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Eine neue Definition von Fülle

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Der Oktober ist angebrochen. Der letzte Monat, in dem ich fünf Tage die Woche selbstständig arbeiten darf. Seit Jahr und Tag jongliere ich Schreibzeit, Haushalt, Garten, Familie nach eigenem Gutdünken. Während ich diesen Blogbeitrag ungeschminkt in Yogapants und Pyjamaoberteil schreibe, stehe ich zwischendrin auf, stopfe eine Ladung Schmutzwäsche in die Waschmaschine, pflücke ein paar Himbeeren im Garten, koche mir Tee, mache zehn Liegestütze und dann setze ich mich wieder an den Schreibtisch. Diese Freiheiten weiß ich sehr zu schätzen. Ab November hat das Lotterleben ein Ende, wenn ich in Bluse und Bügelfaltenhose ins Büro gehe. Für eine halbe Woche werde ich wieder ein anständiges Mitglied der Gesellschaft! 

Ich habe mir effektive Routinen erarbeitet, die mir hier und da Freiraum lassen fürs Lesen, für Waldspaziergänge und Gilmore-Girls-Abende. 

Jedoch, wie ihr sicherlich bemerkt habt, tendiere ich zur Überproduktivität. In letzter Zeit denke ich darüber nach, woher diese Tendenz kommt. Warum ich so ticke, wie ich ticke. Ich glaube, das hat viele Gründe und wollte ich sie alle hier erörtern, würde ich eure Geduld überstrapazieren (ich sage nur: protestantisch-mennonitische Arbeitsmoral). 

Aber dieser ist einer meiner Gründe, warum ich zur Überproduktivität neige: Ich möchte am Ende des Tages etwas von Wert vorweisen können. Z.B. eine komplett abgehakte To-Do-Liste. Ein fertiges Buchkapitel. Eine aufgeräumte Festplatte. Ein frisch angelegtes Gemüsebeet. Zwei Bleche Zwiebelkuchen und ein Sauerteigbrot. 

In unserer digitalisierten Welt, in der das Arbeiten mit den Händen abnimmt, zieht es uns zu lebensspendenden Tätigkeiten: Pinsel, Spaten, Sauerteig, Holz, Erde, Papier. Am Ende sehen und spüren und hören wir ein Produkt. Das empfinde ich als zutiefst zufriedenstellend. 

Aber die dunkle Seite der Überproduktivität ist diese: Ich messe dem, was ich geschafft habe, den höchsten Wert zu. Ich bewerte einen Tag als guten Tag, an dem ich produktiv war. Und hebe damit die Arbeit auf den höchsten Thron. 

Letzte Woche war meine Mutter für einige Tage zu Besuch. Das sind besondere Zeiten, die ich, vor allem jetzt, sehr bewusst wahrnehme und genieße. Ich bin morgens aufgestanden, habe uns eine Kanne Kaffee gekocht. Wir saßen am Esstisch, neben meiner Mutter lag das Losungsbüchlein. Neben mir meine To-Do-Liste. Die Kanne leerte sich, wir redeten. Über den vor uns liegenden Tag, über meinen Vater, über das Wetter, über Gott. 

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