Wie Kinder richtig loben
Du interessierst Dich für Dich selbst und Deine Beziehungen. Deshalb liest Du diesen Artikel bei »Aufklärung tut Not«. Heute wird vieles hinsichtlich Erziehung infrage gestellt. Sinnvoll ist das nicht immer.
Hallo, und herzlich willkommen, bei Aufklärung tut Not, zum Einleitungsartikel über Erziehung,
Wie Kinder richtig zu loben sind, ist eine Frage, die heute gestellt wird. Zumindest ist bei mir in letzter Zeit dieser Eindruck entstanden. Und ich kann sagen, dass mich dieser Umstand ziemlich befremdet. Ich kann mir nicht erklären, wie man ein Kind auch falsch loben kann.
Am 12.11.2024 erschien dazu ein neuerlicher Artikel bei Zeit online.
Leider hinter der Bezahlschranke.
https://www.zeit.de/familie/2024-10/richtig-loben-eltern-selbstbewusstsein-kinder-erziehung (Öffnet in neuem Fenster)Im 5. Artikel meiner Artikelserie zum Thema »Was bedeutet Erziehung? (Öffnet in neuem Fenster)« gehe ich auf Spurensuche.
Loben – Was ist das eigentlich?
Auch bezüglich des Begriffs Loben ist eine Definition (Öffnet in neuem Fenster) zunächst einmal sinnvoll.
https://www.duden.de/rechtschreibung/loben (Öffnet in neuem Fenster)jemanden, sein Tun, Verhalten o. Ä. mit anerkennenden Worten (als Ermunterung, Bestätigung o. Ä.) positiv beurteilen und damit seiner Zufriedenheit, Freude o. Ä. Ausdruck geben
Die Definition im Duden (Öffnet in neuem Fenster) macht deutlich, dass der Tätigkeit Loben verschiedene Aspekte und Motivationen zugrunde liegen können. Einerseits kann sich das Loben auf eine Person beziehen. Andererseits können wir das Handeln einer Person loben. Und schließlich ist es möglich, das Verhalten einer anderen Person zu loben.
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Ein Lob beinhaltet laut der Definition eine positive Beurteilung.
Wichtig ist bei einem Lob auch, dass wir mit einem Lob einem angenehmen Gefühl wie zum Beispiel Zufriedenheit oder Freude Ausdruck verleihen können.
Kinder zu loben ist Übungssache?
Ein Artikel beim Online Magazin Fokus (Öffnet in neuem Fenster) gibt erste Hinweise darauf, warum das Loben schwierig ist, oder besser formuliert, Eltern heute erschwert wird.
Denn der Artikel startet mit der Feststellung in seiner Überschrift, dass Loben Übungssache ist. Das würde bedeuten, dass Eltern nicht richtig loben können, sondern dies erst einmal üben müssen.
Der Ton ist beim Loben der Kinder wichtig?
Ein weiterer Artikel (Öffnet in neuem Fenster), der bei Elternwissen erschienen ist, titelt mit der Behauptung, dass der Ton beim Loben entscheidend ist.
Doch beim Lesen fällt schnell auf, dass es im Artikel nicht um den Ton, sondern die Wortwahl und anderes geht.
Loben macht kinder abhängig
Ein dritter Artikel (Öffnet in neuem Fenster), den die Seite Familienleben veröffentlicht hat, stellt die These auf, dass Loben Kinder abhängig macht.
Die Seite beruft sich dabei auf sogenannte Experten, die behaupten, zu viel Lob würde Kindern schaden. Diese Experten sind Professor Klaus Hurrelmann (Öffnet in neuem Fenster) und der Autor Jesper Juul (Öffnet in neuem Fenster).
3 Formen des Lobens
Die gesamte Person
“Du bist ein super Fußballspieler!” Ein solches Lob ist laut Elternwissen.com (Öffnet in neuem Fenster) fatal.
Im Tipp 2 (Öffnet in neuem Fenster) bei Elternwissen heißt es, es sei wichtig, nicht Eigenschaften, sondern Leistungen zu loben. Im Tipp behauptet Elternwissen, dass es richtig sei, Kinder zu loben, wenn sie sich besonders angestrengt haben. Andernfalls könnten bei Kindern Selbstzweifel Nahrung bekommen.
Die gesamte Person zu loben, wird hier nicht empfohlen.
Das Handeln von Kindern
https://praxistipps.focus.de/kinder-richtig-loben-so-gehts_112571 (Öffnet in neuem Fenster)Loben Sie am besten nur infolge konkreter Situationen und persönlicher Erfolge, für die sich Ihr Sprössling angestrengt hat. Das Lob sollten Sie dann auch ganz eindeutig kommunizieren.
So sieht ein Rat bei Fokus zum Loben aus. Es wird empfohlen, eine spezielle Handlung, hier die Anstrengung eurer Kinder zu loben. Nur so würden eure Kinder die richtigen Maßstäbe für ihr Handeln lernen. Also auch hier wird von euch als Mütter und Väter gefordert, nicht die Person, sondern eine konkrete Handlung eurer Töchter und Söhne zu loben.
Andererseits wird auch mit diesem Rat der Leistungsgedanke betont.
Das Verhalten von Kindern
Im Artikel bei Familienleben wird der Autor Jesper Juul mit folgenden Worten zitiert:
https://www.familienleben.ch/kind/erziehung/selbstbewusste-kinder-ermutigen-statt-loben-3947 (Öffnet in neuem Fenster)Lob ist eine Note, eine gute Note. Das heisst, unsere Beziehung ist jetzt nicht mehr gleichwertig, ich bin der Lehrer, und ich kann entscheiden, was der Schüler verdient hat, eine schlechte oder eine gute Note
Der Artikel stellt mit dem Zitat von Jesper Juul eine These auf, die es zu beweisen gilt, oder anders gesagt, die fachlich untermauert werden müsste. Der Artikel leistet dies nicht. Dennoch fordert der Artikel, Kinder nicht zu loben, sondern zu ermutigen. Doch Loben und Ermutigen sind 2 völlig unterschiedliche Handlungen. Während sich ein Lob auf die Gegenwart bezieht, ist die Ermutigung auf die Zukunft ausgerichtet.
Weiter zitiert der Artikel Jesper Juul mit folgenden Worten:
https://www.familienleben.ch/kind/erziehung/selbstbewusste-kinder-ermutigen-statt-loben-3947 (Öffnet in neuem Fenster)Wenn man ein Kind will, das einfach nur funktioniert, ohne nachzudenken, ist Lob eine praktische Sache
Jesper Juul unterstellt Eltern, die Loben, mit der zitierten Aussage also, dass sie lediglich funktionierende Kinder haben möchten. Oder etwas vorsichtiger formuliert, verbindet er das Loben mit einer Manipulation oder mindestens mit einem Manipulationsversuch. Das ist übergriffig und selbst ziemlich manipulativ.
Loben von Kindern auf dem Hintergrund eigener Gefühle
Entgegen der Aussage von Jesper Juul geht es beim Loben im Kern nicht nur um einen Verdienst aufgrund einer Bewertung. Es geht vor allem auch darum, als Elternteil, also als Vater oder Mutter, Deiner Tochter oder Deinem Sohn ein eigenes Gefühl zum Ausdruck zu bringen.
Wie ich bereits mehrfach geschrieben habe, stellen sich Gefühle situationsbedingt ein. Wenn Du als Vater mit Deinem Sohn also Fußball spielst und Du begeistert darüber bist, wie gut er das macht, dann ist es vollkommen legitim, dies auszudrücken.
“Du bist ein guter Fußballspieler” ist eine in diesem Moment angemessene Aussage. Mit der These, dass Ermutigung die Selbständigkeit eurer Kinder stärkt, streut der Artikel gleichzeitig, dass Lob die Selbständigkeit eurer Kinder schwächt. Das ist keineswegs allgemeingültig, denn Dein Sohn kann sich auch einfach nur über Deine Beobachtung oder Deinen Eindruck, dass er ein guter Fußballer ist, freuen.
Sämtliche Tipps basieren auf der Spekulation, was Kinder aus Deinem Lob machen könnten. Es geht immer darum, Schaden abzuwenden.
So heißt es zu Anfang des Artikels bei Familienleben:
https://www.familienleben.ch/kind/erziehung/selbstbewusste-kinder-ermutigen-statt-loben-3947 (Öffnet in neuem Fenster)Wenn Kinder jedoch viel Lob erhalten, glauben sie, dass sie das tun müssen, was andere wollen. Sie schliessen daraus, dass dies der einzige Weg ist, ein Selbstwertgefühl zu entwickeln
Hierbei handelt es sich wiederum um eine gewagte These. Da diese Behauptung allgemein formuliert ist, müsste man sie durch die Befragung sämtlicher Kinder belegen.
Viel Lob ist außerdem eine relative Formulierung. Lobt ihr als Elternteil viel, wenn ihr 1x pro Woche oder 1x am Tag lobt? Ist es schädlich, wenn euch euer Sohn oder eure Tochter in einer Woche 6x Freude bereitet und ihr dies mit einem Lob zum Ausdruck bringt?
Kinder loben ohne Kalkül
Fachkräfte aus der Pädagogik bzw. Erziehungswissenschaft (Öffnet in neuem Fenster) und anderen Disziplinen mögen gute Absichten haben, wenn sie jegliches Erziehungs- und Beziehungsverhalten von Eltern auf den Prüfstand stellen. Doch für euch als Mütter und Väter besteht die Gefahr, dass ihr eure Kinder nicht mehr aus euch selbst heraus lobt.
Das Loben wird meines Erachtens durch ‘Fachleute’ und solche Artikel, aus denen ich hier zitiere, hochstilisiert. Auch kann es nach meinen Beobachtungen dazu führen, dass ihr als Eltern zu viel nachdenkt, wenn ihr mit euren Kindern umgeht. Die Folge kann sein, dass ihr weniger bei euch seid und damit weniger Kontakt zu euren Kindern herstellen könnt.
Lobt ihr eure Kinder, wenn euch danach ist? Oder denkt ihr bereits darüber nach, ob und wann es sinnvoll ist, euren Sohn oder eure Tochter zu loben?