Weniger lesen, mehr arbeiten!

Liebe Leser*innen,
wenn Sie diese Zeilen während der Arbeitszeit lesen, brauchen Sie sich nicht zu wundern, wenn Friedrich Merz Ihnen jeden Moment den Stuhl unter Ihrem platten Hintern wegzieht und mit der Tastatur die Faulheit aus Ihrem ineffizienten Leib prügelt.
Direkt in seiner ersten Woche im Amt hat Bundeskanzler Friedrich Merz das Wort »Work-Life-Balance« streichen und durch »Work-work-even harder-Balance« ersetzen lassen. Wie er die Bundesrepublik letzte Woche außerdem nach vorne gebracht hat, hat unser Parlamentskorrespondent Divad Husch für Sie zusammengefasst:
Regierung Merz – Eine erste Zwischenbilanz

Die Merz-Administration ist nun seit über einer Woche im Amt. Zeit, um Bilanz zu ziehen, um zu schauen, welche Versprechen eingelöst werden konnten, wo geliefert wurde und wo wir (Deutschland) noch besser werden müssen.
Zunächst einmal gilt es festzuhalten, dass Joachim-Friedrich Marvin Josef Merz und sein Kabinett bisher optisch sehr seriös aufgetreten sind. Die Anzüge und Blusen waren stets gebügelt und weitgehend faltenfrei, und auch Alois Rainer ließ Lodenjanker und Jagdgewehr daheim im Forsthaus. Merz selbst bewegte sich geschmeidig auf internationalem Parkett, freilich im Rahmen seiner Möglichkeiten. Es wäre schlicht ungehörig, ihm seine peinliche Haarinsel vorzuwerfen, seine Magersucht oder dass seine Unterlippe immer feucht ist wie bei einem Hund.
Doch kommen wir zu den Inhalten. Die Organe der Ministerinnen und Minister sind in tadellosem Zustand, Herz und Nieren wurden von Kabinettsarzt Dr. Eckart von Hirschhausen auf Herz und Nieren geprüft, alles ist auf dem neuesten Stand von Technik & Design, eine bundesrepublikanische Erfolgsgeschichte schon jetzt. Doch kommen wir zu den Inhalten. Welche neuen Gesetze wurden begrüßt, welche Novellen verabschiedet, welche Staatsgäste überarbeitet? Mit Verlaub, aber für solche Fragen ist es viel zu früh. Man hört allerdings aus dem politischen Berlin, dass in den Ministerien bereits Akten gewälzt werden bis in die frühen Abendstunden hinein, und sowas hört man doch gern. Genauso wie die Ankündigung, dass an deutschen Außengrenzen bald deutlich mehr Flüchtlinge erschossen werden sollen als bisher. Natürlich wohltemperiert und mit Augenmaß! Moralinsaure Bedenkenträgerei spielt nur wieder der AfD in die Hände.
Zum Schluss ein persönliches Wort: Meine Akkreditierung für die Bundespressekonferenz wurde vom Kanzler noch immer nicht bearbeitet. Ein starkes Zeichen, dass sich die neue Regierung endlich um die wichtigen Dinge in diesem Lande kümmert. Für ein Fazit ist es aber noch zu früh.
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Weil sich auch die fleißigste Kanzler-Biene nicht um alles kümmern kann und auch etwas Zeit für die Familie einplanen muss (jeden Mittwoch von 11:00–11:30 Uhr kommt Charlotte Merz zum Gespräch vorbei), muss sie einen Teil ihrer Aufgaben abgeben. Profitieren tut davon der frischgebackene Minister fürs Innere, der ebenfalls seinen ersten Erfolg verkünden kann.

Wo es einen Minister fürs Innere gibt, muss es auch einen fürs Äußere geben. Das Yin zu Alexander Dobrindts Yang nennt sich Johann Wadephul und will die Ostsee wieder sicher machen.
»Prekäre Lage«

Mit diesen Maßnahmen will Außenminister Johann Wadephul für mehr Sicherheit im Ostseeraum sorgen:
Tiefseekabel mit Klemmen am Meeresgrund befestigen statt sie lose im Wasser treiben lassen
Informationen beschaffen: Ausbildung von Spionagewalen im Ozeaneum Stralsund
Nicht gekennzeichnete Schiffe mit Punkten in Flensburg sanktionieren
Den westlichen Lebensstil verteidigen: starke Ausweitung des FKK-Tourismus rund um die Oblast Kaliningrad
Pipelinesprengungen künftig nur werktags zwischen 8 und 18 Uhr erlauben
Existenz von etwaigen kremltreuen Riesenkraken eruieren
Militärische Präsenz zeigen: Lieferung von 5 000 Helmen an die Brigade Litauen
Gäbe es einen Minister für Fantastisches und könnten US-amerikanische Staatsbürger Regierungsämter in Deutschland übernehmen, hätte es sich Robert Francis Prevost vielleicht noch einmal anders überlegt. Jetzt heißt er Leo XIV. und ist Papst. Deshalb soll er an dieser Stelle kurz vorgestellt werden:
Premiumdenker der Gegenwart

Name: Prevost
Vornamen: Robert, Bobby, Francis
Spitznamen: Leo XIV., Young Pope, Don Prevolone, Crank Frank, Slick Bobby
Hauptwerke: »Erzbischöfe ernennen für Dummies«, »Gottes Werk und mein Beitrag«, »Prevost leben«
Wurde beeinflusst von: Augustinermönchen, Leo I.-XIII., Horoskopen
Hat Einfluss auf: Bierverkäufe, Hoffnungen, Aszendenten
Verfeindete Denker: Papst Benedikt XVI., Martin Luther, King Kong
Befreundete Denker: Papst Franziskus, Martin Luther King, JD Vance
Bester Satz: »Ich möchte Hirte der Krisenherde sein, an denen Frauen besser stehen sollten, statt sie durch Kirchenämter zu verursachen.«
Leser*innen, die Robert Francis Prevost mögen, mögen auch: Refektoriums-Fast-Food, sanfte Schläge auf die Finger, Bryan Adams, Messwein-Schorle, verschleppte Erkältungen
Darüber, welche Reformen der neue Pontifex noch geplant hat, wird reichlich spekuliert. Eine maßgebliche Veränderung hat er aber bereits in Angriff genommen. Sehr zur Freude seines Personals:

Eine Sendung, in der katholische Priester bei der Partnersuche auf dem Friedhof begleitet werden, klingt zwar zunächst wie ein RTL-2-Format, wurde so aber nie ausgestrahlt. Mehr zum Programm des Senders, mit Schwerpunkt auf der Jahrtausendwende, weiß unser Kolumnist und TV-Experte Torsten Gaitzsch zu berichten:

Heute: Haus der Geschichte, bitte melden!
Wenn ich ein Greis bin, möchte ich gerne Zeitzeuge sein. Zur Verfügung stellen würde ich mich ausschließlich für den Themenkomplex »Privatfernsehen um die Jahrtausendwende herum«. In jener Zeit habe ich nämlich tatsächlich verfolgt, was bei Sat.1, ProSieben & Co. so abging, und kann viel von dem Gesehenen und Gehörten noch immer nacherzählen und einordnen – wahrscheinlich extrem verfälscht und subjektiv interpretiert, aber spannend im Sinne von »Opa erzählt vom Krieg« dürfte es für nachgeborene Generationen durchaus sein.
Unter anderem erinnere ich mich an eine spezielle Form von Musik, die ich schon damals »RTL-2-Musik« nannte. Es waren dies Lieder aus dem Genre Deutschrock, mit denen der Sender seine Programmankündigungen unterlegte. Die Songs, vermutlich von Bands wie Kettcar oder Virginia Jetzt, zeichneten sich durch besonders motivierende, empowernde Texte aus und sollten eine positive, hochemotionale Aufbruchstimmung vermitteln. »Du kannst alles erreichen!« oder »Es wird nie mehr so, wie es war« , schmetterte jemand über ein radiotaugliches Gitarren-Crescendo, und in den RTL-2-Clips lief dazu eine Montage mit Ausschnitten aus »Good Will Hunting«, »Armageddon« und »Knocking on Heaven’s Door«, und am Ende säuselte ein Sprecher: »Dein Sommer auf RTL 2.«
Am besten waren die »RTL 2 News«. Ich mache mich keineswegs darüber lustig, nein, ich fand und finde, dass derlei seine Existenzberechtigung hatte bzw. hat; keine Ahnung, ob RTL 2 noch Nachrichten sendet, denn heutzutage Hornbrille mit dem Zeigefinger nach oben schieb schaue ich ja so gut wie gaaaar kein TV mehr.
Egal ob der deutsche Verteidigungsminister entlassen wurde oder die Zweite Intifada ausgebrochen war – die Top-Meldung der »RTL 2 News« war zuverlässig so was wie »J-Lo turtelt wieder mit Affleck«, »Fashion Week hat begonnen« oder »Lama-Baby verzaubert Zoobesucher in Duisburg«. Gerüchten zufolge überlegen sie bei der ARD, die Tagesschau auf 30 Minuten zu strecken. Ich finde, die zusätzliche Viertelstunde sollte unbedingt mit Kinotipps, Foodtrends und viralen Fail-Videos gefüllt werden. Das gehört schließlich bei dem als halbwegs seriös wahrgenommenen »RTL aktuell« auch dazu – hat es zumindest früher, als ich angewidert die Mundwinkel nach unten zieh im Gegensatz zu heute noch TV geschaut habe.
Verabschiedet sich und wünscht ein gut informiertes Wochenende:
Ihre TITANIC-Redaktion

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