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„Du willst doch keine Quotenfrau sein, oder?"

12.März 2020

Naja, ich würde auch viel lieber aufgrund meiner Kompetenz und meines Charakters befördert werden. Und deshalb war ich die meiste Zeit meines bisherigen Lebens auch gegen eine Quote. Doch Sichtweisen verändern sich, in diesem Fall notgedrungen.

Dabei treibt mich das Thema Frauen in Führung nun seit knapp zwei Jahren um: Ich habe Studien gelesen, Veranstaltungen besucht, mit Expert*innen gesprochen und recherchiert – immer wieder hat sich mir ein ähnliches Bild gezeigt: Die Bemühungen der vergangenen Jahre haben nur zu geringen Veränderungen geführt. Geht es in gleichem Tempo weiter wie bisher, haben wir erst im Jahr 2055 einen Frauenanteil von 40 Prozent in den Vorständen. Maßnahmen wie Mentoring, Frauen-Netzwerke, Kita-Plätze o.ä. leisten also einen Beitrag, aber den großen Durchbruch konnten sie nicht erzielen.

Viele – vor allem Männer – sagen zur Quoten-Forderung oft empört: „Aber wenn ich jemanden befördere, geht es doch nicht um Geschlecht, sondern um Kompetenz!“ Genau. Das habe ich auch lange geglaubt und zuletzt noch gehofft. 

Und da die Führungsetagen deutscher Unternehmen vor allem von „Thomas, Michael und Stefan“ und deren Netzwerken dominiert werden (Vgl. „Thomas-Kreislauf“ der Allbright Stiftung), ist es ziemlich klar, warum es für viele Frauen nahezu unmöglich ist, Führungspositionen zu erlangen.

Eine weitere Annahme, die mir oft und vor allem im Gespräch mit Frauen begegnet: „Das liegt doch an den Frauen selbst.“ Solche Aussagen machen mich sprachlos, immer wieder. Zum einen aufgrund der oft geringen Solidarität von Frauen untereinander. Zum anderen aufgrund der dahinter liegenden Stereotypen.

Nur weil die eine Kollegin nicht so „durchsetzungsstark“ ist wie es unser klassisches Führungsbild erwartet, sie sich nicht so gut „verkaufen“ kann oder keine Lust auf „politische Spielchen“ hat, heißt das, dass sie selbst Schuld ist? Womöglich muss sie sich dem historisch männlich geprägten System einfach besser anpassen? Solche Annahmen zeigen, dass unsere Gesellschaft auch beim Thema Führung dringend mehr Diversität braucht. Mit einer Frauenquote könnten wir ergo gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. 

Nach zwei Jahren umfassender Beschäftigung mit dem Gender-Thema kann ich also festhalten: Die Bemühungen der letzten Jahre für mehr Frauen in Führung haben gezeigt:

Solange Unternehmen zwar Effizienz- und Gewinnziele ausgeben, sich aber nicht ernsthaft zu Gender-Diversität verpflichten, wird sich weiterhin nicht viel ändern.

Und daher lautet meine Antwort auf die Eingangsfrage: „Ich hätte absolut nichts dagegen, eine Quotenfrau zu sein!“

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