Ein Sommernachtstraum in Planten un Blomen
„Halt, das darfst du nicht essen!“
Ein Schauspieler jagt eine Möwe vom Spielplatz, die versucht eine Requisite zu stibitzen. Auf dem Sand des großen Spielplatzes im Planten un Blomen sind bunte Schwimmnudeln und andere kleine Teile verstreut. Der Spielplatz selbst ist abgeriegelt und langsam versammelt sich eine beeindruckende Menge an Zuschauern, die auf Klappstühlen, Decken und Bänken mit gebotenem Abstand Platz nehmen. Mir fällt eine Frauengruppe auf, die sich um eine reich gedeckte Picknickdecke mit Wein, Baguette und selbstgemachten Salaten versammelt. Sie dürfen dagegen sehr wohl essen. Natürlich nicht die Requisiten, sondern ihr eigens mitgebrachtes Essen. Mein siebenjähriges Kind genießt die plötzliche Freiheit, jedes Spielgerät benutzen zu dürfen, ohne lange zu warten oder fragen zu müssen. Es dämmert und die ungewöhnliche Theaterkulisse taucht in ein rosafarbenes Licht.
„Ein Sommernachtstraum“ auf dem Spielplatz im Park. Aufgeführt von U3-Theater. Ich habe ihn fast verpasst. Dabei habe ich mir dieses Stück ganz fest vorgenommen. Nur war es schwieriger mein Kind dazu zu überzeugen, zum Theater zu gehen, als Karten zu kriegen. Die ungewöhnliche Bühne hat mich dann gerettet. Und was für eine Bühne! Ich war total neidisch. Der Spielplatz, der von St.Petersburger Straße am schnellsten zugänglich ist, fällt auf durch zwei riesige, knallgelbe, vulkanartige Berge – auch Bullerberge genannt – und jede Menge Dreh-, Kletter-, Wasser- und Hüpfvorrichtungen. Für zwei Stunden nur für sieben Erwachsene zugänglich, die ihre kreative Freiheit mit kindlicher Freude ausleben durften. Sie hüpften, kletterten, hingen in den Seilen und drehten sich.
Die bekannte und vielinterpretierte Geschichte von Shakespeare wurde von Athen nach St.Pauli umgesiedelt. Lysander ins FC St.Pauli- und Dimitrius ins HSV-Outfit gesteckt. Ist doch klar, dass Hermia (die in St.Pauli aufwuchs) da keinen Bock hat, einen HSV-Fan zu heiraten. Und nachdem der schelmische Puck den Falschen verzaubert hat, war der Ärger im vollem Gange … da hingen sie in den Seilen, die ärgsten Feinde, vereint durch die Liebe zu einer Frau … Die Originalgeschichte findest Du ganz schnell bei Wikipedia, wenn Du sie nicht schon kennst.
Das Publikum hat gebrüllt, gepfiffen und die armen Möwen wussten nicht, was ihnen geschieht, flogen verwirrt und immer noch scharf auf die Teile der „Zauberblume“ über der „Bühne“. Es war ein tolles Vergnügen und die Inszenierung ist absolut empfehlenswert.
Das U3-Theater ist eine relativ junge und neue Gruppe an Künstler:innen. Ihr Konzept ist ziemlich cool. Sie wollen Theater, Musicals und Musik im öffentlichen Raum vorstellen und für alle zugänglich machen. Momentan findet man zwei Stücke auf ihrer Website: „Ein Sommernchtstraum“ und „Der Sturm“. Beide im Planten un Blomen — das Central Park Hamburgs und ehemalige Wallanlagen. Schau mal gern selbst nach.
Kleiner Exkurs: Wenn man den Verlauf des Parks auf einer Satellitenansicht im Internet findet, dann sieht man zusammen mit Landungsbrücken, Kennedybrücke und den Bahnlinien am Hauptbahnhof bis zum Oberhafen deutlich den Verlauf der ehemaligen hamburger Grenze …
Irgendwann vergaß ich die Zeit, mein Kind, den Spielplatz … als das Stück zu Ende ging, wurde es schon dunkel, weiches Scheinwerferlicht bestrahlte den „verwunschenen Wald“ und die Darsteller trugen Stirnlampen. Verträumt und vergnügt suchte ich meinen Sohn. Nach einer kleinen Theatereinlage seinerseits (weil er jetzt nicht gehen wollte) haben wir uns dann darauf geeinigt, dass wir morgen wieder kommen.
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Tschüß und bis nächste Woche!
Julia Zeichenkind