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4 Dinge

Ich komme gerade aus dem Garten herein, der Dreck klebt unter den Fingernägeln. Nun sitze ich mit Blick auf die Wildkirsche, die sich heute morgen entschlossen hat, ihr Blütenkleid aus der Winterruhe zu holen. Neben mir eine Tasse lauwarmer Tee. Ich musste ihn auf der ewigen Suche nach meiner Brille stehen lassen. Vielleicht werde ich jetzt doch mal in jedes Zimmer dieses Hauses Lesebrillen platzieren. Ich verbringe zusammengerechnet vier Tage des Jahres mit der Suche nach der Brille, ohne die ich nicht mehr leben lesen kann. Du siehst, die 50 naht mit Riesenschritten und mit ihr die ersten Alterserscheinungen. 

Aber mit Midlife-Krisen-Themen will ich dich heute nicht quälen. Vielleicht bist du noch zu jung dafür. Oder du bist schon so alt, so dass du nur müde über meine Zipperlein lächelst und denkst: Warte nur, bis du 80 bist! Dann sehnst du dich zurück in die Zeiten, als Sehschwäche dein einziges Problem war!

Es ist immer eine Frage der Perspektive, nicht wahr?

Heute will ich Bilanz  der letzten zwei Wochen ziehen. Was beschäftigt mich? Was begeistert mich? Was lese ich? Ich beende jeden Punkt mit einer Frage, die du für dich beantworten kannst. Du kannst die Antwort auch als Kommentar (weiter unten) teilen. Das wäre mir eine ganz besonders große Freude!

1. Berge hochlaufen

Ja. Du hast richtig gelesen. Ich begeistere mich dafür, in aller Herrgottsfrühe Berge hinaufzulaufen. Falls du mich näher kennst, dann weißt du, dass ich Bergwandern die gleiche Begeisterung entgegenbringe wie gekochter Roter Bete und einer Wurzelbehandlung. 

Aber vor zwei Wochen wachte ich sehr früh auf (senile Bettflucht – eine weitere Alterserscheinung) und spürte zum ersten Mal in meinem Leben den Drang, einen Berg zu erklimmen. Ich lag eine Weile verwundert im Bett und entschloss mich dann, meinen Körpersignalen zu folgen. Denn das habe ich letzter Zeit gelernt: Der Körper hat immer recht. 
Also schnürte ich gehorsam die Laufschuhe, griff nach meinen Walkingstöcken und keuchte im Stechschritt den höchsten Berg am Rande unseres Dorfes empor. Es war eine gloriöse und beinahe auch eine religiöse Erfahrung, die ich seitdem regelmäßig wiederhole. 

Ich glaube eine Erklärung für mein verstörendes Verhalten zu haben. Mein Körper muss das ausüben, was Seele und Herz in den letzten Jahren bewältigten: Berge erklimmen. Und dabei spüren dürfen, dass ich es schaffe. Dass ich stärker bin als ich glaube. Wenn dir also demnächst eine Frau um halb sieben Uhr morgens mit hochrotem Kopf und ungebrochener Entschlossenheit entgegenstapft, aus deren Hosentasche ein Sträußchen Schlüsselblumen quillt, könnte es ich um meine Wenigkeit handeln.  

Spürst du die Signale deines Körpers? Was sagt er dir in letzter Zeit?

2. Ostern

Da wir weiterhin Familie leben, haben wir diesen Tag gemeinsam verbracht. Er war von Anfang bis Ende ein Geschenk. Und in diesem Jahr begreife ich das Wunder von Ostern anders. Ich glaube, jeder der eine Zeit des Leidens durchlebt hat, identifiziert sich tiefer mit der Karfreitagsverzweiflung, der Karsamstagshoffnungslosigkeit und dem Ostersonntagslicht. 

„Aufstehen und mich dem Leben in die Arme werfen.
Nicht erst am jüngsten Tag, 
nicht erst, wenn es nichts mehr kostet
und niemandem mehr weh tut. 
Sich ausstrecken nach allem, 
was noch aussteht
und nicht nur nach dem Zugebilligten. 
Uns erwartet das Leben. 
Wann, wenn nicht jetzt?“



Diese Worte von Sutter Rehmann begleiteten mich durch den Tag. Begleiten mich  noch heute. Fordern mich auf, mich dem Leben ohne Sicherheitsnetz in die Arme zu werfen. Ich übe. 

Wie hast du Ostern verbracht? War es ein schwieriger oder ein lichterfüllter Tag?

 

3. Auf meinem Nähtisch

Die Nähmaschine ist mein Part-Time-Lover. Manchmal interessiert sie mich ein halbes Jahr lang nicht und dann beginne ich wieder eine heiße Affäre mit ihr. Unsere momentane Situationship? Ein harter Crush: 
Wir beide produzieren aus den vielen, vielen Stoffresten, die ich horte, allerlei Nettes und Nützliches. Wie z.B. Scrunchies und Haarbänder. Diese Tee-Taschentäschchen (Öffnet in neuem Fenster), die sich gefüllt mit Teebeuteln ganz wunderbar verschenken lassen. Und natürlich mein Dauerprojekt: Der Trauer-Quilt. Er wird. Und wie er wird! Ich liebe, wie sich seine Form langsam aus meinen Ideen herausschält und Gestalt annimmt. 

Hast du ein kreatives Hobby? Wenn ja, welches? 

4. Bücher, Bücher, Bücher
Lesen war, ist und wird immer Priorität in meinem Leben haben. Bücher haben meine Fantasie als Kind befeuert, meine jugendlichen Einsamkeiten gelindert und sie sind Nahrung für meinen Hunger nach Schönheit, Kunst, Weisheit. 

Schauen wir mal, welche Bücher mich in den letzten Wochen satt gemacht haben: 

Zwischengedanken (Öffnet in neuem Fenster) von Sandra Geissler
Ich werde nie etwas NICHT mögen, was aus Sandras (Öffnet in neuem Fenster) Feder stammt. In ihrem neuen Buch Zwischengedanken plädiert sie dafür, uns mit dem Leben zu versöhnen, wie es ist. Zwischen überhöhten Ansprüchen, Idealen und den Realitäten eine gesunde Mitte zu leben. Zwischen Zuversicht und Zweifel, Scheitern und Gnade, Wollen und Können. Tut euch etwas Gutes, kauft euch ihr Buch. Es sind nicht nur ihre vielen, exzellenten Gedanken, die mich begeistern, sondern auch ihr gekonnter Schreibstil.

Von dem Versuch, mich selbst zu zähmen, und dem Mut, es sein zu lassen (Öffnet in neuem Fenster) von Christine Poppe
Kennt ihr das Gefühl? Nicht ihr findet ein Buch, sondern ein Buch findet euch? Zur richtigen Zeit? So ging es mir mit Tinas Debüt-Buch. Sie schreibt über ihre erste Ehe und deren Zerbruch. Aber es ist kein ausschließlich autobiografisches Buch, sondern gespickt mit tiefgründiger Theologie. Tina schreibt über das Aufräumen toxischer Rollenbilder, über den langen Weg der Vergebung und über den Wert von Therapie. Ich würde es jedem Menschen in die Hand drücken, der a) gerade durch eine Trennung geht und der b) sich von religiös tradierten Rollenbildern lösen will. Ganz große Leseempfehlung!

Heimwärts (Öffnet in neuem Fenster) von Kate Morton
Alte Herrenhäuser? Südaustralien? Ein rätselhafter Mordfall? Rosengärten? Liebevoll gezeichnete Charaktere? Kate Morton hakt alles ab. Hätte sie das 600 Seiten lange Buch kürzer fassen können? Selbstverständlich. Hätte ich das gewollt? Nein. Weil jede Stunde mit dieser atmosphärisch dichten Geschichte ein Genuss war und die Auflösung in eine ganz andere Richtung ging als vermutet. 

Undivided (Öffnet in neuem Fenster) von Vicky Beeching
Dieses Buch hat mir das Herz auf eine gute Weise gebrochen. Die bekannte Worship-Sängerin Vicky Beeching trägt seit ihrer frühen Jugend ein belastendes Geheimnis mit sich. Sie ist lesbisch. Ein unhaltbarer Zustand im Evangelikalien der 90er und 2000er Jahre. Sie lässt über sich beten, ihr wird versucht der Dämon der Homosexualität auszutreiben (ein zutiefst traumatisierendes Erlebnis) und sie fleht Gott jahrelang um Heilung an. Nichts geschieht und sie unterdrückt ihre Sexualität bis zu dem Zeitpunkt, an dem Körper und Seele kollabieren. Ihr Outing ist ein Skandal und sie verliert in dessen Folge ihre Karriere. Lies dieses Buch – vor allem, wenn du nicht weißt, wie du dich als gläubiger Mensch in der Frage der Homosexualität positionieren sollst. Und lass dir das Herz auf eine gute Weise brechen. 

Welche Bücher waren dir in letzter Zeit Nahrung?

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