Alles oder Knicks
Die Welt ist momentan ganz in Ordnung für Tom Thibodeau - nun, für seine Verhältnisse. Die Verletzungen nerven natürlich: Bei Julius Randle gibt es noch immer keine Timeline für die Rückkehr, Mitchell Robinson fällt sowieso aus, O.G. Anunoby musste sein Comeback nach wenigen Spielen schon wieder unterbrechen, weil sein Ellenbogen weiterhin Ärger macht. Das wäre immerhin eigentlich der Starting Frontcourt der Knicks.
Aber sonst läuft’s.
Der neue Fokus der Schiedsrichter erlaubt wieder mehr Defense, und kein Team profitiert davon aktuell stärker als die Thibodeau-Knicks: Seit der All-Star-Pause stellen sie die drittbeste Defense der NBA mit einem Rating von 108,7, seit Anfang März ist es sogar noch extremer. 102 Punkte pro 100 Ballbesitzen werden nun noch erlaubt, dreimal (in Folge) hielten die Knicks ihre Gegner dabei sogar unter 80 Punkten. Das ist Punkt eins.
Punkt zwei: Jalen Brunson ist im Laufe der aktuellen Siegesserie on fire (40,3 PPG, 52% FG über die letzten drei Spiele) und sichert sich endgültig einen Platz im All-NBA-Team, hoffe ich zumindest. Brunson ist der perfekte Spieler für die Thibs-Offense: Er drosselt das Tempo (New York spielt mit der langsamsten Pace der NBA), dribbelt mehr als jeder andere Spieler in dieser Saison und hat eine so meisterhafte Fußarbeit, dass er trotz seiner Größe und verhältnismäßig überschaubaren Athletik immer wieder an hochprozentige Abschlüsse kommt.
Nur mal ein Beispiel:
Das ist Draymond Green, einer der besten NBA-Verteidiger ever, der nicht weiß, was er mit Brunsons zappligem Drive anfangen soll. Das geht unfassbar oft so - wohl niemand ist besser darin, Separation zu kreieren, wo eigentlich keine sein sollte. Brunson spielt die beste Knicks-Saison seit Carmelo Anthony und ist mit seinem massiv verbesserten Pullup-Shooting sogar noch viel besser als in der Vorsaison.
Punkt drei: Thibs hat Josh Hart.
Hart kann nicht sonderlich gut werfen, macht aber alles andere - der Forward spielt hart, verteidigt, reboundet wie ein Berserker und macht all die klischeehaften kleinen Dinge, die zu Siegen beitragen. Er ist kurz gesagt der quintessenzielle Thibs-Spieler, was sich über die letzten Wochen ganz besonders zeigt. Seine Minuten seit dem All-Star Weekend sehen so aus:
44
42
42
40
47
45
43
42
43
39 (in einem 27-Punkte-Blowout)
42
39 …
… und damit er sich nicht an dieses Lotterleben gewöhnt, spielte er vergangene Nacht gegen die Warriors sicherheitshalber komplett durch. Im Schnitt macht das 42,8 Minuten seit dem All-Star Weekend, Hart spielt mehr als jeder andere NBA-Spieler. Zur Erinnerung: Es gibt 48 Minuten pro NBA-Spiel.
https://youtube.com/shorts/B77DWIAonTU?feature=shared (Abre numa nova janela)Hart profitiert davon (oder leidet darunter?), dass er insbesondere defensiv so vielseitig einsetzbar ist. Er checkt teilweise Point Guards, kann aber auch im Post gegen viele weitaus größere Gegenspieler dagegenhalten. Das macht ihn im Prinzip zu einer Light-Version von Anunoby, der größer ist und tatsächlich alle Positionen verteidigen kann (und offensiv dank seines Wurfs noch deutlich wertvoller ist). Hart ist dafür eher als Playmaker auffällig, kann das Spiel - anders als nahezu jeder andere Knick - auch mal schnell machen und nach eigenem Rebound Coast-to-Coast gehen. Beide nehmen sich nichts, ergänzen sich eher prächtig. Cleaning the Glass zufolge haben Knicks-Lineups mit Hart UND Anuboby ein Net-Rating von +30,8 und erlauben 89,9 Punkte pro 100 Ballbesitzen, was kurz gesagt eine historische Unverschämtheit wäre. Es sind mittlerweile immerhin 578 gemeinsame Possessions, was nicht üppig ist, aber auch nicht komplett durch “small simple size” abgetan werden kann.
Etwas funktioniert bei den Knicks, offensichtlich. Ich denke immer noch, dass das Team für legitimen Contender-Status noch einen weiteren Shotcreator auf hohem Niveau braucht und dass Randle diese Rolle, so er denn rechtzeitig wieder fit wird, zwar in Ordnung, aber nicht ideal ausfüllt. Das Schöne anhand der Vielseitigkeit von Hart und Anunoby ist jedoch, dass die Knicks sich bei der Suche nach einem weiteren Star nicht auf eine bestimmte Position versteifen müssen. Es sollte eher kein zweiter kleiner Guard sein, aber sonst? Brunson plus zwei weitestgehend positionslose Spieler als Ausgangspunkt geben dem Front Office nahezu maximale Flexibilität bei der Suche nach Spielern für ein Closing Lineup.
Und auch die jetzige Version der Knicks kann ein ekliges Team in den Playoffs sein. Wenige Teams sind so gut darin, die eigenen Stärken optimal auszunutzen, haben eine so klar definierte Identität. Brunson ist der Motor von allem, aber es könnte nicht funktionieren, würde ihm der Rest des Kaders nicht so exzellent zuarbeiten. Insbesondere mit Thibodeau und Hart haben sich zwei gefunden. Jetzt müssen sie es nur noch heile in die Playoffs schaffen.
https://twitter.com/All_Knicked_Up/status/1769936008391385126 (Abre numa nova janela)THE PLUG
Wir als NBA-”Kollektiv” hatten lange Zeit viel Geduld mit den Suns. Langsam ist diese allerdings aufgebraucht, fürchte ich. (Abre numa nova janela)
In der neuen Korbjäger-Folge geht’s um die beiden Topfavoriten auf den Titel, die Verletzungsseuche und den Breakout von (vor allem) Cade Cunningham:
https://www.youtube.com/watch?v=clBx2PN89q8 (Abre numa nova janela)SOUNDTRACK
https://open.spotify.com/intl-de/track/0BtAjIb65mVh5Te45PUOdR?si=a5da2309396343d6 (Abre numa nova janela)Bis zum nächsten Mal! (noch in dieser Woche)