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Folge 120

Katze macht Facepalm

Vorweg

Vor einigen Wochen ging ich in Berlin abends im Dunkeln vom Bus nach Hause und blickte in den Himmel. Etwas blinkerte, bewegte sich unsternmäßig und ich dachte zuerst »Satellit« und dann dachte ich »sehr, sehr viele Satelliten« und dann dachte ich SEINEN NAMEN, dachte an DEN REICHSTEN MENSCHEN DER WELT, dachte an den SUPERSCHURKIGSTEN KECK, dachte an IHN, an den zur Zeit gefühlt alle Menschen 24/7 denken, außer sie tun aktiv etwas dagegen, wie etwa, täglich nur zehn Minuten in sozialen Medien rumzuhängen und nach dem Ansehen oder Lesen von Nachrichten mindestens hundert Mal mit dem Kopf gegen die Wand zu schlagen, bis sie nichts mehr fühlen.

Und dann dachte ich: Jetzt reicht es mir aber. Ich sehe in den nächtlichen Sternenhimmel, der seit einer Milliarde Jahren existiert und muss an einen unangenehmen Knilch denken, der jünger ist als ich? Mit dem Sternenhimmel, bekannt aus Wissenschaft, Kunst und Dichtung, assoziiere ich diese schlimme Nervensäge, die systematisch einen Raum nach dem anderen besetzt, bis sich endlich auch noch Menschen mit ihm beschäftigen müssen, die ihn schon von Anfang an so richtig scheiße fanden. (Ich.) Nein!

Dann habe ich angefangen, darüber nachzudenken, wie maus sich den einen oder anderen Raum zurückholen kann.

ER mag keine Hashtags, findet sie hässlich Ich finde ihn hässlich und benutze bis auf weiteres beim Newsletter-Abschiedgsruß die Raute anstelle von X.

Etwas Altes: Bücher lesen

Obwohl ich ein großer Fan digitalen Lesens bin, greife ich aktuell sehr gern zu gedruckten Büchern, genauer gesagt, zu Büchern, die schon in der Welt waren, als ER noch nicht seine gierigen Flossen überall drin hatte. Bücher aus einer Zeit, in der ich noch nichts über Oligarchen und Brokultur wusste, damals, als ich zudringliche Typen, die partout meine Aufmerksamkeit erzwingen wollten, noch auf Party stehenlassen konnte, ohne dass sie mir dann mit ihren Dreckssatelliten aus dem All zublinkern konnten.

Gerade lese ich in einem Buch von 2002 herum, das sich mit der Geschichte der Insel beschäftigt, auf der ich gerade bin. Das Buch ist auf Italienisch und ich verstehe nicht alles, aber es ist ein wunderbares Gefühl, ganz allein mit dem Buch zu sein – ein Buch ist auch ein Universum –, heißt, in keinem Wirkungszusammenhang mit ihm zu stehen, in dem mein Lesen, meine Aufmerksamkeit, meine Reaktion womöglich schon wieder an etwas mitwirken könnte, was alles noch übler macht. Mein Kopf ist auch ein Universum. Jetzt ist bereits wieder ein Buch mehr darin, in dem ER nicht vorkommt.

Während ich in meinem etwas schnarchigen Buch herumlese, freue ich mich gleichzeitig, im Leben noch keine Sekunde lang ChatGPT gratis trainiert zu haben. Dies wird sicher einige hier Mitlesende überraschen, weil ich ja grundsätzlich dafür plädiere, neue Plattformen und Technologien spielerisch auszuloten und auch Bücher verlegt habe, die darauf basieren, dass andere Menschen ChatGPT gratis trainierten. Aber die Zeiten haben sich geändert. Im Tec-Bro-Faschismus mache ich bei gar nichts mit, das existierenden oder kommenden Milliardären gehört. Ups, die Firma, mit deren Tools ich gespielt habe, gehört ja jetzt IHM. Oh, doch nicht. … Oh, jetzt doch.

– Zwischenzeitlich ist mir auch meine Vinted-Begeisterung vergällt worden, weil neben schicken Sachen zu drei Euro immer wieder eine Werbung für eine Donald-Trump-Gedenkmünze aufpoppte. –

Ich glaube, es ist mittlerweile lebensgefährlich, das bisschen Kraft, das maus noch hat, nicht in Bemühungen zu stecken, um die globale Broligarchie und die mit ihr verbandelten rechtsnationalen Bewegungen zu stoppen. Und es ist auch gar nicht mehr nötig, zu analysieren, dass x.ter rechter Move oder Take total fascho und superböse ist. We got it. Es geht nur darum, es zu stoppen. Schließt euch zusammen, demonstriert, baut politischen Druck auf. Lasst euch nicht vollabern, dass die Linke selbst schuld ist. Seid jetzt gute Linke, wache Linke, solidarische Linke, tätige Linke. Oder klickt und regt euch weiter auf und sagt immer wieder das Gleiche und geht unter.

Was hast du mittlerweile getan, um den Tec-Putschisten dein Geld, deine Daten, dein Leben zu entziehen? Überleg mal, in welchem Schmutz DU überall noch deine Flossen drin hast, weil du zu bequem bist, es SCHON WIEDER zu ändern. Sorry, ich konnte nichts gegen den Faschismus tun, weil mein Opa nur WhatsApp nutzt, ich Paypal einfach so angenehm finde und doch alle Google benutzen. Und ChatGPT wirklich überraschend gut ist.

Sei du doch mal überraschend gut. (Oder ich! Ich könnte selbst überraschend gut sein und im Verlagsshop auf Paypal verzichten, obwohl ich dann kaum noch Umsatz haben werde.)

Vielleicht probieren wir gemeinsam, wenigstens ziemlich gut zu sein. Ich könnte euch etwa bitten, bei Käufen »Überweisung« zu wählen, ihr könntet schon mal Google-Alternativen googeln und keine*r von uns könnte es vergeigen, wählen zu gehen oder die Briefwahl on time zu erledigen. Das wäre doch was.

Hier, damit könnt ihr anfangen, das ist gut. Unterschreibt das. (Danke an Isabel Cole, die es mir geschickt hat.)

https://weact.campact.de/petitions/save-social-soziale-netzwerke-als-demokratische-kraft-retten (Abre numa nova janela)

Etwas Neues: Manifestierter Cat Content

Das bisschen Zeit in sozialen Medien, das ich mir zur Zeit nicht gewähre, sondern zumute, widme ich ernsten Themen und teile Inhalte zu Demos und nützliche Wahl-Informationen. Was ich sonst, »früher«, in sozialen Medien schön fand, den Mix aus sachlichen und cuten Inhalten, kann ich gerade nicht leisten und finde es auch nicht angemessen. Ich rate aktuell lieber: Lasst euch bei öffentlicher Kommunikation nicht ablenken von den politischen Kernthemen (soziale Gerechtigkeit, Klimaschutz) und geht zur notwendigen Erholung lieber raus aus sozialen Medien.

Cat Content hole ich mir jetzt screenfrei auf der Straße. (Wäre ich in Berlin, würde ich die Schmuseschichten mit Laser erhöhen, aber um ihn kümmern sich ja derzeit meine Kinder.) Heute habe ich am Hafen eine wirklich hinreißend überdrehte Calico (Abre numa nova janela)-Katze kennengelernt und am Berg, wo ich wieder nach der Zornnatter Ausschau hielt, noch eine graue Katze, die wirklich bezaubernd hübsch war. Beide waren viel besser als Kätzchenvideos. Und nur sie und ich hatten etwas davon, kein Mark, kein Meta, kein Masku, kein Maga.

Omg, ich habe vor zwei Tagen geträumt, dass ich auf Insta (nutze ich nicht mehr) den Trend gesehen habe, beige Hosen und schwarze Oberteile zu kombinieren und danach Tierquäl-Influencer*innen Videos gemacht haben, bei denen Katzen ins Wasser gehalten wurden, damit ihr Fell an der Brust wie ein schwarzes Oberteil aussieht. Gibt es schon Studien zu kaltem Social-Media-Entzug?

Vielleicht hört ihr in den letzten Wochen durch, dass es mir kräftemäßig ziemlich mau geht, vielen von euch auch, das weiß ich. Mit Burnout oder High Resignation die Welt retten zu sollen, ist ziemlich unmöglich – selbst der Newsletter fällt gerade schwer – , deshalb ist es notwendig, sich fürs brennende Politische auf seine Kernkompetenzen zu konzentrieren und nicht überall mitmachen zu wollen.

Es ist die Zeit der Do-not-Liste, lieber nur ganz wenig tun: das Richtige.

Etwas Geborgtes: Ein Zitat von Michela Murgia

»In diesem rhetorischen Spiel repräsentiert ein weißer Italiener, der eine Frau vergewaltigt, immer nur sich selbst, wohingegen ein schwarzer Migrant automatisch für alle Schwarzen und außerdem alle Migranten steht. Um die Konstruktion des Feindes zu vervollkommnen, ist es nützlich, die Auffassung zu verbreiten, dass das gleiche Verbrechen viel verabscheuungswürdiger ist, wenn es von einem Migranten statt von einem Italiener begangen wird, um damit die Vorstellung zu untermauern, dass der Feind in nichts besser ist als wir, aber schlechter in allem. Und vor allem niemals gleich.«

Das überaus großartige Buch Faschist werden. Eine Anleitung (Abre numa nova janela) (im Original 2018 erschienen, auf Deutsch 2019) kennt in Deutschland natürlich kaum jemand, die Autorin, Michela Murgia, kennen auch viel zu wenige Menschen, und natürlich ist sie auch viel zu früh gestorben, weil alles andere wäre ja gerecht.

Etwas Unheimliches: nichts

Ich finde gerade gar nichts mehr unheimlich, nur unreal, und auch das fühlt sich schon wieder fast normal an, sorry, diese Rubrik muss leider heute ausfallen.

Rubrikloses

Text in der Sprachlern-App: Ich sehe gut mit dem linken Auge.

Während ich alle ermuntere, WhatsApp nicht mehr zu nutzen, nutze ich WhatsApp, weil meine Mutter es nach Jahren der Weigerung nun doch nutzt und ich uns allen ersparen möchte, ihr zu erklären, warum sie es nun doch nicht tun soll und lieber Threema nutzen sollte, während alle ihre Freundinnen aber WhatsApp … Bis nächste Woche nehme ich es auf mich.

Heute aber zeige ich euch die unbeabsichtigte Outsider Art, die meine Mutter auf WhatsApp verschickt. In Stufe eins verschickte sie nur private Fotos von mir, ohne es zu merken, an ihre Freundinnen. Jetzt verschickt sie versehentlich versehentlich bearbeitete Fotos von mehreren Personen an diese selbst und an andere. tbc

Bekritzeltes Foto von SchlangeBekritzeltes Foto von Katze

Es tut mir leid, dass ich gerade so not on point schreibe, das ist auch für mich neu. Aber es ist halt unpraktisch, zu wissen, dass man wüsste, wie ein Ethikrat zu Social-Media-Plattformen, zu KI, zu partizipativer Demokratie aussehen könnte und besetzt sein müsste, aber es keinen wirksamen Rahmen dafür gibt. Und da, wo es so etwas gibt, sitzen Menschen darin, die mir aus guten Gründen nicht eingefallen wären. Usw.

Wenn es nächste Woche weniger schlimm als gedacht ausgehen wird, schreibe ich euch den kurzweiligsten Newsletter der Welt. Andernfalls denke ich an euch, wenn ich mich embryonal zusammenrolle und schreibe gar nichts.

Ich möchte nicht in Nazi-Entenhausen leben und im Keller meine Freund*innen vor Alice Weidel und Friedrich Merz verstecken müssen. – Sorry, vielleicht hätte ich heute lieber gar nicht schreiben sollen.

Danke, dass ihr demonstrieren geht.

Bleibt Mitmenschen.

#O#O,
FrauFrohmann

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