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Alles Schei*e: Was steckt hinter dem Mikrobiom?

Wir sind nicht allein in unseren Körpern, vermutlich sind wir sogar in der Unterzahl. Denn auf jede unserer Körperzellen kommt (je nach Rechnung) – mindestens – ein Darmbakterium. Das Universum dieser Billionen von Bakterien bezeichnet die Wissenschaft als Mikrobiom. Darmbakterien beeinflussen unsere Verdauung – klar. Aber aktuelle Forschung zeigt, dass sie sich auch auf unser Schmerzempfinden und die Ausprägung von Suchterkrankungen auswirken können. Damit herzlich willkommen in der faszinierenden Welt des menschlichen Mikrobioms und zur zweiten Ausgabe des Nerdletters (:

Unter der Gürtellinie

Die Bakterien in unserem Darm helfen uns in erster Linie bei der Verdauung, weil sie unsere Nahrung zersetzen. Sie werden dann auch mit dem Kot ausgeschieden. Der Brokkoli, den du dir gestern zum Abendessen gedünstet hast, ist u.a. gesund, weil er mit seinen Inhaltsstoffen auch das Mikrobiom positiv beeinflusst. Wie, du magst keinen Brokkoli? Oder keinen Rosenkohl? Auch das kann an Bakterien liegen, jedoch nicht in deinem Darm, sondern im Mund. Denn bei manchen Menschen zersetzen die Mikroben das Gemüse bereits beim Kauen. Dabei werden Schwefelverbindungen freigesetzt, die zu einem fauligen Geschmack bzw. Geruch führen. Das kann schon eklig sein. Die einzig gute Nachricht: Erwachsene scheinen sich daran gewöhnen zu können und greifen mit zunehmendem Alter auch wieder häufiger zu dem Gemüse als Kinder. Was auch immer du isst, du ernährst damit nicht nur dich selbst, sondern auch dein Mikrobiom. Beim Verdauen der Nahrung scheiden die Bakterien Substanzen (“Molekül” auf dem unteren Schaubild) aus, die unsere Körperzellen, das Immunsystem und auch andere Bakterien (alle auf der rechten Seite des Schaubilds) beeinflussen können. Dadurch entstehen entweder gesunde oder ungesunde Wechselwirkungen zwischen dir und deinen kleinen Einwohnern.

Aber welche Bakterien sind denn jetzt gesund? Nun, das lässt sich leider nicht verallgemeinernd sagen. Während sich bestimmte Bakterien wie Helicobacter pylori stets negativ auswirken und etwa zu Magengeschwüren führen können, gibt es nicht das eine Bakterium, das uns gesund bleiben lässt. Der Grund? Wir Menschen – und damit auch unsere Darmbakterien – sind zu verschieden, als dass es eine Universallösung für die Dunkle Materie in unseren Gedärmen gäbe. Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln hassen diesen Trick, denn deren Marketing basiert ja eben darauf, auf jeden Fall das “Richtige” für Alle im Sortiment zu haben. Wenn dir also jemand versichern will, dass du nur Bakterium X (z.B. als Probiotikum für ein kleines Vermögen) bräuchtest, um auf ewig fit zu sein, dann ist das schlichtweg: Murks.

Eines lässt sich aber mit Sicherheit in Bezug auf dein Mikrobiom sagen:

Je diverser, desto besser!

Denn wenn viele verschiedene Bakterien deinen Darm besiedeln, dann erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass viele gute Inhaltsstoffe aus deiner Nahrung freigesetzt werden, bzw. schädliche Bestandteile entgiftet werden. Außerdem haben es Krankheitserreger (wie H. pylori) schwerer, sich gegen vielfältige Mikroorganismen durchzusetzen. Auf Dauer hält uns ein vielfältiges Mikrobiom also gesund, wohingegen der Verlust von Vielfalt der Darmbakterien mit Krankheit assoziiert ist. Krankheiten, die mit dem Mikrobiom in Verbindung gebracht werden, betreffen übrigens nicht nur den Darm.

Darm mit Harm

In der Fachliteratur lese ich derzeit viel von der Darm-Hirn-Achse. In diesem jungen Forschungsfeld wird untersucht, wie sich Veränderungen in unserem Verdauungssystem auf unser Gehirn und dessen Aktivität auswirken. Eine relevante Frage in diesem Zusammenhang lautet: Können Darmbakterien chronische Schmerzen auslösen? Untersuchungen zeigen, dass Menschen mit chronischen Schmerzen oft andere Darmbakterien haben als Menschen ohne Schmerzen. Das deutet darauf hin, dass das Mikrobiom unser Schmerzempfinden beeinflussen oder sogar eine Rolle bei der Auslösung von Schmerzen spielen könnte. Lässt sich das beweisen? Schauen wir uns ein Beispiel an:

Endometriose ist eine Erkrankung, bei der Gewebe außerhalb der Gebärmutter wächst, was zu Blutungen und Narben führen kann, in jedem Fall aber schmerzhaft ist. Interessanterweise finden einige Menschen mit Endometriose Linderung, indem sie ihre Ernährung umstellen, was auf einen möglichen Zusammenhang zwischen Darmbakterien und den Schmerzen hindeutet. Das klingt zunächst einmal plausibel, weil Darmbakterien Stoffe produzieren können (etwa kurzkettige Fettsäuren), die zu einer Aktivierung von Zellen im Rückenmark führen können, was wiederum Schmerzsignale und damit auch die Schmerzwahrnehmung verstärken kann. Aber wir dürfen uns – Stand jetzt – keinen falschen Hoffnungen hingeben. Weder klinische Studien mit Antibiotika (die schädliche Darmbakterien abtöten), noch klinische Studien mit Probiotika (die nützliche Darmbakterien hinzufügen), haben Menschen mit Endometriose bisher langfristig Schmerzlinderung verschafft. Es braucht hier also noch mehr Forschung.

Klare Sache: Alkoholsucht & Mikrobiom?

Bei einer anderen Erkrankung ist die Rolle des Mikrobioms bereits besser erforscht: Denn Menschen mit einer Alkoholsucht (aka. “Alkoholkonsumstörung”) haben weniger vielfältige Darmbakterien als Menschen ohne entsprechende Erkrankung.

Außerdem schädigt der Alkohol auf Dauer die Schleimhäute des Darmes. Eine Theorie besagt, dass bei Menschen mit Alkoholsucht eine geschädigte Darmschleimhaut Bakterien und Giftstoffe aus dem Darm in den Blutkreislauf eindringen lässt. Dies löst eine Entzündung aus, die die Gehirnfunktion stören könnte, indem sie Tryptophan – einen Baustein für Serotonin, das Glückshormon – verbraucht und dadurch unser Belohnungssystem verändert. Darmbakterien verbrauchen also (direkt oder indirekt) wichtige Bauteile in der Produktionskette für Glückshormone. Dadurch kann das Mikrobiom sprichwörtlich auf die Stimmung schlagen und so die Anfälligkeit für Alkoholsucht erhöhen und die Entzugserscheinungen verschlimmern.

Es zählt, was hinten rauskommt

Du siehst, dass unsere Darmbakterien zumindest teilweise unsere Gesundheit bzw. das Entstehen von Krankheiten beeinflussen können. Leider gibt es bei komplexen Zusammenhängen, wie Endometriose oder Alkoholsucht, noch keine konkreten Heilungsansätze. Aber in großen klinischen Studien werden immer mehr Daten gesammelt. Wusstest du, dass unser Kot in seiner Trockenmasse zu etwa einem Drittel aus (lebenden!) Mikroben besteht? Deren Erbgut können wir Forschenden entschlüsseln, sodass wir Rückschlüsse darauf ziehen können, ob manche Menschen besonders anfällig für bestimmte Krankheiten sind oder nicht. Konkrete Behandlungsoptionen ergeben sich daraus leider (noch) nicht direkt. Sicher scheint jedoch zu sein, dass ein vielfältiges Mikrobiom uns gesund werden bzw. bleiben lässt. Insofern sei eine ausgewogene Ernährung empfohlen. Wie wäre es vielleicht mal mit Rosenkohl? Guten Appetit!

Drei Nerd-Fakten in aller Kürze

  • Unsere Darmbakterien verstoffwechseln einen gehörigen Teil unserer Nahrung, was sich direkt oder indirekt auf unsere Darmgesundheit auswirken kann.

  • Es gibt eine Verbindung zwischen Darm und Gehirn, da Bakterien bestimmte Bausteine für Nerven-Botenstoffe herstellen oder verbrauchen, was wiederum unsere Gefühle und unser Verhalten beeinflusst.

  • Es gibt nicht das eine Bakterium, das uns gesunden lässt; aber eine ausgewogene Ernährung führt zu einem Mikrobiom mit vielen verschiedenen Bakterien, was definitiv gesünder ist, als ein Mikrobiom aus wenigen, einander ähnlichen Bakterien.

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