LöwenPost 2025/10
(ursprünglich am 27.3.2025 veröffentlicht)
Sino Kolumne: Ankurbelung des Konsums ~ Risiken der Einkommenssteigerung ~ Gedenken an Lee Kuan Yew

Ich glaube, dass die chinesische Regierung meine LöwenPost mitliest, denn kaum habe ich die Konsummaßnahmen in meinem letzten Beitrag (LöwenPost 2025/09 (Abre numa nova janela)) kritisch kommentiert, hat das Generalbüro des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas und das Generalbüro des Staatsrates zwei Tage später ein Dokument veröffentlicht, die einige meiner angesprochenen Maßnahmen beinhaltet, welche ich entgegen der Gutschein- und Verschuldungspolitik für geeigneter halte. Neben der wichtigen Entlastung der Familien bei der Kinderbetreuung geht das Dokument unter Punkt 7 auf die Alterssicherung ein: "提高医疗养老保障能力。健全基本养老保险待遇合理调整机制,2025年提高城乡居民基础养老金和城乡居民基本医疗保险财政补助标准,适当提高退休人员基本养老金。全面实施个人养老金制度。推动取消灵活就业人员在就业地参加基本养老、医疗保险的户籍限制,扩大职业伤害保障试点。"
Der Inhalt dieses Punktes betrifft die Verbesserung der medizinischen Versorgung und die Rentenabsicherung, einen angemessenen Anpassungsmechanismus für die Leistungen bei der Grundrente, finanzielle Zuschüsse für die Grundrente und die Krankenversicherung, Erhöhung der Grundrente für Rentner, die Aufhebung der Haushaltsregistrierungsbeschränkungen für Wanderarbeiter, die dann in den Genuss der örtlichen Sozialversicherung kommen und die Erweiterung der Berufsunfallversicherung.
Für den ländlichen Raum sind zwar leider keine massiven Infrastrukturprojekte vorgesehen, aber zumindest soll die konsumnahe Infrastruktur verbessert werden, was dann auch die Logistik betrifft. Dieses Ziel ist in Punkt 23 aufgeführt: "完善城乡消费设施。深入实施县域商业建设行动和“千集万店”改造提升,加强县级物流配送中心和乡村终端物流配送设施建设。"
Zu der lückenhaften Umsetzung von Arbeitsgesetzen habe ich im letzten Beitrag (LöwenPost 2025/09) ebenfalls kommentiert und auch zu diesen Thema wird im Punkt 21 Stellung bezogen: "保障休息休假权益。严格落实带薪年休假制度,将带薪年休假执行情况作为工会维护职工权益的重要内容。地方党委组织部门、人力资源社会保障部门加强对各单位休息休假制度执行情况的常态化监督,并将带薪年休假落实情况作为重点监督内容。"
Darin heißt es, dass das Gesetz zum bezahlten Jahresurlaub strikt eingehalten werden muss und als wichtiger Bestandteil des Schutzes der Rechte und Interessen der Arbeitnehmer gilt. Die Gewerkschaft und die lokalen Parteikomitees sowie die Sozialversicherungsgesellschaften sollen die regelmäßige Überwachung der korrekten gesetzlichen Umsetzung übernehmen.
Insgesamt kommt aus dem Dokument ein gewaltiger Umbau der chinesischen Wirtschaft von der Exportindustrie hin zur Binnenkonsumindustrie zum Ausdruck. Ein richtiger Schritt, der aber bedeutende Risiken mit sich bringt, die ich nun im zweiten Thema kommentieren möchte.
Gleich am Anfang des ersten Punktes des Strategiedokumentes heißt es: "促进工资性收入合理增长。"; übersetzt: "Förderung eines angemessenen Wachstums der Lohneinkommen." Mit diesen Lohnsteigerungen möchte die Regierung den Konsum ankurbeln. Hierbei müssen aber einige Punkte beachtet werden, damit keine negativen Folgen dieser Politik entstehen. Zunächst müssen sich die Lohnerhöhungen an der Steigerung der Produktivität orientieren. Tut man das nicht, dann verliert die Industrie an Wettbewerbsfähigkeit. Dann dürfen die unteren Lohngruppen nicht vergessen werden, da sonst Sozialsysteme zu stark belastet werden können. Im Punkt heißt es zwar weiter: "健全最低工资标准调整机制,科学合理提高最低工资标准。"; übersetzt: "Verbessern Sie den Mechanismus zur Anpassung des Mindestlohns und erhöhen Sie den Mindestlohnstandard wissenschaftlich und vernünftig." Aber die unteren Lohngruppen sind eben nicht nur die Mindestlohnbezieher. Es betrifft eine große Anzahl von Arbeitnehmer, was letztendlich zur Schaffung einer breiten Mittelschicht führen muss, um alle Menschen vom Wohlstand profitieren zu lassen. Diese Entwicklung birgt aber das Risiko, dass günstige Produktanbieter und Dienstleistungsanbieter verschwinden, was insgesamt die Lebenshaltungskosten nicht nur stark steigen lässt, sondern auch zur Verpuffung der Lohnerhöhungen führen kann. Eine starke Infrastruktur von preiswerten Anbietern sichert auch Menschen mit niedrigen Einkommen einen guten Lebensstandard. Diese Entwicklung ist ein Balanceakt und erfordert großes politisches Geschick. Im Übrigen hat Singapore dieses Geschick gehabt, wo unter anderem mit preiswertem Essen in Hawker-Centre und staatlich geförderten HDB-Wohnungen dieser Balanceakt gemeistert wurde.
Am vergangenen Sonntag war der 10. Todestag von Lee Kuan Yew. In seinem alten Wahlkreis Tanjong Pagar wurde an seinem Gedenkbaum Blumen niedergelegt und eine Ausstellung mit dem Titel "Remembering Lee Kuan Yew – Reflecting and Renewing" organisiert, wobei neben anderen Bildern ein 67 Meter langes Gemälde "Singapore on Canvas" gezeigt wird (siehe auch meinen Taibang Blog: 10. Todestag von Lee Kuan Yew (Abre numa nova janela)). Auf diesen Bild wird die Entwicklung von Singapore vom Fischerdorf zur Metropole gezeigt, wobei diese beeindruckende Entwicklung in dieser exzellenten Art vor allem Lee Kuan Yew zu verdanken ist. Doch reicht dieses Gedenken aus? Der Gedenkbaum in Duxton Plain Park ist ein würdiger Ort, da Lee Kuan Yew kein eigenes Grab gewünscht hat. Er wollte in seiner Bescheidenheit keinen Wallfahrtsort schaffen. Trotzdem ist ein Gedenken heute wichtiger denn je, denn die Werte und das selbstlose Handeln von LKY sollte den heutigen Generationen immer wieder vor Augen geführt werden und somit auch an die Bedingungen einer erfolgreichen und gerechten Gesellschaft erinnern. Auch den derzeitigen Politikern des Inselstaates kann man nicht genug die Lektionen von LKY in Erinnerung rufen. Für mich wären landesweite Ausstellungen und Veranstaltungen als angemessenes Gedenken angebracht. Dabei nicht die bunten, schillernden und kostspieligen Shows, die zum Nationalfeiertag jedes Jahr veranstaltet werden und jedes Jahr immer bunter, kostspieliger und aufwendiger werden. Nein, das Gedenken an LKY sollte seine Leistungen, seine Werte und seine Ideen in den Vordergrund stellen. Vielleicht wandert die Ausstellung vom Tanjong Pagar Community Club noch in andere Community Clubs in andere Stadtteile, ich würde es mir zum Gedenken an Lee Kuan Yew wünschen.