, nach der MORLA klingen. Blendet man den Gesang aus, klingt es ein wenig wie eine spontane Jamsession. Keiner weiß so recht, wo es hingeht, aber alles passt zusammen. Das wäre auch einer der Kritikpunkte an dem Album. Es fehlt manchmal die klare Linie, aber ich bin mir sicher, dass das von der Band zu hundert Prozent so beabsichtigt ist. Wem’s gefällt, gefällt es. In jedem Fall kann man „F# oder stirb“ ins Special-Interest-Regal einsortieren. (Dunkelziffer)

Joscha Häring

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NOFX & FRANK TURNER

West Coast Vs. Wessex

Ab und an führen Schnapsideen zu grandiosen Platten. So zumindest im Falle von Frank Turner und NOFX. Unterbreitete NOFX-Frontmann Fat Mike Mr. Turner die Idee zu einer gemeinsamen Split Album noch zwischen Tür und Angel auf einem Festival, ist dies nun Realität geworden. Ein Duell: Punkrock vs. Folk, USA vs. UK, „West Coast Vs. Wessex“. Jedoch auch eines, bei dem es nur Gewinner gibt, und zwar uns Zuhörende! Beide Kontrahenten nehmen sich hier je fünf Songs des jeweils anderen vor und verpacken diese in ihrem eigenen Sound und heraus kommen Klassiker, wie wir sie noch nie erlebt haben. So schafft es Frank Turner Punk- und Ska-Stücken einen völlig neuen Anstrich im folkigen Punkgewand zu verpassen. So wird das von Trompeten und krachenden Gitarren getriebene „Bob“ zu einer countryesken Ballade oder die Reggae-Nummer „Eat the meek“ zum Alternative-Rock-Song mit treibenden Bassläufen und einem sich auftürmenden Schlagzeug. NOFX hingegen konzentrieren sich überwiegend auf das Frühwerk Turners und liefern, was man von der Band erwarten kann: kompromisslosen Punk mit einem Touch von Ska-Einflüssen. So viel Energie haben Frank Turner-Songs selten gehabt. „West Coast Vs. Wessex“ ist ein Projekt, das voll aufgeht und sowohl Frank Turner- als NOFX-Fans glücklich zurücklassen sollte. Das ist ist ganz großes Kino! (Fat Wreck)

Christian Heinemann

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PANZERBALLETT

Planet Z

Ausgewiesene Takteknobler dürfen jetzt feuchte Augen bekommen: Denn Jan Zehrfeld und Co. hauen mal wieder einen raus. Zehrfelds Plan in diesem Fall: Einfach mal so Leute wie Marco Minnemann, Virgil Donati oder Hannes Grossmann fragen, ob sie nicht Bock auf ein bisschen abgefahrene Trommelei haben. Hatten sie. Und was dabei herauskommen würde, wenn genannte Schlagzeug-Schwergewichte und der Münchner Frickelkünstler gemeinsame Sache machen, war abzusehen: ein wildes Spektakel. Da wird Wagners „Walkürenritt“ mal eben durch den Jazz-Wolf gedreht, der Rhythmus des SOS-Morsecodes zur Grundlage für einen kompletten Song und eine Big-Band-Bläser-Fraktion zum völlig selbstverständlichen Bestandteil eines Mathcore-Brockens. Müßig zu erwähnen, dass es sich bei „Planet Z“ um absolute Nischenkost handelt, die selbst eingefleischte PANZERBALLETT-Fans so richtig überfordern dürfte. Nebenbei wird die Scheibe wohl dafür sorgen, dass Heerscharen von Hobbymusikern, aber auch diverse Genrekollegen sich wohl mal Gedanken darüber machen, ob sie ihre Freizeit nicht mit anderen Dingen verbringen wollen. Einfach nur krass. (Soulfood)

Anton Kostudis

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THE PINEAPPLE THIEF

Versions Of The Truth

Wenn es darum geht, einen smoothen Sound zu haben, sind THE PINEAPPLE THIEF ganz weit oben mit dabei, wie auch das neue, gesellschaftskritische Album „Versions Of The Truth“ vermittelt. Spätestens seit dem Release von „Your Wilderness“ und dem Engagement von Ex-PORCUPINE TREE-Drummer Gavin Harrison führt in der Prog-Rock-Welt kein Weg mehr an den Briten vorbei. Doch steckt in THE PINEAPPLE THIEF mehr als nur das virtuose und ausgeklügelte Schlagzeugspiel mit den vielen rhythmischen Verschiebungen. Durch einen stark Synthie-lastigen Sound, den emotionalen Gesang Bruce Soords und die atmosphärischen Gitarren wirkt „Versions Of The Truth“ zwar irgendwie retro, aber dennoch so frisch und neu, wie es in der Prog-Schiene nur noch selten der Fall ist. Ihre Versionen der Wahrheit sind so detailliert akzentuiert, aber dennoch eingängig und auf angenehme Art und Weise poppig, dass man nicht direkt merkt, wie viel musikalische Raffinesse nötig gewesen ist, um ein solches Werk zu kreieren. „Versions Of The Truth“ reiht sich als weitere Veröffentlichung in den Kscope-Katalog ein, der zu einem eigenen Qualitätssiegel geworden ist und der Bezeichnung Post-Progressive in vielen Facetten absolut gerecht wird. (Kscope)

Rodney Fuchs

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RAINCHECK

Last Call

Davon hat in diesem Jahr doch jeder die Nase voll? Ein „Rain check“ ist nämlich nicht nur der Blick aus dem Fenster, ob der KID DYNAMITE-Windbreaker über das SAMIAM-Shirt gezogen werden muss. Vielmehr bezeichnet das einen Ticket-Gutschein für eine – nicht nur wegen schlechtem Wetter – verschobene Veranstaltung. Das trifft nun auch die Lyoner Emo-Punks RAINCHECK, die mit „Last Call“ eigentlich wieder ins Vorprogramm von Fat Wreck- und Epitaph-Bands wollten. Wie auf ihrer ersten EP „True Love“ texten die Franzosen englisch und sprechen akzentfrei LIFETIME. Das bedeutet treibende Drums, mit Gitarren und Gesang immer mittig zwischen Rotz und Romantik. Das ist ein bisschen Nachahmerei, verfügt aber auch über ein bisschen Hitpotenzial. Die sechs Songs bekommt man digital oder als einseitig bespieltes Twelve-Inch-Vinyl. (Krod)

Ingo Rieser

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SERPENT OMEGA

II

Die Schweden machen es einem mit ihrem passend betitelten zweiten Album gar nicht so leicht. Bei einer Mischung aus verschiedenen Metal-Genres und Post-Rock setzen sie auf Dynamik. So weit, so gut. Es wird den einen oder anderen aus den Schuhen heben, Urskogr zu hören, der von Klargesang bis zu bitterbösen Schreien alles abdeckt. Dabei erschließen sich die Kompositionen des Quartetts trotz komplexer Strukturen sofort und bleiben stets nachvollziehbar. Durch eingestreute Leads und Soli merkt man, dass SERPENT OMEGA, anders als so viele andere Gruppen in dieser Stilrichtung, eher einen Metal- als einen Punk-Background haben. „II“ wirkt dadurch facettenreich und spannend. Nie weiß man, was man bekommt, das abschließende, beschwörerische „Av aska“ ist das beste Bespiel dafür. Haben sie für das Zweitwerk gut sieben Jahre benötigt, kann man sich ob der Qualität des Materials nur wünschen, dass SERPENT OMEGA bis zum nächsten Album nicht wieder so lange brauchen werden! (Icons Creating Evil Art)

Manuel Stein

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SHATTER BRAIN

Pitchfork Justice

Das Konzept hat Steve Lehmann mit einem typischen Thrash-Metal-Artwork treffend illustriert: Ein armer Teufel wird vom Mob gehetzt und vom Gesetz erschlagen. Es ist nicht nur der abgebildete Schlag auf den Schädel, der bei „Pitchfork Justice“ für Kopfzerbrechen sorgt. Zunächst scheint der rote Faden, der sich durch das Debüt der Band aus dem australischen Adelaide zieht, nachvollziehbar. SHATTER BRAIN thematisieren die Online-Kommunikationskultur, die Abkehr von der Wissenschaft zugunsten unbewiesener Meinungen, die Mob-Mentalität, die sich in Kommentarspalten zum Shitstorm ballt. Wer kennt es nicht? Wenn SHATTER BRAIN die Meinungsfreiheit gegen „political correctness“ verteidigen wollen, klingen sie aber schnell selbst wie das „wird man wohl noch sagen dürfen“ der Trolle. In „Fencesitter“ fordern sie, sich doch für die richtige Seite zu entscheiden, und man hofft, den Gag nicht verstanden zu haben. Kopfschmerzen hat man in der Mitte von „Pitchfork Justice“ schon, weil SHATTER BRAIN drei bis fünf Bands zugleich sein wollen. So wie der talentierte Sänger Tom Santamaria mehrfach pro Satz den Gesangsstil wechselt, hüpfen SHATTER BRAIN auf einem soliden Thrash-Fundament zwischen Metal- und Deathcore, Black und Death Metal hin und her. Ihre oft einfach zu langen Songs erscheinen als Grabbelkiste, in der hervorragende Gitarren- und Gesangsparts unübersichtlich zusammengeworfen wurden. Das ist schade, denn es blitzt immer wieder große Klasse hervor. (WormHoleDeath)

Ingo Rieser

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SODOMISERY

The Great Demise

Bei Musik aus dem DIABOLICAL-Umfeld muss man immer aufpassen, denn es könnte passieren, dass man einem hier seine Lebenszeit stehlen möchte. Zum Glück verflüchtigt sich diese Angst beizeiten. SODOMISERY verstehen ihr Handwerk und erinnern in Sachen Melodieführung oft an frühe AMON AMARTH oder die leider von uns geschiedenen EVOCATION. Will heißen, dass man Teile der getragenen Gitarrenarbeit auch gut in einer Black-Metal-Band unterbringen hätte können. Songs wie „Reapers key“ oder „The messenger“ gehen sogleich ins Ohr. Unnachgiebig von Viktor Eklund angetrieben, glänzt die Band mit einfachen, aber effizient eingesetzten Mitteln. So bekommt man mit „The Great Demise“ ein Album, dass das Genre auf keinen Fall revolutioniert, in Sachen Stimmung und Melodien aber stets zu unterhalten weiß. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. (Testimony)

Manuel Stein

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SYMMETRIC ORGAN

Amazing Disgrace

Bei diesen Dortmundern zählt nicht das Morgen, sondern allein das Hier und Jetzt. SYMMETRIC ORGAN haben hörbar Spaß daran, zu blasten und komplexen Metal zu spielen. Das und nichts anderes tun sie auf ihrem zweiten Werk. Die NRW-Kombo ist 2006 als Projekt neben EXPOSED GUTS gegründet worden und hat spätestens seit der Komplettierung des Line-ups im Jahr 2013 so richtig Fahrt aufgenommen. Das Debüt „States Of Decay“ datiert aus dem Jahr 2016. Nun gibt es Nachschlag. Das Quartett inszeniert 37 rigorose, heftige Minuten. Im Fokus steht ein brutales und doch auch variables Gesamtbild. Um das zu erreichen, verbinden SYMMETRIC ORGAN Death Metal und Grindcore, wobei sich die Gewichtung der Zusammensetzung von Song zu Song unterscheidet. Wichtig ist, dass der Ruhrpott-Vierer auch Melodien einarbeitet und wahrnehmbare Spannungsbögen umsetzt. Primär wird geblastet, gefrickelt und gerüpelt, doch das geschieht nicht zum Selbstzweck. SYMMETRIC ORGAN achten auf ein verbindendes, nachvollziehbares Songwriting. Darin äußert sich die langjährige Erfahrung der Beteiligten, die mit „Amazing Disgrace“ in Eigenregie ein gelungenes Album vorlegen. (DIY)

Arne Kupetz

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TEMPLE OF DREAD

World Sacrifice

Die Ostfriesen legen direkt nach. Mit dem letztjährigen Debüt „Blood Craving Mantras“ ist TEMPLE OF DREAD ein denkbar guter Einstand gelungen, der das Trio rabiat in der Oldschool-Death-Szene etabliert hat. „World Sacrifice“ schlägt nun in dieselbe Kerbe, präsentiert den intuitiv aufgesetzten Stil der Norddeutschen aber noch einen Tick abgeklärter und zielgerichteter. Das verwundert nicht, wenn man sich vor Augen führt, dass die Gruppe gerade einmal seit 2017 besteht und sich nach wie vor entwickelt. Die düstere Anmutung der neuen Platte überzeugt auf breiter Front. Für das im Rahmen des Band-Ansatzes immens variable Songwriting gilt das ebenso. Jenseits des satten Tempos und der gefühlt omnipräsenten Riff-Salven gibt es bei TEMPLE OF DREAD auch im rhythmischen Bereich viel zu entdecken und mehr stützende Melodie, als man es im ersten Moment wahrnimmt. Das zahlt klar auf die Substanz von „World Sacrifice“ ein und sorgt dafür, dass man sich an dem Sound der Ostfriesen nicht so schnell satthört. Diesbezüglich ist es bezeichnend, dass das MORGOTH-Cover „Sold baptism“ – zumal unerwartet nah am Original – als eher verzichtbar einzuordnen ist. Die Eigenkompositionen von TEMPLE OF DREAD sind schlicht besser. (Testimony)

Arne Kupetz

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THORNHILL

The Dark Pool

Schon wieder eine starke australische Metalcore-Band: THORNHILL aus Melbourne dürften auf ihrem Gebiet zu den vielversprechendsten Acts der kommenden Jahre zählen. Übertrieben? Keineswegs! Wie ihren Landsleuten POLARIS, DREAM ON DREAMER, THE AMITY AFFLICTION, NORTHLANE oder eben PARKWAY DRIVE liegen ihnen energetische Gitarren, kraftvolle Shouts und sphärisch-theatralische Melodien im Blut. Mit ihrem Debütalbum „The Dark Pool“ präsentieren die fünf Jungs progressiven Metal in einem eigenen, anspruchsvollen Gewand: polternde Rhythmen, elektrisierende Riffs, messerscharfe Cleanvocals und wuchtige Shouts, dabei ganz viel Atmosphäre. Und obendrein: technische Finessen, ohne das Ohrwurmpotenzial zu verlieren („The haze“). Bei ihrer schier unbegreiflichen Intensität verlieren THORNHILL dennoch nicht ihr Gefühl für die ruhigen Momente, scheuen sich nicht, das Tempo rauszunehmen und einzelne Instrumente sprechen zu lassen. Und als wäre das nicht genug, setzen sie sich mit dem letzten Song der Platte selbst die Krone auf. „Where we go when we die“ begeistert mit höchster Vielfalt: mal draufgängerisch laut, dann zaghaft leise. Insgesamt ist „The Dark Pool“ ein kurzweiliges Album, mit dem seine Macher beweisen, zu Recht Anwärter auf einen festen Platz in dieser starken australischen Metalcore-Szene zu sein. (UNFD)

Jeannine Michèle Kock

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TOMORROW’S RAIN

Hollow

An Israel ist der Neunziger-Jahre-Gothic-Metal auch nicht spurlos vorbeigegangen. Dazu haben TOMORROW’S RAIN sich noch die Größen der damaligen Szene eingeladen. PARADISE LOST, MY DYING BRIDE und MOONSPELL, um nur ein paar Bands der Gastmusiker zu nennen. Rein musikalisch geht es meist jedoch weniger metallisch zu, als man es vermuten könnte. Hier schielt man schon fast in Richtung der eigentlichen Einflüssen des Gothic Metal in den Achtzigern. TOMORROW’S RAIN nehmen sich viel Zeit für ihre Kompositionen, kaum ein Song kommt ohne Überlänge aus. Dafür sind die Arrangements dann umso ausgefeilter. Das Ergebnis ist eine hochintensive Platte, bei der man, auch durch die Gäste, die Einflüsse klar wahrnehmen kann, nichts kopiert oder geklaut wirkt. Fans der eingangs genannten Bands sollten unbedingt reinhören. (AOP)

Manuel Stein

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WAVES LIKE WALLS

Waves Like Walls

2012 gegründet, bringen WAVES LIKE WALLS nach einigen EPs und Singles nun ihr erstes Album an den Start. Zehn Songs in dreißig Minuten umfasst das selbstbetitelte Werk, angesiedelt irgendwo zwischen klassischem Metalcore und sehr metallischem Hardcore, auf dem sich die Ingolstädter technisch sehr versiert durch alle dem Genre typischen Facetten spielen. Viel Innovation lässt sich dabei leider nicht erkennen. Soundtechnisch klingt hier für eine Do-It-Yourself-Produktion alles recht rund. Lediglich dem Schlagzeug hätte der eine oder andere Punch im Mixing und Mastering nicht geschadet. Dabei ist es natürlich unfair, das mit den Produkten großer Labels zu vergleichen. Im Großen und Ganzen findet sich auf diesem Album nichts Schlechtes, jedoch hat man stetig das Gefühl, alles schon einmal irgendwann gehört zu haben. Wer jetzt damit ankommt, dass dies bei Metalcore – der ja bekanntlich seit Jahren tot ist – schon immer so war, dem muss ich deutlich widersprechen. In den letzten zwei Jahren hat uns gerade dieses Genre häufiger überrascht, als die ganzen Hater zählen können. Wenn auch technisch nahe an der Perfektion, bleiben die Überraschungen hier leider aus. (DIY)

Andreas Regler

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WOLVES DEN

Misere

Na, wer erkennt die Stimme? Genau, es ist der gute, alte Helge, der mit seinem charismatischen Gesang die ersten beiden EQUILIBRIUM-Alben vergoldet hat. Mit Pagan Black Metal hat das vorliegende Werk jedoch wenig zu tun, auch wenn mit Schlagzeuger Manu Di Camillo ein weiterer Ex-EQUILIBRIUM-Musiker an Bord ist. Vielmehr versuchen sich die Münchner an atmosphärischem Death Metal, der ab und an in Richtung Black Metal schielt. Dabei fällt schon zu Beginn auf, dass in Sachen Produktion leider etwas übertrieben wurde. Diese klingt etwas zu modern, will heißen zu laut. Ansonsten gibt es an „Misere“ kaum etwas auszusetzen. Gerade wenn sie in „Nachtmahr“ etwas das Tempo rausnehmen, wissen sie zu glänzen. Mit „Nameless grave“ findet sich das beste Stück des Albums am Ende der Platte. Stimmungsvoll, abwechslungsreich und ausladend episch, da werden alle Register gezogen. So ist „Misere“ ein starkes zweites Album geworden, das seinen Vorgänger klar in den Schatten stellt. (Trollzorn)

Manuel Stein

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