Bandenkriminalität und ein bisschen mehr Alkohol - die Nyheter aus der KW 23
Heute bin ich aufgewacht und die Stimme war weg. Daher gibt’s heute nicht wie gewohnt die Nyheterna från Sverige als Podcast, sondern in geschriebener Form. Wie immer habe ich drei Nachrichten ausgewählt, die in Schweden Gesprächsthema waren, die es in den Zeitungen auf die Titelblätter geschafft haben oder die ich aus anderen Gründen für wichtig halte. In dieser Woche war leider - wieder einmal - die Bandenkriminalität wichtigstes Thema. Gleich zwei Meldungen drehen sich darum.
Doppelmord in Norrköping
In der Nacht zum vergangenen Sonntag sind zwei Menschen im südlichen Norrköping in einer Wohnung erschossen worden. Dies meldet die Polizei Norrköping (Öffnet in neuem Fenster). Ob es sich dabei um eine weitere Tat aus dem Gangmilieu handelt, ist nicht ausgeschlossen, wird von der Polizei aktuell aber nicht bestätigt.
Um 0:08 Uhr ging bei der Polizei ein Alarm ein, als ein Nachbar mehrere Schüsse hörte. Als die Polizei beim Mehrfamilienhaus im Stadtteil Hageby eintraf, fand sie zwei leblose Männer vor, getötet durch Schüsse in den Kopf.
Die Polizei konnte wenig später einen jungen Erwachsenen festnehmen, der sich in der Nähe des Tatorts aufhielt. Dieser Mann sitzt mittlerweile in Untersuchungshaft. Es wurden auch „vissa fynd“ („gewisse Funde“) gemacht. Um was es sich bei diesen Funden allerdings handelt, darauf geht die Polizei aktuell noch nicht ein. Auch wurden keine Angaben zu den Opfern gemacht.
Die Polizei fahndet nach weiteren Mittätern, da auch nicht ausgeschlossen werden kann, dass es sich um mehrere Täter handelt.
Am Mittwoch richtete die Polizei in Norrköping im Stadtteil Hageby, wo sich der Doppelmord ereignete, Visitationszonen ein. Durch diese Maßnahme kann sie einfacher Personen oder Fahrzeuge durchsuchen. Das Ziel ist es, mögliche Racheaktionen zu verhindern.
Damit liegt es nahe, dass es sich bei der Tat um einen weiteren Mord im Gangmilieu handelt. Laut Polizeiangaben wird der Stadtteil Hageby heimgesucht von einem Konflikt mehrerer rivalisierender Banden. Im vergangenen Jahr gab es einige Sprengstoffattentate, die wohl Teil dieses Konflikts waren.
Bekannter Rapper in Göteborg erschossen
Nachdem es in Stockholm in diesem Jahr bereits mehrere Morde gab, die mit dem Bandenmilieu im Zusammenhang stehen, fürchtet man nun auch in Göteborg, dass die Gewalt dort wieder aufflammen könnte. Am Dienstagabend wurde ein Mann in einer Tiefgarage in Hisingen in Göteborg erschossen. Wie sich herausstellte, handelte es sich dabei um den mit Preisen ausgezeichneten Rapper C Gambino.
Am Abend des 4. Juni wurde der bekannte Rapper und HipHopper C Gambino schwer verletzt in einer Tiefgarage am Selma Lagerlöfs torg im nördlichen Stadtteil Hisingen aufgefunden. Wenig später verstarb er im Krankenhaus.
Die Polizei fahndet nach einem silberfarbenen Auto, das die Tiefgarage kurz nach der Tat verlassen hat. Bisher konnte sich aber noch keine Festnahmen verkünden.
Göteborg wurde in den Jahren 2011 und 2012 von heftigen Bandenkonflikten heimgesucht. Jetzt besteht die Sorge, dass diese Konflikte in einer jüngeren Generation wieder aufflammen. Es ist bekannt, dass der Rapper Verbindungen ins Gangmilieu hatte.
Der Musiker brachte im Jahr 2019 seine erste Single heraus und wurde in den folgenden Jahren vor allem auf Spotify ein Star. Seine Songs gehören unter schwedischen Künstlern zu den am meisten gestreamten. Noch im Mai diesen Jahres gewann er einen schwedischen Grammi für den HipHop des Jahres (Öffnet in neuem Fenster) (årets hiphop).
Erst am Freitag vor seinem Tod brachte er die jüngste Single heraus. Sie trägt den beinahe prophetischen Namen „Sista gång“ („letztes Mal“).
https://www.youtube.com/watch?reload=9&v=vkix06-x31w (Öffnet in neuem Fenster)Die große Freiheitsreform, die gar nicht so groß ist
Zum Schluss glücklicherweise noch eine Nachricht, über die man schmunzeln kann. Denn manchmal können die Schweden richtig komisch sein.
Die schwedische Alkoholpolitik ist bekanntermaßen restriktiv. (Öffnet in neuem Fenster)Alkohol mit mehr als 3,5% Alkohol darf nur in den staatlichen Alkoholgeschäften Systembolaget oder in Restaurants und Bars mit einer entsprechenden Schanklizenz verkauft werden. Ansonsten ist der Verkauf strikt verboten. Nur alkoholische Getränke, die weniger als 3,5% haben, zum Beispiel das folköl, können in Supermärkten angeboten werden. Dadurch hat der Staat das Alkoholmonopol und kann den Verkauf und in gewisser Weise auch den Konsum kontrollieren.
Jetzt aber verändert sich das System. Eine Reform soll in Kraft treten, eine Reform, die Regierungschef Ulf Kristersson gar als frihetsreform, als Freiheitsreform preist. Dreimal wurde diese Reform bereits gründlich untersucht, die Folgen abgewogen, wieder verworfen und erneut aufgenommen. Jetzt endlich soll es konkret werden.
Das alles klingt nach einer großen Reform, nach einer, die das bisherige System auf den Kopf stellt.
Nun, dem ist nicht ganz so. Was soll sich also verändern? Gemeinsam mit Ulf Kristersson stellte Sozialminister Jakob Forssmed am vergangenen Mittwoch die Reform vor. Erlaubt werden soll nun auch der sog. gårdsförsäljning, der Hofverkauf. Die Produzenten sollen demnach direkt auf dem Betriebsgelände ihre alkoholischen Getränke verkaufen können, egal, wie viel Alkohol in ihnen steckt. Betroffen sind davon ungefähr 600 Produzenten, die nun also auf einen weiteren Absatzmarkt hoffen können.
Wer eine wirkliche „Freiheitsreform“ erwartet hat, der dürfte enttäuscht sein. Das staatliche Alkoholmonopol von Systembolaget wird nicht angetastet. Und der Verkauf direkt beim Produzenten darf nur erfolgen, wenn der Käufer Eintritt gezahlt hat und beispielsweise eine Führung mitgemacht hat. Außerdem dürfen maximal 0,7 Liter Schnaps oder Hochprozentiges und jeweils drei Liter Wein und Bier gekauft werden. Der Freiheit werden also recht enge Fesseln angelegt.
In Kraft treten soll die Reform 2025. Zuvor muss sie aber noch von der EU-Kommission gebilligt werden. Und das ist keine Selbstverständlichkeit. Denn die Reform bevorzugt einseitig die schwedischen Produzenten, ausländische Hersteller werden somit benachteiligt.
Bis dahin bleibt folglich nur der Weg ins Systembolaget, die Bar oder man hofft auf Freunde aus Deutschland, Polen und anderswo, die in ihrem Auto noch etwas Platz haben…
Das waren sie, die Nyheter från Sverige, die Nachrichten aus Schweden aus der Kalenderwoche 23. Wenn du sie jede Woche als Podcast anhören willst, dann unterstütze Elchkuss mit mindestens dem Elchkuss-Paket.
Am Sonntag geht es im Podcast weiter mit der schwedischen Geschichte. Wann entstand denn eigentlich etwas, das als Frühform des schwedischen Reichs gelten kann? Dazu müssen wir mehr als 1000 Jahre in der Geschichte zurückreisen und wir werden einen Ort besuchen, der früher einmal richtig wichtig war und heute zumindest noch ein hübsches, beschauliches Örtchen ist. Es geht nach Sigtuna.
Ich freue mich, wenn du da wieder dabei bist!
Bis dahin! Ha det så bra, vi hörs,
Jo