WIR ist ALLE!
Adventskalender 2024 - Vier - 04. Dezember
Immer wieder stoße ich in Diskussionen auf die Frage, wer bzw. was - oder welcher Standpunkt - rechts und wer oder was links ist. Außerdem fällt mir auf, dass eigentlich niemand rechts und niemand links sein will. Vor allem nicht extrem. Alle wollen “Mitte” sein. Alle beanspruchen für sich, die Mehrheit, die Mitte und “die Bürger*innen” zu vertreten. Eben alle. Alle, die “normal” sind, jedenfalls.
Auch will niemand Nazi sein, auch nicht die rechtsextremen, rechtspopulistischen oder rechtskonservativen Nationalisten oder National-Neoliberalisten und erst recht nicht die neuen National-Sozialisten, die alle nicht gendern, weil sie nicht “linksgrünbuntversifft” sein wollen. Und “Gutmensch” will auch niemand sein.
Dabei bleibt meistens komplett unverstanden, dass man beides gleichzeitig sein kann:
Man kann wirtschaftspolitisch links (zum Beispiel sozialistisch oder kommunistisch) und gesellschaftspolitisch rechts (also allen, die nicht genauso sind (denken, glauben, fühlen, aussehen, reden & handeln), wie ich selbst, feindselig gesonnen sein).
Historische Beispiele dafür sind
der National-Sozialismus, der im Nazi-Deutschland mit Faschismus und Rechtsextremismus kombiniert worden war.
die DDR bzw. die Sowjetunion, die wirtschaftlich kommunistisch war, aber keine Religionsfreiheit, keine Pressefreiheit, keine Versammlungsfreiheit usw. gewährte - also die demokratischen Grundrechte stark einschränkte, die außerdem auch antisemitisch, rassistisch, queerfeindlich, homophob etc. - also durchaus faschistoid - war.
Weitere aktuelle Beispiele lassen sich finden.
Was wir uns mal klar machen müssen, wenn wir weiter kommen wollen in unserem Bestreben das gute Leben #füralle herzustellen:
“In der Mitte ist der Gang zum Klo.”
Damals - nach der französischen Revolution, welche die Monarchie in Frankreich beendet hat, so dass die Demokratie in den Kinderschuhen steckte - als das Parlament in Frankreich gegründet wurde, stellte sich die Frage, wieviel Veto-Recht der ehemalige König noch haben sollte, wie steil also die Hierarchie noch sein sollte
Rechts von der Mitte saßen diejenigen, die noch sehr königstreu bzw. monarchistisch waren und dem König bzw. dem Adel noch hierarchische Privilegien einräumen wollten, also mehr Entscheidungsmandate, mehr Rechte und mehr Möglichkeiten der “Umverteilung nach oben” - also des Aufreißens der Schere zwischen Arm & Reich - und der Mitbestimmung über Bürger*innen in Fragen ihres Lebenswandels, indem klar benannt wird, was als tugendhaft, wünschenswert und sittlich/moralisch gut bezeichnet, anerkannt & belohnt und was sogar verboten & bestraft wird (z.B. Homosexualität oder Polyamorie versus monogame Heterosexualität und sexuelle Aktivität (vor allem von “anständigen Frauen” nur innerhalb einer Ehe). …
Links von der Mitte saßen diejenigen, die ein sehr hohes Mitbestimmungsrecht des “einfachen Volkes”, also der demokratischen Bürger*innen, die während der Monarchie ausschließlich als Untertanen regiert wurden und keinerlei Mitbestimmungsrecht hatten, wollten. Also diejenigen, die fanden, dass jene, über deren Köpfe hinweg bisher bestimmt worden war, nun selbst bestimmen sollten, wie sie leben wollten - und auch, was mit staatlichen Mitteln finanziert werden soll und was nicht. Der aufwändige Lebenswandel von Adligen also eher nicht. Dafür aber eher Schulen für alle Kinder, Bildung für alle, öffentliche Parks, Restaurants, Badeanlagen, später Schwimmbäder für alle, anstelle von exklusiven Luxusvergnügungen nur für wenige Privilegierte.
Demokratie - das gute Leben #füralle - liegt links von der Mitte!
Links
Wirtschaftspolitisch: Gemeinwohl-Ökonomie
Starker Staat: Staat verteilt (um), Staat greift regulierend ein - für das gute Leben #füralle - “Eigentum verpflichtet” wird ernstgenommen!
Gut erklärt wird der Unterschied zwischen rechter & linker Wirschaftspolitik und rechter & linker Gesellschaftspolitik in den beiden YouTube-Videos von “die da oben” (Was ist rechts? / Was ist Links?) - verlinkt mit Button:
Gesellschaftspolitisch: liberal & progressiv
Starke Individualität: Staat gibt wenig vor, was die individuelle Lebensgestaltung angeht. Religionsfreiheit, Pressefreiheit, Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit; große Selbstbestimmtheit, wenig “klassische” & “traditionelle” Rollen; für Fragen der sexuellen Orientierung & Geschlechtsidentität & sonstige Fragen des Lebenswandels gilt gewissermaßen der kategorische Imperativ nicht in der Weise, dass alle “es” genauso machen müssen, wie ich; sondern in der Weise, dass alle - genauso wie ich - tun & lassen können, was sie wollen, solange sie niemandem schaden - neminem laede (schade niemandem!) - so bezeichnete Kant den allerkleinsten gemeinsamen Nenner, auf den sich alle verständigen können sollten.
Rechts
Wirtschaftspolitisch: Neoliberalismus - “Der Markt regelt” - Kapitalismus
Ich empfehle hier die Folge “Geld” aus der ZDF-Doku-Serie “Lüge & Wahrheit” - wobei die gesamte Serie mit allen sechs Folgen höchst sehenswert ist!
Ebenso empfehle ich, die beiden Folgen zu Links & Rechts von “die da oben” mit dem Politologen Dr. Benjamin Höhne:
Gesellschaftspolitisch: libertär & konservativ
Der Unterschied zwischen liberal und libertär ist im Prinzip der Unterschied zwischen links & rechts, um den es mir hier geht:
Eine liberale (linke, progressive) Gesinnung denkt den Freiheitsbegriff inklusiv und will das gute Leben #füralle mit einem hohen Maß an Selbstbestimmtheit in den Fragen des Lebenswandels, die keinem anderen Lebewesen schaden.
(Vergl. den Freiheitsbegriff von Rosa Luxemburg. s.u.)
Eine libertäre (rechte, konservative) Gesinnung denkt den Freiheitsbegriff vom Privilegierten her, der alles dürfen will, was ihm (aufgrund von Privilegiertheit) möglich ist - egal, wie es sich auf andere Lebewesen auswirkt. Der libertäre Freiheitsbegriff ist ein neoliberalistisches Synonym für Rücksichtslosigkeit!