Zum Hauptinhalt springen

Wieviel Nähe lassen Wahlkreise zu?

15. Dezember 2023

Liebe Lesende,

kennen Sie eigentlich Ihre Kreistagsabgeordneten? Also die Abgeordneten, die aus Ihrem Wahlkreis für Sie im Kreistag sitzen? Die Sie vor Ort auch mal ansprechen können, wenn Sie Fragen oder Ideen haben zu dem, was im Kreistag entschieden wird? Die Ihr Dorf oder Ihre Stadt ziemlich gut kennen? Vielleicht hängt das davon ab, wo Sie leben. In Königs Wusterhausen leben so viele Menschen, dass die ganze Stadt ein Wahlkreis ist. Im Süden umfasst ein Wahlkreis hingegen gleich zwei Städte, ein Amt und eine Gemeinde. 65 Kilometer misst dieser Wahlkreis in der Ost-West-Ausdehnung. Wie gut kann da die Wahlkreisarbeit klappen? Genau darum ging es in den vergangenen Wochen im Kreistag. Nun ist entschieden (Öffnet in neuem Fenster), dass die Wahlkreise für die nächste Kreistagswahl am 9. Juni 2024 so bleiben, wie sie sind.

Die Herausforderung beim Zuschnitt der Wahlkreise: In jedem müssen in etwa gleich viele Menschen leben, und die üblichen Gemeindegrenzen sollen berücksichtigt werden. Daher soll Königs Wusterhausen möglichst nicht zerschnitten werden. Für Heideblick und das Amt Lieberose/Oberspreewald besteht nur die Möglichkeit, mit ihren einzigen direkten Nachbarn Luckau bzw. Lübben einen Wahlkreis zu bilden. Bei einer Variante mit fünf Wahlkreisen liegt die durchschnittliche Einwohnerzahl bei knapp 36.000 Einwohnern, Abweichungen in einem Wahlkreis von bis zu einem Viertel sind möglich. So weit die gesetzlichen Konstanten.

Variabel bleibt die Einwohnerzahl, die im Landkreis recht unterschiedliche Dynamiken entfaltet. Im Hinblick auf den weiteren Zuzug in Schönefeld wollte (Öffnet in neuem Fenster) die Kreisverwaltung den Wahlkreis III (Schönefeld, Mittenwalde, Bestensee) um Einwohnerzahlen entlasten und Bestensee dem südlichen Nachbarwahlkreis zuschlagen. Dieser Wahlkreis IV mit Märkische Heide, Heidesee sowie den Ämtern Schenkenländchen und Unterspreewald hatte bislang die größte Abweichung zum Mittel: minus 17,5 Prozent. Die anderen Wahlkreise lagen im Plus. Mit einer Neuordnung wäre dieses beseitigt worden. Dafür hätten Schönefeld und Mittenwalde ein Minus von 18,5 Prozent gehabt - was mit Blick auf das Schönefelder Wachstum jedoch dahingeschmolzen wäre, so die Prognose der Kreisverwaltung.

In den vorbereitenden Ausschüssen war eine Variante mit sieben Wahlkreisen diskutiert worden. Auf diese nahm der CDU-Abgeordnete Olaf Damm aus Schönefeld bei der Abstimmung am Mittwoch im Kreistag nochmals Bezug. Da war längst wieder die alte Wahlkreiseinteilung auf der Tagesordnung, darauf hatten sich die Fraktionsvorsitzenden offenbar geeinigt. Olaf Damm kündigte an, dagegen stimmen zu wollen. “Kommunalwahlen sind keine Parteien-Wahlen”, sagte er. Lösungen vor Ort erforderten “Lokalpatriotismus und bodenständige Nähe zu Wählern”. Gleichzeit sei eine sinkende Bereitschaft zum Wahlamt zu beobachten, das werde durch fehlende Anonymität noch befördert. “Ein Wahlkreis, der nicht mit dem Fahrrad zu durchfahren ist, ist zu groß”, sagte er und warb nochmals dafür, den Wahlkreis II, also die Stadt Königs Wusterhausen, zu teilen - “für faire Wahlkampfbedingungen”. Und im Süden könne so ein überschaubarer Wahlkreis mit einem “schaffbaren Wahlkampf” und einer “sinnvollen” Mandatsausübung” entstehen.

Die Einteilung mit sieben Wahlkreisen widerspricht nach Aussage der Kreisverwaltung jedoch dem Brandenburgische Kommunalwahlgesetz. Das schreibt vor, dass die Grenzen der Kommunen bei der Wahlkreiseinteilung berücksichtigt werden müssten. Ein Schreiben der Landesregierung an den Kreis bestätigte dies nach Wokreisel-Informationen nochmals. Seine Fraktion habe vor diesem Schreiben resigniert, sagte der Grünen-Abgeordnete Lothar Treder-Schmidt aus Luckau. “Für mich stellt sich das als übliches Potsdamer Unverständnis für Probleme des ländlichen Raumes dar”, sagte er. Das Argument, dass lokale Identitäten nicht durch Wahlkreiseinteilungen zerschnitten werden sollen, sei für ihn fragwürdig. Wahlwerbung für politisch engagierte Menschen sei in so einem großen Wahlkreis wie dem südlichsten jedenfalls kaum möglich. “Dann werden anonym die Parteien gewählt.”

Verhindern wolle die Verwaltung nach Wokreisel-Informationen auf jeden Fall, dass das Prozedere zum Klagefall wird wie bei der vorletzten Kommunalwahl in Cottbus. Gerichte hatten bestätigt, dass die Wahlkreiseinteilung nicht gleichmäßig genug war: Die Einwohnerzahl im kleinsten und größten der fünf Wahlkreise war zu stark vom Mittelwert abgewichen. Eine Einteilung in sieben Wahlkreise war vor diesem Hintergrund von der Kreisverwaltung von vornherein verworfen worden.

Lutz Krause, Abgeordneter der Unabhängigen Bürgerliste (UBL) aus Mittenwalde, sah es pragmatisch: Er könne die Argumente zwar verstehen, “aber wir machen schon lange unsere Wahlkreisarbeit im gesamten Kreis.” Er habe früher auch nicht gewusst, wo Pitschen-Pickel liegt oder Byhleguhre-Byhlen. “Es geht doch darum, wie viele Wählerinnen und Wähler zur Wahl gehen.”

Bei 29 Ja-Stimmen, 10 Gegenstimmen und vier Enthaltungen wurde die alte Wahlkreiseinteilung bestätigt. Spätestens in der nächsten Legislatur, wenn Schönefeld weiter wächst, müsse erneut über eine Änderung der Wahlkreise diskutiert werden, so die Kreisverwaltung. Die alte neue Einteilung sieht so aus:

Wahlkreis I: Gemeinde Eichwalde, Gemeinde Schulzendorf, Stadt Wildau, Gemeinde Zeuthen
Wahlkreis II: Stadt Königs Wusterhausen
Wahlkreis III: Stadt Mittenwalde, Gemeinde Schönefeld, Gemeinde Bestensee
Wahlkreis IV: Gemeinde Heidesee, Amt Schenkenländchen, Amt Unterspreewald, Gemeinde Märkische Heide
Wahlkreis V: Gemeinde Heideblick, Stadt Lübben (Spreewald), Stadt Luckau, Amt Lieberose/Oberspreewald

Um diesen Beitrag lesen zu können, musst du Mitglied werden. Mitglieder helfen uns, unsere Arbeit zu finanzieren, damit wir langfristig bestehen bleiben können.

Zu unseren Paketen (Öffnet in neuem Fenster)

0 Kommentare

Möchtest du den ersten Kommentar schreiben?
Werde Mitglied von Wochenkreisel und starte die Unterhaltung.
Mitglied werden