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Abgeordnete aus LDS unterstützen Bauern

22. Dezember 2023

Liebe Lesende,

woher bekämen wir die Weihnachtsgans, den Rot- oder den Rosenkohl, wenn nicht vom Bauern? Kaufen wir sie regional - und was ist uns der Festtagsschmaus wert? Fragen wie diese stellen sich in diesem Jahr zum Fest ganz besonders. Denn tausende Bauern haben in dieser Woche mit, in und auf Traktoren in Berlin gegen die Kürzungsmaßnahmen der Bundesregierung demonstriert. Viele sehen sich in ihrer Existenz bedroht - sie, die unsere Existenz mit Lebensmitteln sichern sollen. Doch das letzte Wort ist noch nicht gesprochen - das versprechen Brandenburger Bundestags- und Landtagsabgeordnete wie Sylvia Lehmann und Sascha Philipp, die beide aus der Landwirtschaft kommen und ihren Wahlkreis in Dahme-Spreewald haben.

Tausende Bauern sind am Montag auf die Straße gegangen - oder besser: gerollt, auch aus Dahme-Spreewald: Heiko Terno, Geschäftsführer des AWO-Reha-Gutes Kemlitz und Vizepräsident des Landesbauernverbandes, und Roland Gefreiter, ehrenamtlicher Bürgermeister von Schönwalde, posteten am Montag zahlreiche Fotos von der mindestens beeindruckenden Demo rund um die Siegessäule in Berlin:

https://www.facebook.com/roland.gefreiter/posts/pfbid02Q2FxGF1tDALKR9WyCZuN7tqmbCFhRufQWbVFvJnMnVMpG7wKCTS9eEoJnbTceLXSl (Öffnet in neuem Fenster)

Mit ihren Traktoren haben die Bauern nicht nur Berliner Straßen lahm gelegt, sondern vor allem gegen die geplanten Maßnahmen im Bereich Landwirtschaft zur Konsolidierung des Bundeshaushaltes protestiert. Weil wegen des Milliarden-Lochs überall gespart werden muss, sollen die Landwirte künftig auf die Steuererleichterung beim Agrardiesel verzichten und KfZ-Steuern für ihre Traktoren zahlen. Bislang bekamen Landwirte einen Teil der Mineralölsteuer auf ihren Diesel erstattet - um innerhalb der EU wettbewerbsfähig zu bleiben. Und sie mussten keine KfZ-Steuern zahlen, weil sie mit ihren Traktoren hauptsächlich Feldwege und keine Straßen nutzen. Dies will die Bundesregierung nun ändern - und somit nach eigenen Angaben rund eine Milliarde Euro zusätzlich einnehmen.

Heiko Terno, Geschäftsführer des AWO-Reha-Gutes Kemlitz und Vizepräsident des Landesbauernverbandes, war in Berlin dabei. “Ich war froh, dass unser Berufsstand so geschlossen aufgetreten ist”, sagt er. Dass der Protest gehört wird, davon geht er aus: “Es muss sich was bewegen.” Für seinen Betrieb würden die Kürzungen beim Agrardiesel 28.000 Euro Mindereinnahmen pro Jahr bedeuten, eine mögliche KfZ-Steuer schätzungsweise noch einmal so viel. Ähnlich sieht es bei Sascha Philipp, Geschäftsführer des Landgutes Pretschen und Landtagsabgeordneter der SPD, aus: Für seinen Betrieb sei beim Agrardiesel mit Mindereinnahmen von rund 18.000 Euro pro Jahr zu rechnen, für die KfZ-Steuer könnte nochmal so viel dazu kommen, schätzt er.

“Das sind zusätzliche Kosten, die wir uns eigentlich nicht leisten können”, sagt er. Das Problem sei, dass Landwirte permanent mit Kostensteigerungen zu kämpfen hätten, aber keine Mehrerlöse generieren könnten, weil keine höheren Preise gezahlt würden. Von den 17 Milliarden, die im Bundeshaushalt eingespart werden müssen, entfällt rund eine Milliarde auf den Bereich Landwirtschaft - damit sei das Land überproportional belastet, findet der Bio-Landwirt. “Wieviel trägt denn die Landwirtschaft zum Bruttoinlandsprodukt bei?”, fragt er und verweist darauf, dass “an den Stellen, wo viel Geld verdient wird, nicht so gekürzt wird wie in der Landwirtschaft”. Die Bundestagsabgeordnete Sylvia Lehmann (Öffnet in neuem Fenster) (SPD), die ihren Wahlkreis in Dahme-Spreewald hat und selbst aus der Landwirtschaft kommt, kritisiert die Kurzfristigkeit der Entscheidung. “Man kann nicht von jetzt auf gleich eine langjährige Förderung, von der die Landwirte bislang ausgehen durften, streichen”, sagt sie, “denn wir haben den Landwirten keine Alternative zu bieten: Es gibt keine Elektrotraktoren und keine Elektro-Mähdrescher.”

Ähnlich sieht es die Grünen-Fraktion im Brandenburger Landtag. Der aus Schönwalde stammende Abgeordnete Benjamin Raschke beruft sich auf die Kritik (Öffnet in neuem Fenster) des grünen Brandenburger Landwirtschaftsministers Axel Vogel an den Maßnahmen: “Unbestritten ist, dass klimaschädliche Subventionen abgebaut werden müssen. Dafür braucht es allerdings Vorlauf und Zeit für Gespräche mit den landwirtschaftlichen Berufsverbänden.” Axel Vogel spricht sich dafür aus, dass die Steuerbefreiung für Biodiesel bestehen bleibt und weitere Anreize zur Energieeinsparung und zum Umstieg auf klimafreundliche Energieträger  und Bewirtschaftungsverfahren in der Landwirtschaft beschlossen werden. Es gehe “um einen echten Wandel in der Agrarpolitik, um unsere landwirtschaftlichen Betriebe auf Dauer zu stärken, gerade vor dem Hintergrund der Transformation zu mehr Nachhaltigkeit”, schreibt (Öffnet in neuem Fenster) die CDU Brandenburg in einem Offenen Brief an den Bundeslandwirtschaftsminister.

Auch die gesamte SPD-Fraktion in Brandenburg sei gegen die Maßnahmen, sagt Sascha Philipp: “Wir sind uns da alle einig und wir werden das kundtun.” Allerdings seien sie keine Bundestagsabgeordneten. Sylvia Lehmann strebt derweil eine komplette Rücknahme der vorgeschlagenen Maßnahmen im Bereich Landwirtschaft an. “Die Diskussion geht erst jetzt los”, sagt sie. “Es war eine Entscheidung von drei Herren, die tagelang zusammengesessen haben und alles abgewogen haben”, erklärt sie mit Blick auf die Beratungen der Koalitionsspitze. Indes habe die übrige Bundesregierung die Vorschläge “lediglich zur Kenntnis genommen und nicht beschlossen”. Erst jetzt beginne die Diskussion im politischen Raum. “Und da gibt es unterschiedliche Interessenlagen. Jeder meldet sich jetzt und schlägt andere Dinge vor, das ist das normale Geschäft.”

Sascha Philipp geht davon aus, dass die Proteste nach den Feiertagen weitergehen. Seine Lösungsvorschlag wie auch der von Sylvia Lehmann wäre, eine neue Notlage zu erklären: “Und die heißt Klimawandel.”

Und auch Heiko Terno ist sich sicher, dass es am 8. Januar wieder eine Demonstration in Berlin gibt: “Mein Handy steht nicht still, es melden sich inzwischen auch Spediteure und Handwerker, die alle mitkommen wollen.”

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