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Das Oh-My-God-Teilchen

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Sternengeschichten Folge 648: Das Oh-My-God-Teilchen

Das "Oh-My-God-Teilchen" war wahrscheinlich ein Proton, das am 15. Oktober 1991 über der Wüste im amerikanischen Bundesstaat Utah beobachtet worden ist. Und es mag seltsam erscheinen, dass man einem subatomaren Teilchen einen eigenen Namen gibt. Immerhin gibt es ja mehr als genug von den Dingern; mehr als man zählen kann und mehr als man sich vorstellen kann. Und noch seltsamer mag es erscheinen, eine ganze Podcastfolge über ein einzelnes Proton zu machen. Aber so ist die Astronomie eben: Sie ist die Wissenschaft des ganzen Universums. Sie erforscht den Kosmos in seiner Gesamtheit und alles, was sich darin befindet. Wir nutzen jede Informationsquelle, die sich uns bietet und manchmal kann man auch von einem einzelnen Proton jede Menge lernen.

Fangen wir mal mit den Grundlagen an. Die bestehen in diesem Fall aus der kosmischen Strahlung, über die ich in den Folgen 317 und 318 der Sternengeschichten ausführlich gesprochen habe. Die kurze Zusammenfassung lautet so: Überall im Weltall passieren Dinge, bei denen diverse Teilchen durch die Gegend geschleudert werden. In den meisten Fällen sind es Sterne, die ja nicht nur leuchten, sondern auch ständig Teilchen aus den äußersten Schichten ihrer Atmosphären verlieren. Die elektromagnetischen Vorgänge im heißen Gas der Sterne sorgen dafür, dass immer wieder Teilchen aus ihnen davon geschleudert werden. Aber auch wenn ein Stern bei einer Supernova explodiert, schleudert er jede Menge Teilchen durch die Gegend. Das selbe passiert, wenn Materie mit hoher Geschwindigkeit um ein schwarzes Loch wirbelt, und so weiter. Kurz gesagt: Das All ist voll mit Teilchen, die durch die Gegend sausen und das nennen wir die "kosmische Strahlung". Der überwiegende Teil dieser Strahlung - fast 90 Prozent - besteht aus den Kernen von Wasserstoffatomen, was nicht überraschend ist, denn Wasserstoff ist ja das häufigste Element im Kosmos. Das zweithäufigste Element ist Helium und deswegen besteht der Rest der kosmischen Strahlung aus den Kernen von Heliumatomen und ein paar Kerne schwerere Elemente sind auch ab und zu zu finden. Und es sind übrigens deswegen die Kerne der Atome, weil die Elektronen, die ja die Hülle der Atome bilden, bei den Vorgängen die die kosmische Strahlung produzieren, quasi vom Atomkern abgerissen werden (oder sowieso schon vorher vom Atomkern abgerissen worden sind). Ein Atomkern besteht - je nach chemischen Element - aus unterschiedlich vielen Protonen und Neutronen. Beim Wasserstoff wird der Kern nur von einem einzigen Proton gebildet und deswegen besteht auch die kosmische Strahlung vorrangig aus Protonen.

Das ist soweit alles noch normal. Beziehungsweise eigentlich nicht. Eigentlich ist es höchst erstaunlich, wenn man sich klar macht, dass ständig Protonen überall durchs Weltall sausen. Und der österreichische Physiker Victor Franz Hess hat 1936 zu Recht den Physik-Nobelpreis für den Nachweis der kosmischen Strahlung bekommen. Die Strahlung ist auch definitiv wichtig. Sie liefert uns jede Menge Informationen über das, was da draußen im All vorgeht. Denn die Teilchen schlendern da ja nicht gemählich durchs All, sie sind mit enormen Geschwindigkeiten unterwegs. Und können deswegen auch durchaus relevante Mengen an Energie haben. Und wenn sie mit etwas zusammenstoßen, dann passiert das, für das wir hier auf der Erde enorm komplexe Maschinen bauen. Wir bauen riesige Teilchenbeschleuniger, um Teilchen auf hohe Geschwindigkeit und miteinander zur Kollision bringen zu können. Wir wollen wissen, was mit der Energie passiert, die bei den Zusammenstößen frei wird; aus ihr können dann zum Beispiel neue Teilchen entstehen und wenn wir Glück haben auch welche, die wir noch nicht kennen. So ein Zusammenstoß kann aber auch eine Kernspaltung auslösen. Oder anders gesagt: Wenn man ein Proton nur fest genug auf einen Atomkern schießt, kann das Atom auseinanderbrechen und es entstehen neue chemische Elemente. Am oberen Ende der Atmosphäre passiert das dauernd: Kosmische Strahlung trifft auf die Atome der Luft. Die brechen auseinander und dabei werden Neutronen freigesetzt. Die können dann zum Beispiel auf Stickstoffatome treffen und dann wird aus dem Stickstoffatom das radioaktive Kohlenstoffatom mit der Bezeichnung C-14. Dieser radioaktiven Kohlenstoff ist - in sehr geringen Mengen - überall. In jeder Pflanze, jedem Tier, jedem Mensch - alles was Kohlenstoff enthält, enthält auch eine geringe Menge an C-14. Da er radioaktiv ist, zerfällt er im Laufe der Zeit, aber die kosmische Strahlung liefert ja immer neues C-14 nach. Erst wenn ein Lebewesen stirbt, wird kein neues C-14 mehr eingebaut und das kann man nutzen, um zum Beispiel das Alter eines archäologischen Fundstücks zu bestimmen, in dem man einfach misst, wie viel C-14 noch da ist. Diese Radiokarbonmethode ist aber nur eines von sehr viel mehr Beispielen, wie die kosmische Strahlung uns wichtige Daten liefert. Wenn wir Meteoriten untersuchen, können wir bestimmen, wie lange sie durchs All geflogen sind, weil die während der ganzen Zeit von kosmische Strahlung bombardiert worden sind. Die kosmische Strahlung der Sonne hilft uns dabei zu verstehen, was in ihrem Inneren passiert, und so weiter. Die kosmische Strahlung ist natürlich auch eine Gefahr für uns. Nicht so sehr am Erdboden, da schützt uns unser Atmosphäre ziemlich gut. Aber auf jeden Fall, wenn wir uns längere Zeit im Weltall aufhalten - oder auch nur zu oft und zu lange hoch in der Luft mit einem Flugzeug fliegen.

Es ist also, kurz gesagt, absolut verständlich, wenn die Wissenschaft sich sehr viel Mühe gibt, die kosmische Strahlung zu erforschen. Das kann man entweder direkt im All mit entsprechenden Detektoren machen. Oder aber auch vom Erdboden aus. Bis dahin gelangt, wie ich gerade erklärt habe, die kosmische Strahlung zwar meistens nicht, weil sie zuvor mit irgendwelchen Teilchen der Atmosphäre kollidiert. Aber wenn das passiert, dann gibt es sogenannte "Teilchenschauer". Stickstoff- und Sauerstoffatome zerbrechen - oder, um das auch mal gesagt zu haben: Es findet "Spallation" statt, wie der Prozess in der Wissenschaft offiziell heißt. Es werden Neutronen frei, Protonen; es bilden sich Pionen - das sind Teilchen, die nur ein paar Sekundenbruchteile stabil sind, bis sie wieder zerfallen und wenn sie das tun, wird Energie in Form von Licht frei und es entstehen andere Teilchen, zum Beispiel Elektronen und Myonen, die - vereinfacht gesagt - wie Elektronen sind, nur mehr Masse haben und ebenfalls nur ein paar Sekundenbruchteile stabil sind, bevor auch sie wieder in weitere Teilchen zerfallen. Ein einziges Teilchen der kosmischen Strahlung das am oberen Ende der Erdatmosphäre auf ein Atom der Luft trifft, kann so einen ganzen Schauer aus anderen Teilchen auslösen, die wieder andere Teilchen erzeugen, und so weiter. Das Teilchen der kosmischen Strahlung selbst können wir vom Erdboden aus dann nicht mehr registrieren. Aber die ganzen anderen Teilchen, die im Schauer produziert worden sind und wir können auch die kurzen Lichtblitze sehen, die entstehen, wenn bei den Zerfällen Energie frei wird. Natürlich nur mit entsprechenden Messinstrumenten, aber es geht. Und wenn wir es richtig anstellen, dann können wir aus der Energie des Lichts und der Zusammensetzung des Schauers bestimmen, wie viel Energie das ursprüngliche Teilchen der kosmischen Strahlung gehabt hat. Je mehr Energie es hat, desto schneller ist es unterwegs. Und desto mehr Wumms hat es auch bei einer Kollision. Hier spielt die berühmteste Erkenntnis von Albert Einstein eine Rolle: E=mc². Energie ist Masse mal Quadrat der Lichtgeschwindigkeit. Ein einzelnes Proton hat nicht viel Masse. Aber ein Proton mit sehr viel Energie kann genau so viel Wumms haben wie ein Objekt mit sehr viel mehr Masse. Und damit auch einen anderen Teilchenschauer auslösen als eines mit weniger Energie.

Teilchenschauer (Bild: gemeinfrei) (Abre numa nova janela)
Teilchenschauer (Bild: gemeinfrei)

Und genau da wird es interessant. Denn die Energie hat das Proton ja nicht von irgendwoher. Die Energie stammt von dem Prozess, der es überhaupt erst zur kosmischen Strahlung gemacht hat, es also ins All geschleudert hat. Die Teilchen die von unserer Sonne kommen haben vergleichsweise wenig Energie. Stammt ein Proton von einer Supernova-Explosion, dann hat es schon mehr Energie und wird es vielleicht sogar vom gigantischen supermassereichen schwarzen Loch im Zentrum einer fernen Galaxie auf den Weg gebracht, dann kann es sehr viel mehr Energie haben. Wenn wir wissen, wie viel Energie so ein Teilchen hat, dann haben wir auch eine gute Idee, wo es her kommt und wie es produziert worden ist. Hier auf der Erde kommt natürlich der überwiegende Teil der kosmischen Strahlung von der Sonne. Aber ein - sehr kleiner, aber vorhandener - Teil der kosmischen Strahlung kommt von außerhalb des Sonnensystems, sogar von außerhalb der Milchstraße. Das sind die Teilchen die die höchste Energie haben. Aber die Energie eines Teilchens kann nicht beliebig hoch sein.

Viel Energie heißt ja, eine hohe Geschwindigkeit. Oder andersrum: Wird ein Proton enorm stark beschleunigt, dann hat es zwangsläufig auch eine hohe Energie. Das ist an sich noch kein Problem. Aber stellen wir uns mal so ein Teilchen vor, dass da irgendwo fern im All enorm stark beschleunigt wird und beginnt, durch den leeren Raum zu sausen. Der aber natürlich nicht leer ist, denn da sind ja überall Lichtteilchen der kosmischen Hintergrundstrahlung. Das ist etwas anderes als die kosmische Strahlung, und die Details könnt ihr in Folge 316 nachhören. Aber die Hintergrundstrahlung ist das, was - sehr vereinfacht gesagt - an Energie vom Urknall übrig geblieben ist. Diese Energie, in Form von Lichtteilchen, ist überall im Universum zu finden und normalerweise wäre es kein Problem für die Protonen der kosmischen Strahlung, wenn da ein paar Lichtteilchen in der Gegend rumschwirren. Es kann aber zum Problem werden, wenn das Proton zu schnell unterwegs ist. Um das im Detail zu erklären, bräuchte man sehr viel Zeit, das hat nämlich einerseits mit der Quantenmechanik zu tun, andererseits auch mit der Relativitätstheorie. Es kommt ja immer darauf an, aus welcher Sicht man die Sache betrachtet. Aus Sicht des Protons sind es die Teilchen der Hintergrundstrahlung, die sich auf es zubewegen. Und was passiert mit Licht, das sich schnell von einem Beobachter weg oder in dem Fall auf den Beobachter, also das Proton, zubewegt? Seine Frequenz verschiebt sich, das ist das, was wir als Dopplereffekt kennen. Das Proton sieht also Lichtteilchen mit enorm viel Energie, und das hat Konsequenzen. Wie gesagt, in Wahrheit ist das alles sehr viel komplexer, aber belassen wir es mal dabei: Wenn sich ein Teilchen der kosmischen Strahlung enorm schnell bewegt, dann kann es auf eine Art mit den Lichtteilchen zusammenstoßen, die sonst nicht passieren kann. Bei diesen hochenergetischen Kollisionen verliert das Proton dann relevante Mengen an Energie (und ändert auch die Richtung).

Oder anders gesagt: Teilchen mit geringer Energie kommen relativ unbeschadet durch die kosmische Hintergrundstrahlung. Teilchen mit hoher Energie kollidieren mit ihr und verlieren Energie, so dass sie dann auch eine geringe Energie haben. Und nochmal anders gesagt: Das bedeutet, dass es eine gewisse theoretische Obergrenze gibt, für die Energie eines Teilchens der kosmischen Strahlung, die wir beobachten können. Das nennt man den GZK-Cutoff, nach den Physikern Kenneth Greisen, Georgi Sazepin und Wadim Kusmin, die das in den 1960er Jahren ausgerechnet haben. Es ist keine harte physikalische Grenze, das ganze hängt ja davon ab, wie lange die Teilchen unterwegs sind. Sollte zum Beispiel die Sonne ein Proton mit enorm hoher Energie raushauen, dann hat das auf dem kurzen Weg zur Erde kaum Möglichkeit mit der Hintergrundstrahlung zu kollidieren. Aber die Sonne kann halt auch nicht beliebig hochenergetische Protonen produzieren; dazu braucht es andere Prozesse, die aber eben wieder nur weit entfernt, bei großen schwarzen Löchern und so weiter passieren. Und von dort aus ist der Weg länger bis zu uns. Ab circa einer Distanz von 100 Millionen Lichtjahren ist es quasi ausgeschlossen, dass die kosmische Strahlung kollisionsfrei zu uns kommt.

So, uns jetzt sind wir endlich wieder beim 15. Oktober 1991 in der Wüste von Utah. Da hat die "Fly's Eye Camera", einen Teilchenschauer detektiert, der auf ein Teilchen der kosmischen Strahlung mit wirklich viel Energie hindeutet. Also WIRKLICH viel Energie. Wenn man davon ausgeht, dass es sich um ein Proton gehandelt hat, was ja extrem wahrscheinlich ist, dann muss es eine Energie von 320 Exa-Elektronenvolt gehabt haben. Da kann man sich nicht viel vorstellen, aber das bedeutet zum Beispiel, dass es mit 99, 999 999 999 999 999 999 999 51 Prozent der Lichtgeschwindigkeit unterwegs war. Die Masse, die so einer Energie entspricht ist die eines Bakteriums. Nur dass ein Bakterium absurd viel größer als ein einzelnes Proton ist! Rechnet man die Exa-Elektronenvolt in Joule um, dann hat das Proton eine Energie von 51 Joule, was nicht viel klingt, aber der Bewegungsenergie entspricht, die ein Golfball bei einer Geschwindigkeit von 170 km/h hat. Nur das eben kein Golfball war, sondern ein einzelnes Proton!

Die normale kosmische Strahlung hat Energien, die zehn Milliarden Mal geringer ist. Vor allem aber liegt die Energie dieses Teilchens vom 15. Oktober 1991 über dem GZK-Cutoff, sowas sollte es also eigentlich nicht geben. Es ist also verständlich, dass dieses spezielle Teilchen nicht mehr einfach nur "Teilchen" genannt wird, sondern einen Namen bekommen hat. Und zwar "Oh My God Particle", weil ein Mitglied des Forschungsteams spontan "Oh my God", also quasi "Ach du meine Güte" gerufen hat, als man die Energie berechnet hat. So oder so: Dieser Name hat sich durchgesetzt und wird mittlerweile auch in der Wissenschaft verwendet.

Aber noch viel spannender als der Name ist ja die Frage: Wo kommt das Ding her und warum hat es so viel Energie? Und die Antwort darauf lautet leider: Das wissen wir nicht. In der Richtung des Himmels, aus der es gekommen ist, gibt es nicht wirklich etwas, was so was produzieren könnte. Das müsste dann schon das aktive Zentrum einer fernen Galaxie sein, also ein richtig gewaltiges schwarzes Loch im Zentrum so einer Galaxie, das jede Menge Material aus seiner Umgebung durch die Gegend schleudert. Und es müsste gleichzeitig eine aktive Galaxie sein, die wir bisher noch nicht beobachtet haben. Es könnte aber auch ein Hinweis auf einen neuen Aspekt der Physik sein, den wir noch nicht kennen. Vielleicht verstehen wir das erst, wenn wir eine Theorie der Quantengravitation haben, also auch die Gravitation nicht nur durch die Relativitätstheorie erklären können, sondern auch durch die Quantenmechanik. Vielleicht gibt es da draußen auch astrophysikalische Prozesse, die wir noch nicht kennen und ab und zu schleudert da etwas enorm schnelle Protonen durch die Gegend. Dieses etwas ist dann vielleicht nicht in einer fernen Galaxie sondern etwas näher, so dass das Teilchen nicht so viel Energie auf dem Weg verliert. Vielleicht ist es auch etwas ganz anderes. Das Universum ist halt wirklich sehr groß. Und auch nur ein einzelnes Teilchen darin zu verstehen, kann enorm schwer sein.

Tópico Astronomie

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