#8 Mit Nazis sprechen
Kolumnenbeitrag, November 2024
Jedes Mal, wenn jemand online entscheidet die eigene Plattform zu nutzen, um vor einem Publikum mit Nazis, Faschos oder anderen Personen mit rechten Positionen zu sprechen, höre und lese ich danach immer folgenden bewundernden Satz: „Krass, dass du so ruhig geblieben bist.“
Ich wundere mich jedes Mal über diese Initialreaktion, und zwar aus mehreren Gründen, die ich hier gerne näher ausführen möchte.
Dafür möchte ich kurz auf die Unterscheidung zwischen Nazi, rechts, rechtsextrem und rechtsradikal eingehen. Sie sind keineswegs einfach zu definieren – auch in der Theorie nicht. Ein rechtes Weltbild zeichnet sich vor allem durch einen Fokus auf individuelle Freiheiten aus, der dafür soziale Hierarchien durchsetzen will. Deshalb ist die Folge davon zwangsläufig Diskriminierung. Häufig geht es darin auch um Nationalismus und Patriotismus und um die Durchsetzung eines traditionellen, also binären Geschlechtersystems mit stereotypischen Geschlechterrollen. Das Rechtsaußenspektrum, vertritt dies auch, aber ist in der Durchsetzungsform oft radikaler, wobei Rechtsradikale, obwohl sie ein geschlossen rechtes Weltbild vertreten, sich mit ihren Forderungen und Aktionen nicht zwingend im verfassungsfeindlichen Bereich aufhalten. Rechtsextremist*innen jedoch, sind mit ihren Haltungen so extrem, dass sie mit der demokratischen Grundhaltung unvereinbar sind – und damit auch zwangsläufig verfassungsfeindlich. Oft verlaufen die Grenzen zwischen ihnen jedoch fließend. Nazis sind das alles, aber nicht jede Person, die rechts ist, ist ein Nazi. Diese Aufschlüsselung soll nicht als Verharmlosung gelesen werden, sondern nur darlegen, dass es in der sogenannten „Rechten“ verschieden extreme Zugänge gibt. Das Weltbild an sich gilt es jedoch meiner Meinung nach an jeder Stelle des Spektrums zu bekämpfen. Politische Bildung kann bspw. ein Mittel dafür sein.
Ich erwähne das, weil ich bei diesen Aktionen, in welchen Streamer*innen sich live mit Leuten unterhalten, die sich am rechten Spektrum befinden, wohlwollend von einem Versuch ausgehe, politische Bildung auf den Social-Media-Kanälen anzubieten – gerade wenn diese Formate von sich selbst als links verstehenden Content Creator kommt. Oder welchen anderen Grund hätte man sonst sich mit ihnen in den Stream zu setzen?
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