Stepha Quitterer: Pepe und der Oktopus auf der Flucht vor der Müllmafia
Bei diesem Buch mit seinen ordentlichen 519 Seiten hatte ich erstmal Sorge, dass das so schnell nichts werden würde mit der Rezension, weil ich nicht wusste, wann ich für so ein dickes Buch die Zeit haben würde. Aber als ich mich dann erstmal aufgemacht hatte, bin ich fast ohne Pause von Hamburg nach China gereist, mit einem Oktopus im Rucksack und den Anzüglern im Nacken...
Okay, von vorne. Der Titel verrät schon viel über die Geschichte: Mitten in der Nacht wacht der elfjährige Pepe auf, weil Männer in halbseidenen Anzügen auf sein Hamburger Kinderzimmerfenster schießen. Die Männer jagen einen Oktopus, und der hat sich ausgerechnet in Pepes Zimmer geflüchtet. Dabei handelt es sich nicht um einen x-beliebigen Oktopus, sondern um einen Diplomaten: Als Vertreter der Meeresbewohner soll er die Menschen dazu bringen, weniger Plastikmüll zu produzieren. Seine Gegner sind die Algen, die sich durch die Meeresverschmutzung und die Erwärmung des Wassers stark vermehren konnten - sie haben "Rebo", wie Pepe den Oktopus nennt, weil er wie ein Regenbogen schillern kann, an die Männer von der Müllmafia verraten. Und die jagen ihn jetzt, damit er nicht rechtzeitig zur Konferenz der Weltmeeresbewohner zurück ins Südchinesische Meer gelangen kann, wo man ihn für den Kampf gegen die Algen dringend braucht.
Rasanter Road-Trip um die halbe Welt
Das klingt nach einer ziemlich verrückten Geschichte, und verrückt ist sie auch. Aber: Sie ist mit so viel Witz, Spannung und Liebe zum Detail erzählt, dass sie einen einfach mitreißt. Pepe und Rebo begeben sich auf eine abenteuerliche Verfolgungsjagd ans Südchinesische Meer - auf dem Landweg, denn die Müllmafia überwacht die Wasserwege. Sie reisen über Polen, Rumänien und die Ukraine, durch das Schwarze Meer, Georgien und Aserbaidschan; sie durchqueren Kasachstan, Kirgisistan und schließlich China. Ihnen begegnen Unterstützer, aber auch Verräter, und die "Anzügler" von der Müllmafia sind ihnen immer auf den Fersen - gefährlich genug, um die Geschichte spannend zu halten, aber gleichzeitig so trottelig, dass man sich die Spannung immer wieder von der Seele lachen kann. Während der Reise wird aus einem ängstlichen Elfjährigen ein gewitzter Ausbrecher und aus dem ungleichen Paar ein unzertrennliches Team.
Realität trifft Fantasie
Ich hatte meine Freude an der Geschichte: Sie ist wirklich spannend, oft sieht es schlecht aus für die zwei ungleichen Helden und die nächste Lösung ist nicht immer vorhersehbar. Mit dem globalen Plastikmüll-Problem hat sie ein aktuelles und bei Kindern präsentes Thema; gleichzeitig nimmt sie sich alle Freiheiten der Fantasie. Meiner elfjährigen Tochter hat dabei am besten gefallen, wie geschickt Fantasie und Realität verbunden sind; der Oktopus etwa verständigt sich über Farbwechsel und Saugnapf-Drücker "und das ist doch viel schöner, als wenn er einfach reden könnte", findet sie. Und all diese Einzelheiten verbinden sich wunderbar zu einem rasanten Schmöker.
Mein persönliches Highlight sind aber die Beschreibungen jedes Landes, durch das Rebo und Pepe reisen. Jetzt wo ich mit der Reise durch das Buch fertig bin, will ich unbedingt mal nach Rumänien und nach Georgien. Und ja, weniger Plastikmüll produzieren will ich auch.
Gerstenberg Verlag, ab 10 Jahren, 20 Euro.
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