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Ein süßes Katzenfoto und ein lieber Text

Ich muss euch etwas erzählen.

Vor ein paar Jahren sagte eine wichtige Person in Entscheider-Position, ich nenne sie Frau Glaser, zu mir: „Sie sind aber schon sehr Friedhof“ und meinte damit, meine Geschichten würden vom Tod handeln, was sich wiederum nicht gut verkaufen ließe. Ich lachte und wusste ganz ehrlich nicht genau, wie ich reagieren sollte, weil zwischen uns ein Machtgefälle bestand. Sie war die mit Strategie, den Zahlen, den Kontakten. Und ich die mit den Texten. Mein Wunsch war es, dass sie mich liest, empfiehlt, mir kompetente Ratschläge gibt und ja, mich in meiner Eigenständigkeit als Autorin an- und ernstnimmt.

Der Friedhofskommentar hat mich und mein Schreiben dann noch jahrelang beeinflusst und mich an der Qualität meiner Texte und Ideen zweifeln lassen. Um ein paar dieser nagenden Gedanken loszuwerden, erzählte ich meinem Freund Raphi davon. Er fasste sich ungläubig an den Kopf. Schließlich sei meine ~Spookyness~ mein "Best selling Point“. Also genau das, was mich ausmacht. Sie hätten aus mir doch jemanden machen können, der genau dieses Thema bedient! Thematisch und auch optisch. Wenn Frau Glaser doch nur das Potential meiner Gruseligkeit erkannt hätte! Stattdessen nahm sie meine Geschichten auseinander. Ich sollte sie nehmen und die Worte darin verbiegen. Der Friedhof dürfte zwar bleiben, aber das lesbische Paar müsste weg und Kinder dürften die beiden nicht haben, das wäre einfach zu viel und das Publikum würde das nicht glauben.
Und alles sollte in einer heiteren Kleinstadt spielen. Pastellgelbe Kleider, Meeresbriese, Landcharme trotz guten öffentlichen Nahverkehrs. Regionalgeschichten gingen immer gut, waren Frau Glasers Worte. Am besten welche mit Witz und Happy End. Ich nahm also meine traurigen Friedhofsgeschichten mit glücklichen Lesben und überlegte hin und her. Es fiel mir nicht leicht, aber schließlich machte ich aus den beiden Frauen ein Hetero-Paar. Ich packte ihre Koffer, ließ sie in einen Umzugswagen steigen und verfrachtete sie in ein idyllisches Örtchen zwischen Stadt und Land.
Und dort wohnen sie seitdem ihr Stino-Leben und ich habe sie nie wieder gesehen.

Ich bin also sehr Friedhof. Oder als Adjektiv? Ich bin sehr friedhof. Ich weiß nicht genau, wie Frau Glaser das tatsächlich meinte, als sie das zu mir sagte. Es war das erste Mal, dass ich mich in der Literaturbranche falsch fühlte. Also, nicht generell. Ich fühle mich mehrmals in der Woche richtig falsch. Deplatziert unter manchen, weil ich Hexe bin. Ich denke, was Frau Glaser mir sagen wollte, war, dass mein Signature-Thema wohl ganz offensichtlich der Tod sei, denn in allen Geschichten käme irgendwann ein Friedhof vor. Frau Glaser war fest davon überzeugt, dass ihre Leser*innen davon nichts wissen wollen.
Ich lachte, fühlte mich ertappt. Ja, klar. Mein Leben findet auch auf Friedhöfen statt. Wessen denn nicht? Ich blicke mich um. Einige meiner Freund*innen haben noch keine Tode erlebt oder sie fangen gerade erst damit an. Dann sind auch Friedhöfe noch kein Ort für sie. Ich hingegen. Ich bin Profi. Für mich war der Tod von Anfang an dabei. Ich wuchs mit einem Opa auf, der mir ein Kinderzimmer baute, aber vor meiner Geburt verstarb. Genauer wuchs ich also mit einem toten Opa auf und dem feinen Tuch der Trauer über allem, was das Auge berührte. Und mit der Erzählung, das, wenn der Tod käme, da nichts mehr sei außer Schlaf und Dunkelheit. Als Kind hat es mir wehgetan, keinen Himmel zu haben, an den ich glauben konnte.

Heute ist der Himmel mir egal. Es ist anstrengend genug, an mich selbst zu glauben und nicht aufzugeben. Die Jahre jedenfalls, die mich der Friedhofs-Kommentar kostete, meinen Funken störte, die verfluche ich. Nein, die Person verfluche ich. Nein. Das ist nicht richtig. Ich verfluche niemanden. Denn auf mir liegt der Fluch. Meine Verwobenheit mit der Vergänglichkeit steckt in meinen Knochen, das ist meine Welt. Ich wurde bloßgestellt, ertappt. Mir wurde gesagt: Das passt hier nicht rein. Ich mit meiner Geschichte passe da nicht rein. Ha! Als ob ich das nicht längst wüsste.

Während meines kurzen Ausflugs in den Hauptstrom der leichter verkäuflichen Literatur habe ich gelernt, dass ich ein Lachs bin. Immer irgendwie gegen den Strom. Und, was ist schon dabei? Außer, dass es schwerer ist, voranzukommen. Aber dafür sieht man mehr. Große Häuser, kleine Schluchten, Details und ja, hin und wieder auch den Friedhof.

Ein getigerter Kater, braun und grau, räkelt sich auf dem Boden im Draußen. Er liegt halb auf der Seite, halb auf dem Rücken und streckt genüsslicheine Pfote vor. Eine Hand liegt auf seinem Bauch und streichelt ihn.

Was und wer einem auf Friedhöfen begegnet, davon handelt ein anderer Text. Spoiler: Katzen.

Habt Sonne

Eure J.

Du findest digitale Literatur gut und stehst auf Gerechtigkeit? Mainstream ist okay, aber es ist genauso okay für dich, wenn jemand über Friedhöfe schreibt? Hier ist der magische Liebe Leute-Button, der dich zur*zum krassen Mäzen*in macht und dir meine Dankbarkeit garantiert:

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