Liebe Pfefferhasis und Newsletter-Mäuse,
es ist Sonntagabend und während die rechtsextreme FPÖ bei den österreichischen Nationalratswahlen einen "Erdrutschsieg" (Der Standard (Abre numa nova janela)) eingefahren hat, sitze ich in meinem Bettchen und liefere euch die wöchentliche Diskussions- und Argumentationshilfe gegen rechte Aussagen.
In Woche 1 ging es um Boomer, die "Schmerzen" beim Gendersternchen haben (Abre numa nova janela), Woche 2 widmete sich dem Strohmann-Argument "Wir können nun mal nicht die ganze Welt aufnehmen" (Abre numa nova janela) und heute soll es um einen rechtspopulistischen Klassiker gehen:
"Für Flüchtlinge wird Geld ausgegeben, aber deutsche Rentner müssen Flaschen sammeln!"
Dabei handelt es sich um einen Prototyp des Pseudozusammenhangs. Das heißt, es wird ein vermeintlicher Zusammenhang zwischen Migration und Altersarmut konstruiert, um rassistische Vorurteile zu schüren. Die Behauptung suggeriert, dass es einen direkten, kausalen Zusammenhang zwischen der Aufnahme geflüchteter Menschen und Armut unter Rentner*innen geben würde. Natürlich werden dafür weder statistische Belege geliefert, noch wird überhaupt versucht, den angeblichen Zusammenhang zu begründen. In der Realität sind Pseudozusammenhänge meist vollkommen aus der Luft gegriffen, verzerrt oder basieren auf selektivem Zitieren von Daten bis hin zu bewusster Fehlinformation. Der Scheinzusammenhang wird genutzt, um Ängste zu verstärken und migrationsfeindliche, rassistische Forderungen zu legitimieren. Seriöse Untersuchungen bestätigen solche Aussagen nie.
Wenn unser Gegenüber in seiner Argumentation Pseudozusammenhänge einsetzt, können wir das direkt benennen: "Das ist ein Pseudozusammenhang. Altersarmut und die Aufnahme von geflüchteten Menschen stehen in keinem kausalen Zusammenhang." Zugegeben, dieser Konter wird wahrscheinlich entweder als "von oben herab" aufgefasst, ignoriert oder beides.
Eine gute Idee, insbesondere dann, wenn unser Gegenüber uns wenigstens ein bisschen am Herzen liegt, ist es zunächst, auf die zugrundeliegende Sorge einzugehen: "Ich finde die zunehmende Altersarmut auch erschreckend. Es ist kaum zu ertragen, wenn Rentner*innen Pfand sammeln müssen, um zu überleben." So schaffen wir zumindest mal eine Gemeinsamkeit in unseren politischen Ansichten.
Anschließend können wir aufzeigen, dass es sich um einen Fehlschluss handelt: "Die Mittel für die Unterstützung Geflüchteter und die Versorgung von Rentner*innen stammen aus ganz unterschiedlichen Töpfen. Das Geld, das für Geflüchteten aufgewendet wird, kommt nicht aus dem Rentensystem. Es ist ein Fehlschluss, diese beiden Probleme gegeneinander auszuspielen."
Wir könnten außerdem darauf hinweisen, dass das Problem der Altersarmut strukturelle Ursachen hat, wie etwa zu niedrige Löhne und Renten: "Anstatt Geflüchtete und Rentner*innen gegeneinander auszuspielen, sollten wir uns darauf konzentrieren, wie wir den Kapitalismus überwinden oder zumindest erstmal fairer gestalten, sodass niemand im Alter Flaschen sammeln muss, um die eigene Existenz zu sichern."
Ich hoffe, das heutige Beispiel hilft weiter. Es lässt sich ziemlich easy auf andere Pseudozusammenhänge übertragen, wie "Statt sexuelle Bildung zu unterrichten, sollte sich lieber mal um vernünftiges Schulessen gekümmert werden!" oder "Jetzt bauen die noch mehr Fahrradwege, statt endlich mal was gegen die hohen Spritpreise zu tun".
Im Wochenrückblick geht es u.a. um die den Antrag der CDU/CSU Sexarbeit zu verbieten, den rassistischen Gastbeitrag von Cem Özdemir in der FAZ, die humanitäre Katastrophe im Sudan und erneut um zwei Femizide.
Das wars für heute, ich hoffe, ihr kommt gut durch die Woche, passt auf euch und aufeinander auf
Ulla
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