KW 19 | 2025

Liebe Leserin, lieber Leser,
Zum ersten Mal teilen wir Sprache mit einer anderen “Spezies”. Nicht Syntax. Nicht Befehle. Sondern - scheinbar - echte sprachliche Begegnung.
Neulich in einem Gespräch mit einer Dozentin: „KI? Das ist für mich nicht relevant. Ich arbeite ja nicht digital.“ Ein Satz, wie man ihn im Moment oft hört. Dahinter steckt ein Missverständnis – und vielleicht auch eine gewisse Beruhigungsformel. Als wäre Künstliche Intelligenz nur eine Funktion in irgendeiner App. Oder eine Erweiterung von E-Learning.
Denn während wir noch darüber sprechen, welche Arbeitsblätter Chat GPT generieren kann oder wie man es datenschutzkonform in Lernsettings einbindet, hat sich etwas Grundsätzliches verschoben: die Art und Weise, wie Menschen KI erleben. Nicht als Werkzeug. Sondern als Gegenüber.
Sprachliche Nähe schafft emotionale Nähe
Daten aus Nutzungsstudien und Interviews zeigen: Die Top-Anwendungsfälle für Chat GPT im Jahr 2025 heißen nicht mehr „Produktivität“ oder „Textgenerierung“. Sie heißen Purpose, Begleitung, Therapeutische Gespräche. Gleich danach folgt “Erweitertes Lernen”. Menschen wenden sich an KI nicht mehr nur, um etwas zu erledigen, sondern um etwas zu empfinden. Orientierung. Nähe. Sogar Trost.
Warum? Weil Sprache wirkt. Und Chat GPT & Co. sind inzwischen in der Lage, mit uns so zu sprechen, dass wir uns verstanden fühlen. Nicht nur gehört. Verstanden.

Menschlichkeit im Spiegel
Für uns, die wir mit Menschen arbeiten – in der Lehre, im Coaching, in der Weiterbildung –, ist das mehr als ein technologischer Trend. Es ist eine neue Qualität gespiegelter, nachgeahmter Menschlichkeit. Ein Spiegel, der uns zeigt, dass die Stärke von KI nicht in der richtigen Antwort liegt, sondern in der richtigen Art zu antworten. Mit Feingefühl. Mit einem Verständnis für das, was nicht gesagt wurde.
Und vielleicht am eindrucksvollsten: in der Fähigkeit zu pausieren.
Was auf den ersten Blick technisch wirkt – dass Advanced Voice von ChatGPT jetzt Pausen im Gespräch setzt –, ist in Wirklichkeit ein kommunikativer Quantensprung. Denn genau in diesen Pausen entsteht Nähe. Resonanz. Bedeutungsraum. Dort, wo früher nur maschinenhafte Reaktionsgeschwindigkeit zählte, zeigt die KI nun etwas zutiefst Menschliches: das Aushalten von Stille, das Zulassen von Zwischenraum. Und das trifft uns – nicht rational, sondern emotional.
Das ist keine Science-Fiction mehr. In Tests zur Theory of Mind (Öffnet in neuem Fenster) (Öffnet in neuem Fenster)schneidet Chat GPT besser ab als viele Menschen. Es erkennt indirekte Bitten, soziale Codes, unausgesprochene Erwartungen – kurz: Es agiert sprachlich auf Augenhöhe. Nur Ironie und Witz sind noch nicht ausgereift. (Aber vielleicht ist das auch eine letzte Bastion.)
Wir blicken aus der falschen Richtung
Das eigentliche Problem: Wir schauen auf KI mit dem Blick der Lehrkraft, des Bildungsanbieters. Was kann sie für mich tun? Für meinen Unterricht? Für meine Materialien?
Wir fragen viel zu selten: Was tut sie mit meinen Teilnehmenden? Was bedeutet es, wenn Lernende beginnen, sich lieber einer Maschine anzuvertrauen?
Wenn sich individuelles Lernen, emotionale Ansprechbarkeit und sprachliche Feinfühligkeit in der KI verbinden, dann berührt das unmittelbar unsere Rolle als Lehrende, Beratende, Begleitende.
Diese Entwicklung haben wir bislang kaum in ihrer Tiefe erfasst. Wir richten unseren Fokus noch immer auf Fragen wie: Wer ist klüger? Wie erkennen wir Halluzinationen? Wie lässt sich KI in Prüfungsformate integrieren? Doch das eigentliche disruptive Potenzial liegt woanders: in der menschenähnlichen Sprache, in der Art, wie KI kommuniziert – und genau dort fordert sie uns heraus, wo wir uns als Menschen stark fühlen. Im Zwischenmenschlichen. Im Spürbaren. Im Vertrauen.
Kosmologische Kränkung, die dritte
Vielleicht erleben wir gerade eine dieser berühmten kosmologischen Kränkungen, von denen Freud sprach. Nicht nur, dass wir nicht das Zentrum des Universums sind (Kopernikus) oder einzigartig unter den Tieren (Darwin) – jetzt könnten wir auch sprachlich nicht mehr allein sein.
Wir sollten beginnen, das ernst zu nehmen.
Wir halten Sie auf dem Laufenden. Ihr 51° Nord-Team
David Röthler, Christiane Carstensen und Sonya Dase
Was Sie im aktuellen Newsletter als 51° Nord-Mitglied (Öffnet in neuem Fenster)(30 Tage Testzeitraum) erwartet:
NotebookLM einfach erklärt für den Lernalltag
AI-First bei Duolingo
Angst vor Arbeitsplatzverlust gerechtfertigt?
Infografiken mit Chat GPT? Mit diesen Infografiken geht’s besser!
Neu bei Chat GPT
Wir haben die neuen KI-Smart-Glasses von Even Realities getestet
Rezension: “Selbstorganisiertes Lernen mit generativer KI: Neue dialogische Lernwelten im beruflichen Kontext” von Werner Sauter und Daniel Scholler-Schai
Workflow-Serie Transkriptionen: Das richtige Werkzeug wählen
Zu Gast bei 51° Nord: Marko Jeftic von Vergabepilot.ai (Öffnet in neuem Fenster) und Clemens Hübschmann, KI-Berater für KMUs
Nächste KI-Sprechstunde am 28.05., 11 Uhr online.
erarbeiten kann. Ein praktischer Zugang für alle, die sich das Tool bisher eher "von außen" angesehen haben.

Einen Terminkalender mit Fortbildungen, Events und Tagungen zu KI, Bildung und Bildungsmanagement finden Sie hier. (Öffnet in neuem Fenster)

Bei 51° Nord zu Gast
Termine exklusiv für unsere Premium- und Enterprise-Mitglieder
Per Zoom.
22.05.25
Wir freuen uns, unseren Premium- und Enterprise-Mitgliedern am 22. Mai von 13 bis 14 Uhr Marko Jeftic, den Gründer von Vergabepilot (Öffnet in neuem Fenster), als Gast bei 51° Nord präsentieren zu dürfen. Er wird uns seine innovative, KI-gestützte Suchmaschine für Ausschreibungen vorstellen – ein große Erleichterung für alle, die sich regelmäßig mit öffentlichen Ausschreibungen beschäftigen.
Ebenfalls am 22.05., allerdings von 10.00-11.00 Uhr, haben wir Clemens Hübschmann zu Gast, der als KI-Berater vorwiegend in KMUs unterwegs ist und uns berichtet, was die Wirtschaft außerhalb der Bildungsbubble bewegt und umtreibt. Wer Clemens kennt, weiß: Es wird spannend und amüsant.
03.06.25, 10-11 Uhr
Zu Gast: Katrin Nägele, www.satznachbarn.de (Öffnet in neuem Fenster)

Monatliche 51° Nord-KI-Sprechstunde
Termine exklusiv für unsere Enterprise-Mitglieder. (Öffnet in neuem Fenster)
Eine bunte Mischung: Wir führen neue Tools und Anwendungen vor, Sie bringen konkrete Fragen aus Ihrer beruflichen Praxis mit …
Per Zoom.
28.05.25 von 11.00 - 12.00 Uhr
In unserer KI-Sprechstunde werfen wir gemeinsam einen Blick auf spannende Tools und aktuelle Entwicklungen.
Natürlich nehmen wir uns auch Zeit für Ihre individuellen Fragen rund um das Thema KI.
Nächste Termine für die KI-Sprechstunde schon mal vormerken!
19.06.25 von 15.00 - 16.00 Uhr
30.07.25 von 11.00 - 12.00 Uhr
Newsletter abmelden/
Mitgliedschaft abonnieren, kündigen oder upgraden
Am Ende jedes Newsletters finden Sie einen Link, mit dem Sie den Newsletter abbestellen können. Bitte beachten Sie, dass dies Ihre kostenpflichtige Mitgliedschaft nicht beendet! Falls Sie Mitglied sind, muss diese separat über Steady (Öffnet in neuem Fenster) gekündigt werden.
Sie erreichen uns als Redaktion unter info@51GradNord.ai.