Folge #13 - Skeptik ist nie verkehrt.
Ich muss zugeben: Ich bin Skeptiker. Das war ich immer schon. Vielleicht nicht als Kind, das nicht drumherum kam, an den Osterhasen, den Weihnachtsmann oder an andere Fabelwesen zu glauben. Ich habe an die Geschichten meiner Eltern geglaubt. Und an das plötzliche Auftauchen von Süßigkeiten und Geschenken in bestimmten Momenten. Gab ja auch keinen Grund, meinen Eltern nicht zu glauben.
Ansonsten bin ich aufgewachsen in einer säkularen Familie. Sowas wie Gott, Teufel, Allah, Odin oder Spider-Man kam bei uns nicht vor. Es spielte zumindest keine Rolle. Ich habe trotzdem gerne zugehört, wenn andere ihre Geschichten dazu erzählt haben und ihren Glauben vertreten haben. Für mich war es nichts. Bzw. das Gleiche wie bei dem Osterhasen: eine nette Geschichte.
Skeptiker bin ich auch jetzt noch. Deshalb ist mir auch so wichtig, dass ich meine Erlebnisse nicht unter der Prämisse erzähle, dass man sie glauben sollte oder sie als Wahrheit zu akzeptieren habe. Das überlasse ich jedem selber, das steht jedem frei. Konsequenzen, durch das ‚nicht daran glauben’, gibt es eh keine. Jeder kann und soll tun und lassen, glauben oder nicht-glauben, wie und was er/sie mag.
Ich behaupte: Selber würde ich mir meine eigene Geschichte (siehe Folge #2) (Öffnet in neuem Fenster) nicht abnehmen. Dafür ist das Erlebte in meinen Augen einfach zu skurril. Zu fantastisch. Und viel zu ‚abgespaced‘ und weird.
Und genau das habe ich auch unmittelbar nach der ersten bis sogar nach dem dritten Koma und meinen bis dahin stattgefundenen Aufenthalten im Jenseits getan: mir das selber nicht geglaubt.
Warum eigentlich nicht?
Vielleicht, weil ich mich persönlich selber nicht so wichtig und bedeutend nehme, um überhaupt in Betracht zu ziehen, dass ausgerechnet mir unbedeutendem Kerl sowas Außergewöhnliches widerfahren könnte.
Vielleicht, weil ich im Bett lag, als ich aus dem Koma erwachte. Und es mir demnach naheliegend erschien, dass es nur ein Traum sein könne. Wer morgens im Bett aufwacht, lernt im Laufe der Jahre ganz automatisch, dass das Erlebte der letzten Stunden oder Minuten vorher, nichts weiter als Träume waren. Selbst, wenn dieses im eigenen Kopf erzeugte komplett anders war als jeder der üblichen Träume.
Vielleicht auch, weil es gleich so außerweltlich, fantastisch und absolut war, dass ich mir beim besten Willen nicht vorstellen konnte, dass DAS real gewesen sein könnte - sondern viel eher eine durch die verabreichten Medikamente verursachte Halluzination.
Der Unterschied zu einer Halluzination ist jedoch, dass ich zwar jedesmal Medikamente bekommen habe, aber diese bzw. die Wirkstoffe darin, sich von Krankenhaus zu Krankenhaus unterschieden haben.
Im Gegensatz zu einem Traum war die Erfahrung viel vollkommener. Nicht so verwaschen, sondern klar - so wie etwas das man bei gutem Licht und klarem Blick vor einen sieht. Im normalen Leben hatte ich zwar jede Menge Träume, aber niemals in der Qualität wie dort. Jetzt ist es eine Erinnerung. Aber selbst die ist so deutlich wie die Erinnerung an alles echt erlebte. Und nicht wie die Erinnerung an einen Traum. Und: Es war alle viermal der exakt gleiche Ort. Den ich in meinem normalen Träumen nie zuvor und nie danach betreten hatte.
Ich bin nach wie vor Skeptiker. Aber hier ist für mich auch kein Glauben nötig. Hier verfüge ich über das Wissen, dass ich es selbst so erlebt habe. So wie ich mir gegenüber behaupten kann: „In dem kleinen Garten vor meiner Haustür steht ein Baum.“ Und weiß, dass das ein echter Baum ist - und kein Traum, keine Halluzination, kein Hirngespinst. Für mich ist es Wissen. Für jeden anderen, dem ich davon erzähle, ist es dennoch nur eine Behauptung, und zwar solange, bis ich einen Beweis dafür erbringe (zum Beispiel ein Foto) oder derjenige sich selbst davon überzeugt, dass da tatsächlich ein Baum im Garten steht. Oder glaubt, dass ich schon die Wahrheit sage.
Den Beweis kann ich nicht erbringen.
Sich selbst davon überzeugen, wird irgendwann erfolgen. Das ist sicher. Das jedoch vorab künstlich zu erzeugen, um sich dorthin zu bringen, endet mit ziemlicher Sicherheit tödlich. Also bleibt nur der Glaube.
Aber auch hier: den braucht es noch nichtmal. Jeder kann und soll das alles hier lesen, wie eine fiktive Geschichte. Aber das Überprüfbare und Offensichtliche für sich als Wahrheit nutzen.
Die einzig relevante Wahrheit meiner Geschichte ist die Erkenntnis, dass es wichtig ist, Gutes zu tun, gut zu handeln, einfach menschlich zu sein. Das spielt für das Jenseits die wichtigste Rolle. Weil es das ist, was das Sein dort definiert.
Aber wenn wir diesen letzten Gedanken, den Aspekt ‚Jenseits’ entfernen, lässt sich dennoch ganz einfach überprüfen, dass es auch hier von maximaler Relevanz ist, Gutes zu tun und menschlich zu handeln: Einfach weil es anderen Lebewesen in ihrer irdischen Existenz hilft. So simpel ist das auch schon. Dafür braucht es noch nichtmal großangelegte Studien, man weiß es einfach. Durch die eigene Erfahrung. Und diese Hilfe kommt im Normalfall auch zu einem selbst zurück. Unmittelbar! In dem man die eigene Freude bei sich selbst spürt, dass man gutes getan hat.
Wenn wir auf die Religionen schauen, sehen wir, dass fast alle diese Art des Handelns in ihre Statuten verankert haben. Und das ist prima. Man kann der härteste Skeptiker sein und trotzdem erkennen, dass das die Basis des Menschlichen ist. Und somit Religionen zumindest akzeptieren. Der Haken: Religionen verknüpfen für gewöhnlich diese simple Basis gerne mit weiteren Forderungen. Die da lauten, ihrem Gottwesen zu huldigen. Und da bin und bleibe ich skeptisch. Sowohl, dass es ein oder mehrere Gottwesen gibt, als auch, dass dieses gehuldigt, angebetet oder bedienstet werden sollte. Da dieser Dienst bereits in vollem Maße erfolgt, wenn man sich menschlich verhält. Das heißt: andere nicht verletzt, anderen hilft und ihnen nicht schadet. Und sie schon gar nicht umbringt. Das gilt übrigens auch für Tiere.
Mir braucht man nicht glauben. Genauso wenig wie irgendwem anders, der eine Behauptung aufstellt, die das Jenseits betrifft. Wichtig ist eigentlich nur, dass man sich hier in unserer Welt menschlich verhält. Und diese Menschlichkeit im Umgang mit anderen Lebewesen konstant beibehält. Und nicht aufgrund von Nachlässigkeit, Faulheit, dem Alltagsstress oder welche Faktoren auch immer unter den Tisch fallen lässt. Denn das hat die Konsequenz, dass wir mehr und mehr als schlechtes Vorbild für andere fungieren und nach und nach entmenschlichen. Dem Menschsein den Sinn nehmen. Und das wäre schade. Denn eigentlich sind wir vom Grunde her eine ganz tolle Spezies.