Brauchtumstag

Am 1.4. ist Brauchtumstag. Dieser Begriff bezeichnet Tage, an denen traditionell etwas bestimmtes getan wird, ohne dass dies einen religiösen Bezug hätte.

Dass heute "in den April geschickt" wird, brauche ich Dir nicht zu erzählen. Aber ich will diesen Text des evanglischen Pfarrers und Pädagoge Christian Gottfried Salzmann (1744-1811)  mit Dir teilen. Der Abschnitt stammt aus dem ironischen Anti-Erziehungsratgeber Anweisung zu einer unvernünftigen Erziehung der Kinder aus dem Jahr 1788. In diesem Buch gibt Salzmann den Lesenden in anschaulichen Beispielen diverse Mittel an die Hand, um ihren Kinder allerlei schlechte Eigenschaften und Ängste anzuerziehen. So sind verletzende Aprilscherze für ihn ein "Mittel, Kinder gegen sich mißtrauisch zu machen".

Salzmanns Anweisung zu diesem Zweck lautet:

"Belüge und hintergehe sie oft, so werden sie dir nicht mehr trauen."

Das erste Beipiel dafür ist folgendes:

"Den ersten April beredete sich eine Mutter mit der Magd und dem Lehrjungen daß sie Sabinchen in April schicken wollten. Der Anschlag wurde bald gefaßt, und Sabinchen bekam den Auftrag, in einem großen Topfe, der ihr zu dieser Absicht gegeben wurde, aus der Apotheke Irrwischfett zu holen. Gleich, liebe Mutter! sagte das unschuldige Kind; ich will nur erst mein Mäntelchen umthun.
Nun hüpfete sie fort, voller Freuden, daß sie der Mutter eine Gefälligkeit erzeigen könnte. Da sie aber in die Apotheke kam: wurde sie ausgelacht.
Schluchzend kam sie zurück, und wollte sich bey der Mutter erkundigen, ob sie auch recht verstanden habe?
Da schlugen Mutter, Lehrjunge und Magd, ein helles Gelächter auf, und riefen ihr entgegen: Weißt du nicht, daß heute der erste April ist?
Unwillig wandte sich Sabinchen um, warf einen Blick voll Verachtung auf die Mutter, als wollte sie sagen: Nichtswürdiges Weib! verdienest du auch wohl, daß ich dich ferner Mutter nenne?
Wann ihr nach der Zeit die Mutter etwas sagete, oder sie vor etwas warnete: so dachte sie! hum! wer weiß auch, ob es wahr ist."

Zitat des Tages aus: Anweisung zu einer unvernünftigen Erziehung der Kinder, Christian Gottholf Salzmann, 2. Auflage, Georg Adam Keyser, Erfurt, 1788

Außerdem …

Christian Gotthilf Salzmann hat 1796 noch ein weiteres bemerkenswertes Buch geschrieben. Es heißt Conrad Kiefer, oder Anweisung zu einer vernünftigen Erziehung der Kinder und begleitet das fiktive Kind Conrad bis zu seiner Heirat durchs Leben. Dabei nimmt er die Stelle des Vaters ein und erzählt, wie er positiv erziehend auf das Kind einwirkt.

Beide Bücher und den Autoren stelle ich Dir in meinem Blog vor. (Öffnet in neuem Fenster)

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