Über den Tellerrand: Meine lieblings PnP-Systeme

Es begann alles 2014. Damals noch in meinen zarten Zwanzigern, kam ich durch die Jungs von PietSmiet das erste Mal in Kontakt mit Pen and Paper. Das war “Das Schwarze Auge”. Wenig später haben wir im Freundeskreis mit Shadowrun 5 angefangen. Was danach kam, sind einige andere Systeme. Einige mal angespielt, bei anderen sind wir hängen geblieben. Mit diesem kleinen Blick über den Tellerrand schaue ich auf meine liebsten PnP-Systeme, die nicht Classic-DnD 5E sind (das wäre wahrscheinlich auch nicht in diesen Top 5 gelandet). Also steigen wir direkt ein!

Shadowrun 5

Wenn jemand mich fragen würde, ob man mit Shadowrun ins PnP-Hobby einsteigen sollte, würde ich ganz eindeutig “Nein!” sagen. Shadowrun hat ein komplexes und ausuferndes Regelgerüst, das sich auf bis zu drei unterschiedliche Dimensionen innerhalb der Spielwelt stützt. Das sind die “Fleischwelt (Meatspace)”, die Matrix (das neue Net) und die astrale Ebene. In Shadowrun ist irgendwann in den 2010ern nämlich die Magie in unsere Welt zurückgekommen. Orks, Zwerge, Elfen, Drachen und anderes fantastisches Gedöns bevölkern unsere Erde und Megakonzerne haben die Macht über ganze Landstriche ergriffen. Die Hintergrundgeschichte der Welt ist einzigartig und bietet ein tolles, explosives Gemisch aus Fantasy und Cyberpunk. Wer eine komplexe Welt, voll mit Politik, Magie und abgefahrener Tech sucht, ist hier genau richtig. Nur die Regeln sind für den Einstieg sehr tief, verschachtelt und durch die unterschiedlichen Dimensionen auch nicht immer leicht zu überblicken. Die vielen Würfelwürfe für einfachste Aktionen in der Matrix haben uns dazu veranlasst, das System etwas an Cyberpunk RED anzupassen. Die astrale Ebene lassen wir in unserem Spiel beinahe komplett außer Acht. Leider oder zum Glück? Das kann ich nicht sagen. Dafür spielen wir Shadowrun zu selten. Aufgrund des Settings und der Möglichkeiten, vor allem was die Charaktererstellung und Vielzahl der Geschichten angeht, ist Shadowrun 5 aber definitiv in meinen lieblings PnP-Systemen zu finden.

Dungeons and Dragons: Champions of Azeroth

Über Vanilla-DnD möchte ich an dieser Stelle nicht sprechen. Wir schauen ja über den Tellerrand. Deswegen eine Empfehlung an alle DnD- und Warcraft-Fans: Schaut euch Champions of Azeroth an! Ein Fanprojekt, das die WoW-Erweiterungen von Burning Crusade bis hin zu Legion behandelt. So gibt es hier statt der typischen DnD-Klassen und Rassen unsere geliebten Warcraft-Äquivalente zu spielen. Jäger, Todesritter, Krieger, Dämonenjäger ob Draenei, Worg oder Nachtelf - alles ist qualitativ hochwertig ausgearbeitet und sinnvoll für das DnD-Regelwerk angepasst. Neue Zauber haben natürlich auch ihren Weg in die Regeln gefunden, um Warcraft typische Magie noch besser abzubilden. Innerhalb meiner Gruppe spielen wir seit einigen Jahren eine Kampagne im Warcraft-Universum. Es ist großartig meinem Zwergen Jäger auch auf diese Weise Leben einhauchen zu können und die Welt mal anders zu erleben. Warcraft ist witzig, fantasievoll und teils komplett bescheuert, aber immer episch. Das Beste an der Sache ist aber, dass Champions of Azeroth komplett kostenlos zur Verfügung steht und zusätzlich dazu eigentlich nur die DnD-Grundausstattung benötigt wird!

Cyberpunk RED

Disclaimer: Viel Cyberpunk RED habe ich noch nicht geleitet, geschweige denn selbst gespielt. Aber das, was ich von dem System bereits kenne, hat mich sehr begeistert. Das Regelset ist relativ einfach. Letztendlich ist es immer 1W10+Fertigkeitswert. Nur für Schaden werden W6 geworfen. Easy? Easy. Für mich ist Cyberpunk RED der perfekte Mittelweg aus der Einfachheit von DnD und der Tiefe und Komplexität von Shadowrun. Das i-Tüpfelchen ist aber die Spielwelt. Night City und Umgebung ist ein großartiger Schauplatz für jegliche, absurde oder auch geerdete Geschichte. Mehr als diese Stadt braucht es fast nicht. Na klar. Man kann immer äußere Einflüsse einbringen, andere Städte und Länder erwähnen, die verschiedenen Nationalitäten, die sich in dieser Mega-City sammeln, sollten selbstverständlich unterstrichen werden, aber mehr als diesen einen Schauplatz braucht es nur sehr, sehr selten. Cyberpunk RED ist also bestens für jeden geeignet, der gerne in einem geschlossenen Setting und diesem Genre - ohne Magie und viel Firlefanz - spielen möchte. Absolute Empfehlung!

HeXXen 1733

Auch hier muss ich sagen: Ich habe nicht sonderlich viel Erfahrung mit HeXXen 1733. Nach einer Proberunde kann ich aber sagen, dass dieses System viel Action zu bieten hat. Gegnerhorden werden so einfach wie in beinah keinem anderen System gehandhabt und benötigen nicht einmal Würfel. Bosse sind herausfordernd und sehr unterschiedlich gestaltet. Was mich an HeXXen aber wirklich begeistert, ist die Spielwelt. Nehmen wir an, der 30-jährige Krieg hätte niemals geendet und eine Gruppe Söldner öffnet im Schwarzwald die Pforten zur Hölle. Willkommen in einem alternativen 18. Jahrhundert, in dem die Magie in die Welt zurückgekehrt ist. Wo Geister, Hexen und arkane Magie die kleinsten Probleme der Menschen sind. Hier wird Steampunk gelebt. Fokuspunkt der Erzählung ist Mitteleuropa, aber mittlerweile gibt es zumindest auch einen Band für die Karibik. Wer also auf Grimdark steht und gerne ein europäisches Setting bespielen möchte, der ist hier richtig aufgehoben.

Das Schwarze Auge

Meine große PnP-Liebe. Komisch, dass es Stand 2015 nicht DnD geworden ist. Aber ich stehe einfach auf ein klassisches, europäisches Mittelalter-Setting. Der Hintergrund zu DSA ist so reichhaltig, breit gestreut und tief, dass man zur Abenteuer-Vorbereitung tagelang in Recherche versinken kann. Vielen gefällt wahrscheinlich nicht, dass die Welt so dicht beschrieben ist, dass es praktisch keinen Platz mehr für eigenes gibt. Aber ich habe das in meinen über acht Jahren DSA-Spielleitung unter dem Motto “Mut zur Lücke” gehandhabt. Mut dazu zu haben, vom offiziellen Setting etwas abzuweichen. Solange man in seinem eigenen Dunstkreis bleibt, ist das überhaupt kein Problem. Sobald man aber mit Fremden auf einer Con spielt, sollte man sich über eventuelle Abweichungen zum eigenen Aventurien bewusst sein. In den letzten Jahren habe ich in Aventurien meine eigene Epik gesponnen. Wem es etwas sagt oder selbst recherchieren möchte: Ich habe die Sieben Gezeichneten (Borbarad), die Splitterdämmerung und das Jahr des Feuers zusammengeworfen, Erzählstränge vereint und auseinander gezogen. Und was soll ich sagen? Es hat geklappt! Wir stehen kurz vor dem Finale (das sich aber nicht gegen Borbarad sondern gegen eine aufstrebende Pardona richtet). Wer sich mit DSA auseinandersetzen möchte, sollte aber gewarnt sein. Nicht nur der Hintergrund ist komplex, sondern auch die Regeln. Das Grundregelwerk ist schnell verstanden und bietet eigentlich alles, was man an Regeln braucht. Die X-Erweiterungsbände geben etwas Salz in die Suppe und das Spiel wird tiefer, komplexer und teils auch realistischer. Man sollte sich hier nicht in Simulationen durch Würfelwürfe verlieren, sondern nur das an Regeln mitnehmen, was einem Spaß macht. Es besteht sogar das Angebot, dass einzelne Spieler aufgrund ihrer Charakterwahl (das Skillsystem ist übrigens komplett frei) individuell komplexere Regeln nutzen können als der Rest der Spieler. Für klassische Low- bis High-Fantasy, vom Bauern- bis zum Helden-Spiel, von europäisches Mittelalter bis hin zu 1.000 und einer Nacht und Japan-Anleihen wird in Aventurien beinahe alles geboten. Ihr seht, ich könnte wahrscheinlich noch länger über DSA schwafeln, aber das würde ausarten.

Letzte Worte

Selber probieren! Und am besten bei dem System bleiben, das jedem am Tisch den meisten Spaß bereitet. Schreckt nicht davor zurück, Regeln oder Hintergrundsetzungen zu ändern, die euch nicht gefallen. Es ist euer Spiel, euer Tisch und eure Geschichte. Niemand hält euch davon ab. Seid kreativ! Erzählt Geschichten in ALLEN Welten.

Habt ihr PnP-Systeme, die ihr empfehlen wollt? Ab in die Kommentare damit oder schreibt mir auf Discord eure Empfehlungen! Viel Spaß beim Spielen :)

- Fäbschen