Moor-Wissen kompakt
Hier erhälst du eine umfassende und dennoch kompakte Einführung in das spannende Thema “Moore”. Wir befassen uns mit grundsätzlichen Definitionen, mit dem Moor als Lebensraum und mit den Chancen, die zerstörte Moorflächen für uns bereithalten.
Moor-Wissen ist zukunftsrelevant
Diese kleine Wissensreihe findest du auch auf meinem Instagram-Kanal. Hier auf Steady habe ich sie jedoch besser aufbereitet und mit tollen Fotos von verschiedenen Moor-Bewohnern versehen.
Moor-Wissen hilft, diesen wichtigen Lebensraum zu schützen und mit eigenen Konsum- und politischen Wahlentscheidungen den Klimaschutz und Artenschutz in Bewegung zu bringen.
Moor-Wissen eröffnet dir eine neue Welt
Intakte und restaurierte Moore sind außerdem ein toller Ort zur Nah-Erhohlung und sie halten interessante Naturphänomene bereit… Genug der einleitenden Worte, jetzt wirds nass!
1) Was ist ein Moor?
Ein Moor ist ein zu jeder Zeit vernässtes Gebiet. Niedermoore erhalten ihr Wasser vom Grundwasser und vom Regenwasser. Hochmoore werden nur von Niederschlägen gespeist. Es gibt noch weitere Moortypen, die Unterscheidung von Hoch- und Niedermooren ist in erster Linie die relevanteste. Den Boden eines Moores bildet eine Schicht aus Torf.
Kennzeichnend für Moore sind diese Spezialisten aus der Flora & Fauna:
Pflanzen, die auf ständige Nässe und Nährstoffmangel angepasst sind
Tiere, die von diesen Pflanzen leben
Tiere, deren Lebensweise auf die Bedingungen in dieser Landschaft perfekt abgestimmt sind
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Die gelb blühende Pflanze heißt Moorlilie (Narthecium ossifragum)
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Wie ein kleiner Opal glänzt in der Mitte des Bildes die Samenkapsel des Siebenstern (Trientalis europaea).
2) Was ist Torf?
Als Torf bezeichnet man die Bodenschicht des Moores unterhalb der Pflanzendecke. Torf besteht aus abgestorbenen Pflanzenteilen, die sich unter Wasser jedoch nicht vollständig zersetzen. Der ph-Wert im Moor ist außerdem sauer. Durch diese Umstände werden die Pflanzenteile regelrecht konserviert. Die Torfschicht eines Moores wird mit der Zeit also immer dicker. Dazu muss jedoch sehr viel Zeit vergehen: In einem Jahr wächst die Torfschicht nur 1mm.
Von den Pflanzen im Moor sind verschiedene Arten von Torfmoosen hauptverantwortlich für die Bildung von Torf. In Deutschland stehen alle Torfmoose unter Schutz. Wie alle anderen Moose haben sie keine Wurzeln. Torfmoose wachsen ohne Unterlass nach oben weiter. Ihr unterer Teil stirbt unter Wasser ab, wodurch sich die Torfschicht bildet.
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Torfmoos! Die roten Knubbel sind die Sporenkapseln. Wie spektakulär diese aufplatzen, hat Jan Haft in seiner Doku “Das Moor” festhalten können. In einem seiner Bücher steht beschrieben, was für ein knalliges Abenteuer es war, die Aufnahmen zu erstellen. In der ARD-Mediathek findest du den Film.
3) Wie speichern Moore CO²?
Pflanzen speichern während ihres Lebens CO². Wenn sie absterben und sich zerstetzen, wird das gesamte CO² wieder freigesetzt. Im Torfboden einer Moorfläche ist das CO² abgestorbener Moorpflanzen gespeichert. Das Wasser auf der Torfschicht verhindert, dass CO² entweichen kann.
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Im Voralpenland gibt es viele Moore. Einige sind restauriert, einige natürlich intakt, einige sind entwässert. Hier siehst du teilentwässertes Weideland.
4) Folgen der Entwässerung
Die Entwässerung der Morre sorgt für die Zerstetzung der Torfschicht. Diese kommt ohne ihren “Wasserdeckel” mit Sauerstoff in Kontakt. Der Torfboden oxidiert sozusagen und sehr hohe Mengen CO² gelanden in die Atmosphäre. Dadurch verschwindet der Torfboden nach und nach. Jährlich gehen 0,5cm bis 2 cm Boden verloren.
Entwässerte Moore erkennst du an folgenden Merkmalen:
Fundamente von Bauwerken kommen zum Vorschein
Unterirdische Drainagerohre kommen wieder zum Vorschein
Der Randstreifen neben der Straße muss immer wieder aufgefüllt werden
Die Erde ist dunkelbraun, fast schwarz
Schnurgerade, schmale Entwässerungsgräben fließen zwischen Feldern entlang
in deiner Region wird Whisky gebrannt oder Bier gebraut
Der Ortsname verrät das Moorgebiet: Befindest du dich in einem Ort mit der Namensendung -ried, -filz, -moos,- moor, oder -fehn?
5) Nutzung der Moorgebiete
Vor allem ab dem 17. Jahrhundert entwässerten die Menschen Moore, indem sie Gräben bauten. Die Torfschicht wurde zeitgleich zur Energieerzeugung abgegraben. Das entwässerte Land nutzte man für Ackerbau und Tierhaltung. Die Arbeit und das Leben im und vom Moor hat das Leben mehrerer Generationen sehr geprägt. Auch heutzutage wird in Deutschland noch Torf abgebaut. Die dazu bestehenden Genehmigungen werden jedoch nicht mehr verlängert. Hierzulande wird Torf aus dem Ausland vor allem für den gewerblichen Gartenbedarf verwendet.
Beim Einkauf im Gartencenter unterstützen wir den zerstörerischen Torfabbau oft unbemerkt: Ob ein Sack Pflanzenerde Torf enthält, steht leider nur im Kleingedruckten. Sämtliche Pflanzen und Setzlinge werden in torfhaltiger Erde gezogen und verkauft.
Auch der Einkauf im Supermarkt ist nicht transparent, was den Ursprung unserer Lebensmittel betrifft. Es gibt heutzutage noch keine Möglichkeit auf den ersten Blick zu erkennen, ob ein Lebensmittel in einem (zerstörten) Moorgebiet produziert wurde oder ob torfhaltiges Substrat verwendet wurde.
Der Klimaschutz hinkt hinterher
In der Klimabilanz macht es einen sehr großen Unterschied, ob die Lebensmittelerzeugung auf entwässerten Mooren stattfindet oder nicht. Besonders bei Lebensmitteln tierischen Ursprungs ist der Austoß an Treibhausgasen sehr hoch:
Der CO²-Fußabdruck von 1kg Butter ist bei der Herstellung auf entwässerten Moorböden 4x so hoch als bei der Herstellung auf Nicht-Moorböden. Bei Käse das gleiche, bei der Milchproduktion 5x so viel (Quelle: Moor-Atlas 2023). Erschwerend kommt hinzu, dass diese klimaschädlichen Produkte ganz klassisch subventioniert werden. Leider spielt es noch keine Rolle, ob subventionierte Landwirtschaft auf Treibhausgas emittierenden Moorböden stattfindet oder nicht!
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Glockenheide (Erica tetralix)
6) Kleine Fläche, große Wirkung
Moore bedecken 3% der Erdoberfläche, speichern jedoch doppelt so viel Kohlenstoff wie alle Wälder der Erde.
Der Abbau von Torf und die Bewirtschaftung entwässerter Moore müssen weltweit gestoppt werden, um die Klimaschutzziele zu erreichen.
Daher wird gefordert, Moore wieder zu vernässen. Eine Wiedervernässung stoppt den Ausstoß von Treibhausgasen sofort. Die Art, wie aktuell Landwirtschaft betrieben wird, muss sich verändern. Dazu sind vor allem politische Beschlüsse notwendig, die diese Transformation möglich machen. Indonesien sticht in sachen Moor-Restaurierung als positives Beispiel heraus.
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Suchbild: Eine junge Eidechse kann sich im Moor gut verstecken. Ein tolle Nahaufnahme wartet im letzten Abschnitt dieses Beitrags auf dich.
7) Paludikultur
“Paludikultur” bezeichnet die Land- und Forstwirtschaft auf nassen Moorflächen:
Oberirdisch wird das Moor bewirtschaftet, unterirdisch produzieren die Pflanzen und Moose weiterhin die für Moore typische Torfschicht.
Das heißt, die Vorzüge einer nassen Moorlandschaft (Treibhausgassenke, Hochwasserschutz…) sind mit einer wirtschaftlichen Nutzung und somit der Versorgung von Lebensmitteln und Rohstoffen vereinbar.
Beispiele:
Futtermittelherstellung
Pflanzengewinnung für Biogasanlagen
Schilfanbau (z.B. als Rohstoff für Dachdeckereien
Torfmoosanbau (z.B. für die Nutzung als Pflanzensubstrat oder Dämmmaterial)
Flächennutzung für Photovoltaikanlagen
Heilpflanzenanbau (z.B. Nutzung des Sonnentau)
Die Paludikultur findet auf wiedervernässten oder degradierten nassen Mooren statt. Derzeit werden unterschiedlichste Endrodukte, deren Rohstoffe auf nassen Moorflächen angebaut werden, getestet. Zum Beispiel Verpackungen aus Moor-Biomasse. Zur Bewirtschaftung nasser Böden müssen Geräte und Fahrzeuge konstruiert, umgebaut oder zweckentfremdet werden. Das kostet Forschung, Zeit und Geld und benötigt im Vorfeld mutigen Pioniergeist. Das Greifswald Moor Centrum betreut und begleitet viele interessante Projekte:
Und endlich ist es so weit!
Endlich wird die Paludikultur finanziell gefördert. Aktuelle Zahlen und weitere spannende Informationen findest du unter anderem hier:
Es wird Zeit, dass klimaschädliche Landwirtschaft, insbesondere geschehend auf enwässerten Mooren, nicht mehr subventioniert wird.
Und natürlich braucht es am Ende auch einen Markt mit den dazugehörenden Konsument*innen. Was sind deine Gedanken dazu? Welche Produkte aus dem Moor findest du spannend?
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Der Sonnentau, eine fleischfressende, heimische Moorpflanze (Drosera rotundifolia) hält nützliche Wirkstoffe für uns bereit…
8) Bewohner der Moore
Die Mooreidechse hast du vielleicht im Suchbild entdeckt und auch einige Pflanzen konntest du im Leseverlauf bereits bestaunen. Was macht die Moore als Lebensraum so besonders?
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Die Kreuzotter (Vipera berus) lebt besonders gern in Moorgebieten, weil diese alle ihre Bedürfnisse abdecken. Die Kreuzotter ist Reptil des Jahres 2024.
Du kannst es dir nun mit deinem Wissen herleiten, warum es in Mooren spezialisierte Lebewesen zuhause sind:
Moorböden sind nass
Moorböden sind nährstoffarm
Moorböden haben einen saueren ph-Wert
Moorböden sind meist der Sonne und dem Wind exponiert
Diese Eigenschaften setzen bei den Moorbewohnern eine gute Anpassung an diesen vermeintlich widrigen Lebensraum vorraus. Ist man nämlich gut angepasst, sind die Umstände gar nicht mehr so widrig, das merken wir selber, wenn wir mit den passenden Klamotten bei Wind und Wetter vor die Haustüre gehen.
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Die Schwarze Heidelibelle (Sympetrum danae) ist in Mooren zuhause, genauso wie bestimmte Arten von Binsenjungfern, Moos- und Mosaikjungfern. Hier ist ein Männchen abgebildet, die Weibchen haben eine gelbe Rückenoberseite.
Moore beherbergen zahlreiche Pflanzenarten, die du sonst in keinen anderen Lebensräumen finden wirst. Diese wiederum werden von Insekten bestäubt und gefressen, die du woanders auch nicht antreffen wirst. Diese Insekten werden von Reptilien, Amphibien und Vögeln verspeist, die zum Teil ebenfalls nur in Mooren zuhause sind.
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Die männlichen Moorfrösche (Rana arvalis) haben in der Paarungszeit eine bläuliche Hautfarbe. Der Moorfrosch wurde zum Lurch des Jahres 2025 auserkoren.
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Hier noch einmal eine junge Moor-Eidechse, die Art wird auch Wald-Eidechse genannt (Lacerta vivipara). Die dunkle Färbung hilft den Jungtieren, schnell auf eine Körpertemperatur zu kommen, die den wechselwarmen Tieren Aktivität ermöglicht.
Die Bewohner des Lebensraum Moor sind aufgrund dessen Zerstörung gefährdet, stark rückläufig oder gar stark bedroht. Die Aufmerksamkeit, die die Moorbewohner durch die Wahl des “xy des Jahres” erhalten, muss genutzt werden, um Schutzbemühungen zu fordern und durchzusetzen.
Ich bin gespannt, ob ich dich auf neugierig machen konnte, einmal selbst auf Entdeckungstour zu gehen! Die Sache mit den Irrlichtern ist übrigens wahr, bloß gesehen oder gar fotografiert hat sie lange niemand…
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Das Scheidige Wollgras (Epiophorum vaginatum) ist nicht nur bei der seltenen Moorkäfer-Zikade ein beliebtes Sauergras. Im März blüht es gelb.
Viel Freude in der Natur wünscht dir
Sabrina
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Fotonachweise: Alle Fotos stammen von mir, außer:
Sonnentau - pixabay.de (Öffnet in neuem Fenster), Hans
Kreuzotter - pixabay.de (Öffnet in neuem Fenster), - Erik_Karits
Schwarze Heidelibelle - pixabay.de (Öffnet in neuem Fenster), kie-ker
Moorfrösche - pixabay.de (Öffnet in neuem Fenster), Super-M
Scheidiges Wollgras - pixabay.de, Oldiefan
Wissensquellen:
Moor-Atlas (2023, Heinrich-Böll-Stiftung)
Moore - Buch von Dr. Franziska Tanneberger (2023)