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Mit Fake-Fachwerk in den Advent

Mein Verhältnis zu Fachwerkhäusern ist ein gespaltenes. Da waren jene Termine frühmorgens, wenn ich als Denkmalpflege-Volontärin im nördlichsten Hessen mit überzeugter Miene historische Holzbauten zu datieren hatte. Oder, noch früher, jene Familienurlaube in Regionen, in denen es für meinen Geschmack etwas zu viel Fachwerk mit grünen Fensterläden und Geranienkästen gab. Aber an sich, abstrakt betrachtet, kann ja kein Haus etwas dafür, dass diese Konstruktionsform als spießbürgerlich in Verruf geraten ist. Im Herzen ist Fachwerk eigentlich höchst modern: fliegende Bauten (zumindest der Möglichkeit nach) als Skelettkonstruktion aus regionalen, nachwachsenden und biologisch abbaubaren Materialien.

"Das Wirtshaus im Spessart" (Bild: Film-Still) (Abre numa nova janela)
Der Film "Das Wirtshaus im Spessart" spielte 1958 aufs erfolgreichste mit dem Klischee des Fachwerkidylls (Bild: Film-Still)

Was Fachwerk an Beton-brut-Ästhetik fehlt, macht es durch Ambiente wieder wett. Vom Kinostreifen “Das Wirtshaus im Spessart” aus dem Jahr 1958, dessen Fachwerkfassaden in Miltenberg am Main abgefilmt wurden, bis zu jeder zweiten Pommes-Glühwein-Bude auf bundesweiten Adventsmärkten, ein bisschen Fachwerk gehört zum heimatlichen Ambiente im 20. Jahrhundert dazu. Und wo keine historischen Holzschwellen und -ständer zu finden waren, half man rasch mit Baumarktutensilien nach. Einige Dörfer entfernt von meiner Heimatstadt zeigte man noch Jahrzehnte später mit einem Schmunzeln, wo nach dem Krieg für einen US-amerikanischen Film Fake-Fachwerk auf eine Putzfassade gepinselt worden war.

Postkartendose Schulze (Bilder: Cordula Schulze) (Abre numa nova janela)
Für eine der Postkartendosen im mR-Shop mischte Cordula Schulze zum Thema "Auto vor Haus" auch ein Fachwerkmotiv unter die Bilder (Bilder: Cordula Schulze)

Auch in einer unserer Postkartenserien, die wir im moderneREGIONAL-Shop (Abre numa nova janela) weihnachtsgeschenketauglich bereithalten, blieb Cordula Schulze mit Blick und Kamera vor diesem charmanten Kontrast hängen: Autoklassiker vor Fachwerkhaus. Nicht zuletzt dreht sich der diesjährige mR-Adventskalender (Abre numa nova janela) um die Interpretationen, Wiederbelebungen und ironischen Zitate des Fachwerks im 20. Jahrhundert. Mal wurde die Bauweise an der Zeche Zollverein in moderne Materialien übersetzt, mal wurden historische Vorbilder wie am Frankfurter Römer mehr oder minder originalgetreu nachempfunden. Gerade dort, wo sich das Fachwerk selbst nicht allzu ernst nimmt, zwischen Pomo-Fassaden und Weihnachtsmarktbuden, bin ich auch als Modernistin am Ende überzeugt. (Karin Berkemann, 30.11.24)

https://www.moderne-regional.de/mr-adventskalender-2024/ (Abre numa nova janela)

moderneREGIONAL wünscht Ihnen eine heimelige Adventszeit.

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