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Wenn man zum Easter Egg wird …

Auf dem Bild sind ein E-Reader und zwei Bücher zu sehen.

Ich persönlich bin ja ein großer Fan von popkulturellen Referenzen und Easter Eggs in Filmen, Serien und Büchern.
Sei es ET und Artgenossen, die in Star Wars Episode 1 Sitze im Senat haben, die Paul-Rudd-Referenz in All that’s left in the World, der Teppich aus dem Hotel in The Shining, der im Nachbarhaus in Toy Story wieder auftaucht oder die epische Eröffnungsszene des Barbie-Films, die eine grandiose Adaption und Hommage der Anfangsszene aus 2001: Space Odyssey ist. (Und von Taylor Swift und ihren Easter Eggs fange ich gar nicht erst an.) Ich lieb’s und freue mich unendlich, wenn ich solche Referenzen und Easter Eggs entdecke.

Auch ich habe in meinen eigenen Büchern einige Popkultur-Referenzen und sogar ein paar Easter Eggs versteckt. (Habt ihr sie entdeckt oder soll ich dazu mal einen Beitrag machen? Schreibt’s in die Kommentare.)

Was ich aber nicht zu träumen gewagt hätte, dass auch meine eigenen Bücher – und sogar ich selbst! – mal in anderen Büchern auftauchen würden. Aber hier sitze ich nun und erzähle euch davon.
In Spin this Heart von Justine Pust (Öffnet in neuem Fenster) habe ich einen kleinen Auftritt als ich selbst. Ein kleiner imaginärer Chicago-Trip, den ich bei einer Auktion ersteigert habe. Für Michael Hirtzy mache ich seit seinem Debüt die Covergestaltung und den Buchsatz. Nun sehe ich beim Buchsatz schon einiges vom Buch ehe es veröffentlicht ist, dennoch war es eine große Überraschung als ich eins meiner Bücher im finalen Band der Bilder der Apokalypse (Öffnet in neuem Fenster)-Trilogie entdeckt habe. Das war mir beim Buchsatz nicht aufgefallen und hat mir beim Lesen ein breites Lächeln aufs Gesicht gezaubert.

In der aktuellen Reihe VorTeks von Michael Hirtzy ist er dann sogar noch einen Schritt weiter gegangen und hat aus Nur kurz leben ein Theaterstück gemacht. Im ersten Kapitel des sechsten Bandes der gerade erschienen ist, wird ein Teil davon aufgeführt und ich finde Michael hat das wunderbar umgesetzt und ich hatte große Freude daran das Kapitel zu lesen. So große Freude, dass ich Michael gefragt habe, ob ich es mit euch teilen darf.

Kapitel 1 – Mond – Hikari-Station – 2151
(aus VorTeks Band 6: Reise durch die Dunkelheit von Michael Hirtzy)

Der aus künstlichem Holz gefertigte Bühnenboden knarzte, als wäre er aus echten, jahrzehnte- oder gar jahrhundertealten Bohlen gefertigt.
Knirz
Knarz
Das Geräusch hatte etwas Wohltuendes. Beruhigendes. So was hörte man selten und es schmeichelte den Ohren. Weckte Erinnerungen an ihre Kindheit. An eine längst vergangene Zeit, in der sie den Sommer bei ihren Großeltern in Haimschlag verbracht hatte. Weit weg von den wie Geschwüre wuchernden Großstädten, die ihre tentakelgleichen Ausläufer immer weiter nach außen streckten.
Ida lächelte bei der Erinnerung an ein Leben, das siebenundzwanzig Jahre hinter ihr und rund dreihundertvierundachtzigtausend Kilometer entfernt lag. Ob es die aus schweren, naturbelassenen Stämmen gefertigte Hütte im Freilichtmuseum immer noch gab? Ida machte sich eine mentale Notiz, das zu recherchieren. Wenn ja, wäre es eine Idee für einen Erdurlaub mit Sylvie. Noch wäre es möglich. Bevor ihre Zeit ablief.
Beim Gedanken daran traten Tränen in Idas Augen, die sie hastig mit dem Handrücken wegwischte. Sie schniefte und warf verstohlene Blicke zu beiden Seiten. Ihre zwei Sitznachbarn saßen entspannt da. Mit starrem Blick zur Bühne. Gefangen von dem ungewohnten Schauspiel.
Ida bewunderte die Schule für ihren Mut.
Schon auf der Erde gab es nur mehr eine Handvoll Theater, in denen echte, lebende Schauspieler auftraten, um Stücke darzubieten. Doch auf Hikari, nein, soweit sie wusste auf dem gesamten Mond, war ihr so etwas noch nie untergekommen. Von Sylvie darauf angesprochen, musste Ida erst einmal in den Feed gehen, um zu recherchieren. Die Idee des Lehrpersonals, ein Stück aufzuführen, das auf einem literarischen Klassiker des einundzwanzigsten Jahrhunderts basierte, war bei der Elternschaft erst einmal auf Verwunderung getroffen, die teils in Ablehnung, großteils jedoch schnell in Begeisterung umschlug. So archaisch es klang, so fasziniert waren die meisten von dieser Idee, die binnen weniger Monate im heutigen Tag seinen Höhepunkt fand.
Die Premiere dessen, was drei Dutzend Jugendliche, eine davon Sylvie, in ihrer Freizeit geschaffen hatten. Eine Aufführung des lange verschollenen und erst vor wenigen Jahren wiederentdeckten Erstlings von Catherine Strefford, ›Nur kurz leben‹.
Ein gedrucktes Exemplar der Erstausgabe dieser Novelle war durch reinen Zufall in einer Verlassenschaft in Nordeuropa gefunden worden. Ida schmunzelte bei dem Gedanken, dass die Autorin wohl nie davon ausgegangen wäre, dass ihr Werk eines Tages die Grundlage einer Schuldarbietung auf dem Erdmond sein würde. Wie sie wohl darauf reagiert hätte?
Während Ida über all dies nachdachte, beendete der Junge auf der Bühne seinen Weg von einer Seite zur anderen. Ida bewunderte den Siebzehnjährigen dafür, wie gut er die Nervosität und Unruhe seines Charakters verkörperte. Im sanften Licht der im Bühnenrand eingelassenen Leuchtstreifen glitzerte der Schweiß auf seiner Stirn.
War er wirklich aufgekratzt und verängstigt, oder handelte es sich um künstliche Feuchtigkeit?
Im Hintergrund lag Sylvie zusammengerollt auf der Rückbank des archaischen Vehikels, das die Schulgruppe mithilfe von historischen Videoaufnahmen detailgetreu nachgebaut hatte.
Zum wiederholten Male an diesem Abend fühlte Ida den Stolz auf ihre Tochter, die trotz aller Rückschläge nicht aufgegeben hatte. Sie wollte Leonie vom ersten Tag an spielen und hatte sich durchgesetzt, ungeachtet der Belastungen, die sie sich damit auferlegte. Ida bewunderte sie für ihre Kraft. Zugleich fürchtete sie sich vor dem, was diese Anstrengung mit sich bringen mochte. Unweigerlich fordern würde. Ohne einen Weg zurück.
Sie biss sich auf die Unterlippe. Zwang sich, im Hier und Jetzt zu bleiben. Nicht an die Zukunft zu denken. Die dunklen Wolken, die drohend über ihr hingen, würden sich früh genug in einem Unwetter entladen. Allerdings nicht jetzt. Nicht in diesem Moment.
Richie, so der Name des von dem Jungen gespielten Charakters, fluchte und hieb mit der flachen Hand auf die Front des Fahrzeuges. Die Motorhaube, erinnerte sich Ida an Sylvies Erklärung.
»Ich bin nicht gut im Flüchten, so viel habe ich bisher gelernt«, sagte Richie, den Blick in die Ferne gerichtet, am Publikum vorbei in die Dunkelheit der zu einem Theatersaal umgebauten Lagerhalle. »In Entführung schon gar nicht. Zumindest spricht alles dafür, dass ich die Richtige entführt habe. Ich könnte sicherlich eine stattliche Summe für Leonie verlangen. Aber ich bin nicht gut in alldem. War ich nie.«
Vorsichtig fasste er sich an ein Auge. Das linke. Jenes, auf das er in der vorangegangenen Szene einen Schlag mit dem Ellbogen erhalten hatte. Die Maskenbildner hatten gute Arbeit geleistet. Wenige Sekunden hinter der Bühne hatten gereicht, um ihm ein Veilchen aufzumalen und vereinzelte künstliche Blutstropfen von seiner Nase rinnen zu lassen. Selbst von Idas Platz in der ersten Reihe wirkte es echt.
»Ich sollte schlafen. So wie Leonie«, sagte Richie. Seine Stimme driftete dabei ab, so als müsste er darum kämpfen wach zu bleiben. »Aber ich kenne mich. Aufgekratzt, wie ich bin, würde ich mich stundenlang hin und her wälzen. Und wozu? Um dann am Morgen gerädert weiterzufahren. Nein. Dann besser das Meer genießen.«
Richie lächelte und ging zum vorderen Bühnenrand. Dorthin, wo wenige Minuten zuvor wie von Zauberhand ein Streifen Sand erschienen war. Ida fragte sich, ob es sich um eine Projektion handelte oder um echten Sand, der bis dahin nicht angeleuchtet worden war.
Während Richie – Ida fiel auf, dass sie sich an den richtigen Namen des Jungen, der ihn spielte, nicht erinnerte – vorwärts trat, ertönte in den Akustikfeldern im Saal leises Meeresrauschen. Vorsichtig ließ sich Richie zu Boden sinken und legte sich in den Sand. Jetzt wurde offensichtlich, dass er echt war. Denn Ida erkannte, wie das Gewicht des Körpers eine Mulde bildete.
Für einen Moment wanderte ihr Blick wieder zu Sylvie, die noch immer reglos im Wagen kauerte. Ihre langen schwarzen Haare lagen offen wie ein Vorhang vor ihrem Gesicht. Sie spielte die Schlafende und trotzdem versetzte es Ida einen Stich. Wie oft noch würde sie ihr Kind so sehen können? Entspannt, ruhend und sicher? Sie fand keine Antwort darauf. Denn darauf konnte ihr niemand eine Antwort geben.
»Ist es nicht egal, ob sie mich wegen dem Tankstellengeld einsperren oder denken, ich hätte ein Mädchen entführt?«, setzte Richie seinen Monolog fort, der Ida tief im Inneren berührte. »Es ist egal, dass ich nicht weiß, was ich möchte und was morgen oder übermorgen sein wird. Alles nicht wichtig. Wichtig ist nur das hier. Dieser Moment.«
In diesem Augenblick zuckte Richie zusammen und mit ihm ein Großteil des Publikums. Inklusive Ida, die ihre Augen weit aufriss. Während das Publikum von den Worten des jungen Mannes gefesselt gewesen war, hatte sich Leonie völlig unbemerkt wie ein Geist angeschlichen. Völlig lautlos sank sie im Schneidersitz neben ihren Entführer. Ida stockte der Atem.
Auf Leonies Wangen erblickte sie glitzernde Tränen. Das eingespielte Rauschen der Wellen verstummte schlagartig. Das Einzige, was Ida hörte, war das leise Schluchzen ihrer Tochter. Wie ein glühend heißer Speer bohrte sich der Ton in Idas Ohren. Sie wusste, dass es nur gespielt war. Doch ihre Mutterinstinkte forderten sie auf, zu ihr zu laufen. Sie in den Arm zu nehmen. Sie zu trösten, um alles Böse von ihr abzuhalten. Wohl wissend, dass ihr dies nicht möglich war. Nicht hier, nicht jetzt. Vermutlich nie mehr wieder.
Ida fühlte, wie sich ihre Finger um die Lehne des Stuhles verkrampften. Sie zwang sich, ruhig zu bleiben und dem Stück seinen Lauf zu lassen.
Richie legte seinen Arm um Leonies bebende Schultern.
Sekundenlang verharrten die beiden wortlos, dann begann Richie genauso zu weinen. Nasse Tropfen glänzten wie Tau auf seinen Wangen.
Ida registrierte die völlige Stille im Saal. Alle Anwesenden schienen die Luft anzuhalten. Kein Laut drang vom Zuschauerbereich nach vorne. Gebannt vom Schauspiel der beiden Jugendlichen wagte es niemand, das leiseste Geräusch zu erzeugen.
Endlich, nach einer quälend langen Wartezeit, seufzte Leonie. Langsam drehte sie ihren Kopf zu Richie. »Warum weinst du denn?« Ihre sonst sanfte, weiche und helle Stimme klang belegt. Sie wischte sich das nasse Gesicht mit ihrem Ärmel trocken.
»Weil ich …«, setzte Richie zu einer Antwort an. Er stockte, schniefte und sprach dann verrotzt weiter: »Weil du weinst. Warum weinst du?«
Leonie atmete schwer. Wandte den Blick von ihm ab, zurück auf das Meer, hinein ins Publikum und die Dunkelheit.
Ida kannte das Stück nicht. Genauso wenig wie die zugrundeliegende Novelle. Vom ersten Tag an hatte sie Sylvie schwören müssen, sie nicht zu lesen. Nicht, bevor sie die Premiere des Stückes besucht hatte. Ida hatte sich an ihr Versprechen gehalten. Gerade deswegen traf sie die Antwort von Leonie – von ihrer Sylvie – wie ein Faustschlag in die Magengrube. Just verstand sie, warum Sylvie diese Rolle hatte spielen wollen. Um sie gekämpft hatte wie eine Löwin um ihre Jungen. Und warum Ida nicht wissen durfte, worum es ging.
Denn Sylvie hatte längst akzeptiert, was Ida seit vier Jahren versuchte von sich zu schieben.
Die Worte, ausgesprochen mit zitternder Stimme, hallten in Idas Ohren wie ein Glockenschlag: »Weil ich sterbe, du Idiot.«

Vielen Dank, lieber Michael, für diesen tollen Moment in meinem Autorinnenleben!

Wenn ihr spannende Science Fiction mögt, kann ich euch nur empfehlen mal bei Michael vorbeizuschauen. Über diesen Link (Öffnet in neuem Fenster) oder mit Klick auf das Bild kommt ihr zu seiner Website.

Auf dunklem Sternenhintergrund sind drei E-Reader zu sehen, welche die Cover der ersten drei Bände der VorTeks-Reihe von Michael Hirtzy zeigen. Außerdem der Text: Die Reise beginnt! Die VorTeks-Reihe von Michael Hirtzy. Das neue Science-Fiction-Abenteuer jetzt mit Kindle Unlimited lesen. (Öffnet in neuem Fenster)
Kategorie Autorinnenleben

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