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Donald Trump: Angriff auf Wahrheit und Wissenschaft

Wie gefährlich die zweite Präsidentschaft von Donald Trump für die US-Demokratie ist, zeigt auch sein Umgang mit der Wissenschaft.

1.) Kampf gegen Harvard

Nichts zeigt so deutlich, wie sehr die US-Regierung die Wissenschaftsfreiheit einschränken versucht, wie ihr Umgang mit der Universität Harvard. Zuerst schickte die US-Regierung einen Brief an Harvard mit Forderungen (Öffnet in neuem Fenster), die die akademische Selbstbestimmung der Universität massiv eingeschränkt hätten. Die Regierung wollte Vorgaben machen, nach welchen Kriterien Studierende, internationale Studierende, Lehrende ausgewählt und Institute ausgerichtet werden müssen. Harvard hätte wohl keine normale Universität mehr sein können mit akademischer Freiheit – und lehnte (Öffnet in neuem Fenster) diese Forderungen ab. Harvard hat also Versucht, sich den politischen Wünschen von Donald Trump und seinen Leuten zu widerstehen und wird jetzt hart bestraft: Die US-Regierung will der Universität die Aufnahme von ausländischen Studierenden untersagen. Auch Studierende, die bereits dort eingeschrieben sind, sind davon betroffen. 1 von 4 Studierenden (Öffnet in neuem Fenster) an Harvard sind aus dem Ausland – sie tragen auch stark zur Finanzierung der Elite-Universität bei. Die große Frage ist natürlich, wie das nun rechtlich weiterläuft. Viele Anordnungen der US-Regierung werden ja juristisch bekämpft. Man sieht hier jedenfalls sehr deutlich, dass das Team von Trump nicht einmal davor zurückschreckt, die volle Macht des Regierungsapparats gegen den akademischen Apparat einzusetzen – also gegen unabhängige Forschung und Lehre.

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2.) Forschungsgelder gestrichen

Neben diesem Druck, die politischen Wünsche der US-Regierung zu befolgen, passiert auch folgendes: Ein wichtiger Teil der US-Forschung wird ausgehungert. Mittlerweile gibt es sogar die Berechnung, dass 1 Milliarde an Forschungsgeldern gestrichen (Öffnet in neuem Fenster) worden sind - seitens der National Science Foundation. Es ist übrigens ein Trugschluss, dass lediglich Sozialwissenschaften betroffen wären, die als angeblich “woke” zu einem Feindbild gemacht werden. Wie die New York Times in einer Datenauswertung (Öffnet in neuem Fenster) zeigt, sind auch Gebiete wie die Informatik; Physik und Chemie, Klimaforschung und Wettervorhersage; oder zB Biologie stark betroffen. Wenig überraschend gibt es mittlerweile Warnungen, dass dies mittelfristig den USA selbst schaden wird – weil sie damit wichtige Forschung verhindert, die zum Reichtum des Landes und zu Innovation beitragen. Aber ich möchte ergänzen: Es ist auch natürlich für uns alle schlecht, wenn wissenschaftliche Erkenntnisse wegfallen oder erschwert werden (zB auch zu Klimaforschung und anderen Gebieten).

3.) Angriff auf unser Verständnis von Wahrheit

Ein Forschungsfeld, das ebenfalls stark betroffen ist, ist die Erforschung von Fehl- und Desinformation – sowie der Aufklärungs-Möglichkeiten hierüber. Ich sehe das auch als Versuch der US-Regierung von Donald Trump, noch stärker formen zu können, was Menschen als “wahr” empfinden – auch wenn es falsch sein mag. Zum Beispiel wiederholt Trump oft ähnliche Falschmeldungen (etwa über den “Deep State” oder über eine ihm angeblich “gestohlene Wahl”). Die Wiederholung ist wirkmächtig. Wenn Menschen eine Aussage öfters hören, halten sie sie eher für wahr. Dieser sogenannte „Illusory Truth Effect“ (Öffnet in neuem Fenster) (auf Deutsch: Wahrheitseffekt) wird seit den 1970er-Jahren in Studien beobachtet. Das Problem ist aktuell: Donald Trump nutzt nicht nur die Wiederholung als kommunikatives Instrument, um seine Falschheiten zugänglicher zu machen. In seiner zweiten Amtszeit wird es zunehmend auch schwieriger gemacht, Richtiges zu wiederholen – und somit auch Fakten mittels „Wahrheitseffekt“ zu unterstützen.

Zwei Beispiele: Bekannt ist natürlich, dass Facebook-Gründer Mark Zuckerberg eine Allianz mit Trump eingegangen ist – und nun in den USA die Kooperation mit Faktencheck-Angeboten beendete. Diese Faktenchecks sind auch mit Blick auf den Illusory Truth Effect ungeheuer wichtig: Weil die beharrliche Arbeit von Fact-Checking-Organisationen wie Reuters, AFP und so weiter bedeutet, dass hierbei auch in einer Tour auf Fakten hingewiesen wird.

Zweitens passiert noch etwas Grundlegenderes: Dass wir über den Illusory-Truth-Effect wissen, liegt an vielen wichtigen Studien zu diesem Thema. Zum Beispiel forscht die Psychologin Lisa Fazio (Öffnet in neuem Fenster) hierzu. Guess what: Auch sie ist von den Kürzungen von Forschungsgeldern betroffen. Die Gefahr ist also sowohl, dass in den USA Faktenchecks weniger präsent werden. Als auch, dass Forschung zu diesem Thema, etwa, wie effektiv zum Beispiel Faktenchecks oder andere Methoden der Aufklärung sind (Öffnet in neuem Fenster), schwieriger wird.

In Nature.com (Öffnet in neuem Fenster) schreibt Lisa Fazio aktuell: „Was können US-amerikanische Forschende in dieser Situation tun? Eines ist klar: sich politischem Druck nicht beugen und wichtige Forschungsfragen nicht aufgeben.“

Sie nennt dann eine Reihe von Möglichkeiten, wie Wissenschaftler:innen Projekte nun andersartig finanzieren oder ermöglichen können: Zum Beispiel die Nutzung von bereits bestehenden Datenbanken. Oder aber auch den Ansatz der Gamification, so gibt es ein paar Forschungsprojekte wie „The Music Lab (Öffnet in neuem Fenster)“, „Project Implicit (Öffnet in neuem Fenster)“ und das „Bad News (Öffnet in neuem Fenster)“-Spiel, die Tests für die breite Bevölkerung bieten – und durch die getätigten Angaben kann anonymisiert auch Forschung betrieben werden.

Besonders relevant erscheint mir, was Fazio schreibt: „Trotz der aktuellen Herausforderungen ist es wichtig, nicht in Defätismus zu verfallen und stillschweigend mit weniger Ressourcen und stärkeren Einschränkungen weiterzumachen. Es ist entscheidend, dass Forschende ihre Arbeit verteidigen und ihren Wert für unsere Gesellschaft deutlich machen.“

Auch das ist sinnvoll im Sinne des Wahrheitseffekts: Auf die Bedeutung solcher wichtiger Forschung weiterhin hinzuweisen. Man kann zum Beispiel selbst darauf achten, solche Forschende online zu abonnieren, bei ihnen mitzulesen – und ihre (nun umso mühevoller erstellten) Forschungsergebnisse zu teilen. Ich habe zum Beispiel auf Bluesky ein Starterpack angelegt, das auch Forschende zu Desinformation und Fehlinformation (Öffnet in neuem Fenster) inkludiert. Oder generell kann man schauen, umso mehr bei Wissenschafts-Seiten wie Nature.com (Öffnet in neuem Fenster), The Conversation (Öffnet in neuem Fenster), Spektrum.de (Öffnet in neuem Fenster), science.orf.at (Öffnet in neuem Fenster) mitzulesen.

Gerade in autokratischen Zeiten ist offensichtlich die Freiheit und Finanzierung von unabhängiger Wissenschaft gefährdet. Und umso wichtiger ist, dass wir alle auf den großen Wert solcher Wissenschaft hinweisen.

Das war’s für dieses Mal - bis in zwei Wochen!

Schönen Gruß

Ingrid Brodnig

Das Bild in der Web-Version wurde mit ChatGPT 4o erstellt.

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