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Warum ein Segelboot und warum eine Crew?

Ich habe Angst vor dem großen, offenen Meer. Niemals würde ich eine Kreuzfahrt machen. Nicht mal auf dem Mittelmeer, wo Hilfe schneller da wäre als auf einem Ozean. Ich erschaudere bei Bildern von meterhohen Monsterwellen. Ein eiskalter Schauer läuft mir über den Rücken, wenn ich Bilder von überschwemmten und zerstörten Küstenabschnitten sehe. Ich kann schwimmen, aber nicht gut genug, um mich lange bei starkem Wellengang über Wasser zu halten. Wenn man doch mal mit einer (Auto-)Fähre den Bodensee überquert, wird es mir schummrig, wenn es nur leicht wackelt. Wenn man sich beim Trinken mal dolle verschluckt und es einem „in den falschen Hals läuft“ und die Kehle brennt, dann kriege ich richtig Panik.

Ironischerweise finde ich kaum ein Bild und kaum einen Vergleich zur Trauer und zu allem, was wir erlebt haben, passender als das Wasser. Von Anfang an, seit der Diagnose von Leonie, schreibe ich über Wellen.

Über das Untergehen und fast ertrinken. Über das Straucheln im Wasser. Die Übelkeit die einen überkommt, wenn der Wellengang so richtig Fahrt aufnimmt und die Ohnmacht die einen lähmt, wenn man den Gezeiten einfach ausgeliefert ist. Ausgeliefert in seiner kleinen Nussschale und nichts tun kann, als auszuhalten, zu hoffen und zu beten, dass es wieder besser wird und man irgendwann nicht nur Land sieht, sondern dieses auch heil betreten kann.

Und kaum hat man festen Boden unter den Füßen, fängt man an Sandburgen zu bauen, um sich sicher zu fühlen. Man baut und baut und baut und da… plötzlich, eine Welle. Sie erfasst deine Sandburg und alles fängt wieder von vorne an.

Bis man endlich lernt, weiter hinten am Strand zu bauen. Man fängt an, Äste und Blätter zu sammeln, um das Häuschen stabiler zu kriegen.

Man lernt richtige Seemannsknoten an Land, sucht sich Holz zusammen, baut sich ein kleines Floß. Knotet immer mehr und immer weiter. Man näht große Palmenblätter zusammen und benutzt diese dann als Segel.

Und wenn man wieder raus muss auf das bedrohlich wirkende Gewässer, geht man nicht so schnell unter. Es gibt immer noch Stürme. Immer noch plötzlich auftauchende Riesenwellen.

An dem Wasser hat sich nichts verändert. Man hat einfach nur gelernt zu segeln.

Und wenn man so richtig gut drauf ist, dann kann man sogar auf dem Wasser surfen. Denn auch das geht mittlerweile ziemlich gut. Wenn einen dann doch mal eine Welle erfasst und man ins Wasser fällt, dann gerät man nicht gleich in Panik, denn man musste ja, als man noch kein Floß, Boot oder nicht mal eine Nussschale hatte, auch tauchen lernen. Wie ein Apnoetaucher kann man lange untergehen, ohne zu ertrinken. Und dann, kommt man langsam wieder an die Oberfläche zurück.

Kaum einen Vergleich, eine Parallele oder Metapher finde ich passender für die Trauer, als dieses Spiel mit dem Wasser, den Wellen und Gezeiten. Und wir werden irgendwann Segler auf unserem eigenen Trauermeer.

Dich möchte ich ganz exklusiv mitnehmen auf unseren Segelturn. Du lernst, wie man segelt, wie man richtige Seemannsknoten bindet und durch den Sturm zu navigiert. Du lernst, wie man Sternenbilder richtig liest und welche nur für Dich zu seinen scheinen. Gemeinsam lernen wir richtige Seemannsgrüße, damit Du Gleichgesinnte auf hoher See findest und nicht so einsam auf deinem Boot umhertreibst.

Und wenn du gerade nicht in Seenot bist, nicht am Straucheln, so möchtest Du vielleicht einfach dabei sein. Uns als Familie besser kennen lernen und uns unterstützen bei unserem Segelturn. Ich nehme Dich mit unter Deck in unsere Kajüte und zeige Dir, wie wir es geschafft haben uns auf diesem Boot ein neues Leben aufzubauen und wie wir Tag für Tag versuchen, wieder glücklich zu werden. Ich verspreche Dir, eine gute Skipperin zu sein.

Also komm, heuer an, werde Crew-MITGLIED und komm mit an Bord.

Deine Tatjana

 

Tópico AUS UNSEREM LEBEN

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