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Gibt es nur ein Spiel auf dieser Welt?

Das Spiel des Theseus

Ein Freund von mir (ihr kennt ihn vielleicht (Öffnet in neuem Fenster)) schickte mir dieses Reel (Öffnet in neuem Fenster). Es geht um das Theseus-Paradoxon. Ist ein Gegenstand auch dann noch derselbe, wenn Einzelteile nach und nach ausgetauscht werden? Das Beispiel aus der Antike ist das Schiff des Theseus. Wenn man über die Zeit alle Planken ersetzt, ist das Schiff nach Jahren noch dasselbe?

Wrack eines Schiffes

(Foto von Theo Bickel (Öffnet in neuem Fenster) auf Unsplash (Öffnet in neuem Fenster))

Das warf bei mir die Frage auf: Ist jedes Spiel dasselbe Spiel? Gibt es nur ein Spiel auf dieser Welt?

Beweisstück A: Soulslikes

Über die Jahre habe ich meine Meinung zu diesem Begriff x-Mal geändert. Mittlerweile hat er keine Bedeutung mehr für mich (was nicht heißt, dass dieser Text (Öffnet in neuem Fenster) nicht trotzdem lesenswert wäre, allein wegen der Sicht der Entwickler).

Die Kriterien für das Genre werden immer wieder geändert, Konsens gibt es keinen. Was dazu führt, dass die Masse an Spielen, die sich als Soulslikes bezeichnen, schier unendlich ist und es schwer fällt Gemeinsamkeiten zwischen einigen von ihnen zu erkennen:

Screenshot eines Spiels, 2D, Hollow Knight

(Hollow Knight)

Screenshot eines Spiels, 3D Lunacid, eine Pixelbraut wird angegriffen

(Lunacid)

Beweisstück B: (The Legend of) Zelda-Likes

Never change a gewinnbringendes system. Ich kann nicht mehr sagen, wie oft ich “inspiriert von Zelda” in Beschreibungen von Indiespielen gelesen habe, die dann weit hinter dieser Erwartung zurückblieben. Auch hier muss man fragen: Was soll die Referenz bedeuten?

Beweisstück C: Twin Peaks

Exakt der obige Absatz, nur dass ihr “Zelda” durch “Twin Peaks” ersetzen könnt.

Es ist nachvollziehbar: Dark Souls, Zelda und Twin Peaks sind erfolgreiche Serien, die scheinbar etwas gemacht haben, das davor niemand und danach wenige geschafft haben. Deren Ruhm und Glanz durch die bloße Benennung auf Andere übergehen sollen. Doch jedes dieser Produkte ist am Ende auch nicht mehr als eine besonders gelungene Zusammenstellung von Elementen, die es vorher schon gab. Zerteilt man sie in ihre Einzelteile, gibt es da nichts, was andere nicht vorher auch schon gemacht hätten.

Was uns wieder zu Theseus bringt. Angenommen, das 🚢 ist noch immer dasselbe, auch wenn Einzelteile nach und nach ersetzt wurden. Es bleibt das gleiche Objekt mit der gleichen Funktion. Dann ist ein Spiel, das die gleiche Formel, den gleichen Gameplay-Loop, die gleichen Elemente wie Zelda einsetzt, auch Zelda.

Wenn jedes Spiel, das von dieser heiligen “Souls-Zelda-Twin-Peaks”-Dreifaltigkeit inspiriert ist, am Ende nur eine neue Zusammensetzung der gleichen, bereits existierenden Einzelteile ist, ist es dann wirklich ein neues Spiel?

Meine These ist, dass wir in einem intertextuellen hellhole sind. Kein Spiel existiert im Vakuum und alles ist von allem beeinflusst. Kann es dann überhaupt Spiele im Plural geben? Oder spielen wir am Ende Iterationen ein und desselben Spiels?

Die Krux solcher Theorien ist natürlich, dass sie nur funktionieren, wenn man Inhalte bis auf die Knochen runterbricht. Sobald man alles relativiert, quasi die Kirschen und Sahne auf der Torte gleichsetzt, weil nur der Schokoboden zur These passt, funktioniert die These nicht mehr. Sie zerfällt zu einem netten Gedankenexperiment, mehr nicht.

Aber wisst ihr, welches Experiment nicht vergebens war? RTL Skispringen 2002 (Öffnet in neuem Fenster) für die Playstation.

Sorry, Sven

Ich kann nicht sagen, ob Werbepartnerschaften früher authentischer waren, ob ich zu jung war oder wieso ich sonst Milka-Fangirl wurde, nur weil Skispringer Martin Schmitt von der lila Schokolade gesponsert wurde. Es war ein match made in heaven: Erst im Schnee Höchstleistung bringen und dann mit einer heißen Schokolade das alpine Panorama genießen.

Eben jener deutscher Skispringer zierte das Cover von RTL Skispringen 2002 und war als einziger Profi mit seinem echten Namen darin vertreten. Wäre an seiner Stelle Sven Hannawald gewesen, Freunde, ich hätte mir die Plastikpackung eingerahmt. Auch das kann ich mir heute nicht erklären. Als Kind wurde ich komplett random Fan von Dingen und Personen — meist hielt meine Treue nicht. Sorry, Sven.

Werbeblock

Mein Text über Demakes, der letztes Jahr in der GEE erschien, ist nun bei Superlevel verfügbar. Darin erzählt Fraser Brumley, Entwickler von Dead Space Demake, wieso Demakes funktionieren und was er alles lernen musste, damit dieses spezielle Demake funktioniert.

https://www.superlevel.de/playstation-demake-dead-space/ (Öffnet in neuem Fenster)

Und natürlich darf kein Newsletter versendet werden, ohne dass ich Lost Levels erwähne. Unser Podcast ist ein Hobby- und Herzensprojekt, in das wir über die Jahre viel Zeit und Geld gesteckt haben. I wouldn’t want it any other way, aber Flori und ich sind auch nur Menschen, eitle dazu, und deshalb freuen wir uns über jeden neuen Kommentar unter den Videos, jedes neue Abo und jeden neuen Gast auf unserem Discord. Wenn ihr Videospiele mögt, hört (Öffnet in neuem Fenster) oder guckt (Öffnet in neuem Fenster) doch mal rein 💖

Hoffnungsträger Lizenzspiele

RTL Skispringen 2002 (Öffnet in neuem Fenster) war seiner Zeit voraus. Verantwortlich waren RTL Playtainment (ja, das Kölner Medienunternehmen, das heute zu Bertelsmann zählt und letztes Jahr Gruner + Jahr schluckte, hatte seinerzeit, als man noch Hoffnung in diesen Wirtschaftszweig setzte, einen eigenen Games-Publisher) und VCC Entertainment (eine Hamburger Postproduktionsfirma, die 2001 gegründet wurde und nach mehreren Umfirmierungen 2012 Insolvenz anmeldete).

Unser Wohnzimmer war nicht das einzige, in dem sich die CD-ROM drehte: Allein in Deutschland wurde das Spiel 150.000 Mal (Öffnet in neuem Fenster) gekauft. Bei 120 Mark pro Stück kommt da eine Stange Geld zusammen, ganz zu Schweigen von den Lizenzgebühren.

Jedenfalls fand ich das Spiel toll. Dass ich das Wachs an die Wetterbedingungen der nächsten Schanze anpassen muss, dass die Outfits nicht nur nach Farbe ausgewählt werden sollten oder die Trainer:innen danach, wie sympathisch sie auf dem Bilchen aussahen, entging mir vollkommen. Aber das macht gar nichts!

Nach jedem Sprung, bei dem man irgendeinen Pfeil gerade halten muss und irgendwie am Ende den Knicks in der Landung brauchte, freute ich mich auf das Menü, mein Zuhause. Manchmal gab es Nachrichten wie “Eine Eiscrememarke möchte dich mit 10.000 Euro sponsern” oder “Du wurdest nach einer Kneipentour gesehen, -2 Fitness”. Das gewonnene Geld wurde sofort wieder investiert — komplett willkürlich in alles mögliche.

Das beste, mit Abstand allerbeste an diesem Spiel ist aber das Sounddesign. Das Klicken im Menü ist unbeschreiblich befriedigend, ich warte seitdem darauf, dass ein Stück Software mich noch einmal so abholt. Dazu dudelte ein damals extrem futuristisch wirkender Soundtrack, der das mindestens genauso futuristische Silbergrau des Menüs unterstrich.

Meme der Woche

Fast ist mir nicht nach Memen, aber es hilft ja alles nix. Als wär’ ich ein Orakel, haben wir am 6. November vermehrt das Captain-Meme gesehen, über das ich in der letzten Ausgabe schrieb (Öffnet in neuem Fenster).

Weil die US-Wahl nicht genug war, kam am Abend noch der Knaller: Die Koalition ist beendet, Lindner entlassen. Nachfolgend das Best Of der Lindner-Memes:

Meme: Bus (Trump gewinnt die Wahl), der von Zug (Scholz feuert Lindner) überrollt wirdTweet: Es muss so unglaublich befriedigend gewesen sein Christian Lindner rauszuwerfen, dafür hätte ich auch den Kanzlerposten weggeworfen.Meme: Lindner auf die Website des Arbeitsamts unter Bürgergeld beantragen montiertBild von Lindner in der taz mit der Überschrift Deutschlands frechster ArbeitsloserMontage Lindner bei Snapchat mit der Caption alles scheiße gerade, kann wer reden

Danke

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Wenn er Dir gefällt, leite ihn an Freund:innen oder Bekannte weiter. Wenn nicht, erreicht mich Kritik gar nicht über die üblichen Kanäle unter @chrissikills.

Viele Grüße
Christina

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